Als Leonardo Bittencourt am vergangenen Samstag nach dem 1:1 gegen Köln gemeinsam mit Tochter Luana (5) und Sohn Thiago (3) über das Spielfeld schlenderte, genoss die junge Familie sichtlich den Augenblick. "Ein schöner Moment und etwas ganz Besonderes für die Kids" sei das gewesen, erzählte der Werder-Profi am Dienstag in einer Medienrunde. Trotz aller Erleichterung über den mit dem Remis gesicherten Verbleib in der Bundesliga – der 29-Jährige blieb vergleichsweise zurückhaltend. Mit den Journalisten sprach er über...
… den Klassenerhalt und die anschließende "Feier":
"Wir haben unser Minimalziel erreicht mit dem Klassenerhalt. Vielmehr ist es nicht gewesen", erklärte Bittencourt ungewohnt nüchtern: "Deswegen gab es für mich jetzt auch keine Riesenparty wie beim Aufstieg. Ich habe ein, zwei Bier getrunken und bin dann nach Hause." Was zunächst fast etwas verstimmt rüberkam, rückte der Deutsch-Brasilianer dann aber schnell wieder gerade: "Ich bin stolz auf die Mannschaft, dass wir das geschafft haben. Wir standen die gesamte Saison über nicht einmal auf einem Abstiegsplatz." Das sei zwar eine beachtliche Leistung für einen Aufsteiger, aber einen Klassenerhalt feiere er nicht wie eine Meisterschaft.
… sein persönliches Saison-Fazit:
Wie sich die Mannschaft über das gesamte Jahr präsentiert hat, ist laut Bittencourt aller Ehren wert: "Ich bin stolz auf diese Truppe, wie sie mit Tiefschlägen umgegangen ist, Niederlagen eingesteckt hat und immer wieder zurückgekommen ist." Nicht viele hätten daran geglaubt, dass Werder so eine Saison hätte spielen können, betont Bittencourt. Die Rückrunde hätte besser laufen können, aber: "Wir hatten auch ein paar Schwierigkeiten und Jungs, die ausgefallen sind. Deshalb schaue ich schon jetzt gerne zurück auf dieses Jahr. Wir konnten viele Menschen von Werder faszinieren, und haben es geschafft, dass sie gerne unsere Spiele schauen." Trotzdem gebe es viel zu tun in der Zukunft.
Persönlich war es für den gebürtigen Leipziger ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Eine unangenehme Verletzung, krankheitsbedingte Ausfälle – das alles habe dazu beitragen, dass Bittencourt seiner Form hinterlaufen musste. "Aber ich glaube, gerade zum Ende hin, habe ich der Mannschaft das gegeben, wofür sie mich braucht. Ich kann nächste Woche reinen Gewissens in den Urlaub gehen", so der Werder-Profi weiter.
… das letzte Saisonspiel und Schützenhilfe für Füllkrug:
Bevor es in die Sommerpause geht, steht für den SV Werder noch das letzte Saisonspiel bei Union Berlin an, in dem es für die Grün-Weißen eigentlich um nichts mehr geht. Doch das sieht Bittencourt anders: "Ich will gewinnen. 39 Punkte wären für einen Aufsteiger etwas Schönes." In der Hauptstadt erwartet der Deutsch-Brasilianer "eine geile Atmosphäre, ein geiles Stadion und ein Spiel gegen eine richtig gute Mannschaft." Sein Plan: Noch mal alles raushauen, was geht und am Ende Niclas Füllkrug helfen, vielleicht Torschützenkönig der Spielzeit zu werden.
… das Zusammenspiel mit Jens Stage:
In Berlin wird das Duo auf der Achterposition gesprengt, weil Jens Stage gelbgesperrt fehlen wird, grundsätzlich schätzt Bittencourt das Zusammenspiel mit dem Kollegen aber sehr. Mit seiner Lauf- und Zweikampfstärke sei Stage inzwischen "ein echter Gewinn für unsere Mannschaft, auch als Typ. Jens hat sich sehr gut entwickelt, hat ein Stück weit gebraucht, was aber auch normal ist, wenn du aus einem anderen Land kommst und eine neue Liga kennenlernst. Deswegen sind wir auch froh, dass er sich jetzt so zeigen kann, wie er es sich vorstellt."
… Neuzugang Dawid Kownacki und persönliche Transfer-Hilfe:
Einer, der sich bald auch bei Werder einleben muss, ist Neuzugang Dawid Kownacki. Dessen Verpflichtung begrüßt Bittencourt sehr. Für Bittencourt ist der polnische Nationalspieler "ein sehr guter, spielender Stürmer". Der Profi vergleicht den Neuzugang dabei mit Werder-Leistungsträger Marvin Ducksch.
Bittencourt lobt aber nicht nur den Spieler, sondern auch eine weitere Facette des Transfers: "Es spricht für diesen Wechsel und für den Verein, dass Dawid geholt worden ist, obwohl Duckschi und Fülle noch da sind." Was bedeutet: "Er wird nicht geholt, um irgendwen zu ersetzen, sondern um den Kader zu erweitern. Und das finde ich super. Ein toller Transfer." Zudem hofft Bittencourt nun, dass noch weitere Neuzugänge den Weg an den Osterdeich finden – und bietet dafür einmal mehr seine aktive Mithilfe an. Wie einst beim Last-Minute-Transfer von Mitchell Weiser. "Ich kann gerne helfen, wenn ich Jungs kenne, die auf der Liste stehen. Dann kann ich ein gutes Wort einlegen", erklärt Bittencourt.
… das Meisterschaftsrennen zwischen dem BVB und dem FC Bayern:
Die Frage nach dem kommenden Deutschen Meister betrifft Werder Bremen zwar nicht, dennoch hat Ex-BVB-Profi Bittencourt einen klaren Favoriten. "Für den deutschen Fußball wäre es mal schön, wenn nicht Bayern München Meister wird. Jetzt hat Dortmund es in der eigenen Hand. Ich gehe mal davon aus, dass sie es sich zu Hause gegen Mainz nicht mehr nehmen lassen werden."