
Frank Baumann hat sich bei seinem ersten offiziellen Termin in neuer Rolle sehr souverän präsentiert und mit dem Feshalten an Viktor Skripnik ein deutliches Zeichen gesetzt. Jetzt warten weitere, schwierige Aufgaben auf den Sport-Chef.
Eine geschlagene Stunde war rum im fensterlosen Presseraum des Weserstadions. Die Reporter hatten gefragt, Marco Bode und vor allem Frank Baumann hatten ausgiebig geantwortet. Zum Abschluss mussten dann noch die Wünsche der Fotografen und Kameraleute erfüllt werden: Ein paar schöne Bilder mit dem neuen Geschäftsführer Sport und dem Aufsichtsratsboss auf dem Rasen des Weserstadions sollten es bitteschön sein. Also schritten Baumann und Bode aufs Grün und ließen sich in Szene setzen. Und wie auf Bestellung schien die Sonne ins Stadion hinein.
Wenn es nach den Werder-Machern geht, dann sollen die Geschehnisse der vergangenen Tage später einmal als Startpunkt für eine bessere Zeit in die Vereinsgeschichte eingehen. Der alte Geschäftsführer Thomas Eichin ist weg, und der neue starke Mann, Frank Baumann, hat erstmals Einblick in seine Pläne für eine sonnige Werder-Zukunft gegeben, um im Bild zu bleiben.
Vorweg: Frank Baumann wusste bei seinem ersten öffentlichen Auftritt zu überzeugen. Klar, verbindlich, pointiert und manchmal sehr unterhaltsam war Baumann in seinen Ausführungen. Als er beispielsweise zum Abschluss der Pressekonferenz noch einmal zu einem Monolog angesetzt hatte, beendete er seine lange Rede irgendwann mit einem: „Amen”.
Zuvor hatte er noch erzählt, dass er Ende Juni einen lange geplanten einwöchigen Urlaub mit der Familie antreten werde. „Das war eine Bedingung meiner Frau dafür, dass ich diesen Job bei Werder machen darf”, so Baumann. In der B-Note konnte es dafür nur eine starke Wertung geben.
Viktor Skripnik darf bleiben
Gemessen wird Baumanns Arbeit aber künftig nicht an seinen Worten, sondern an seinen Taten. Und da hat der Neue gleich ein Ausrufezeichen gesetzt. Die Nachricht des Tages nämlich lautete: Viktor Skripnik und sein Team dürfen nicht nur nächste Saison weitermachen, nein, Baumann wird mit Skripnik und dessen Kollegen in Kürze sogar über eine Vertragsverlängerung sprechen.
Nach allem, was Baumann am Freitag über Skripnik zu sagen hatte, darf man davon ausgehen, dass noch vor dem Start in die neue Saison Fakten geschaffen werden und damit Klarheit herrscht in der zuletzt viel diskutierten Trainerfrage. Baumann hat sich festgelegt. Er sagte: „Viktor Skripnik ist der bestmögliche Trainer für Werder.” Im Aufsichtsrat, bei den Kollegen in der Geschäftsführung und bei einigen Spielern habe er sich umgehört, „um mit 100-prozentiger Überzeugung eine Entscheidung treffen zu können”, sagte Baumann. Ergänzt um seine eigenen Einschätzungen und Eindrücke, so Baumann, „macht es Sinn, den Vertrag zu gegebener Zeit zu verlängern”.
Dafür erwartet Baumann im Gegenzug von Skripnik Lösungen für die fußballerischen Probleme (die Defensive!) und eine andere Art der Außendarstellung. „Er hat zu viel Energie in Dinge außerhalb des Fußballs gesteckt”, sagte Baumann und meinte damit Skripniks gestörtes Verhältnis zu den Medien, das mit dem Wort „Kleinkrieg” ganz treffend zu beschreiben ist.
Baumann formuliert deutliche Erwartungen an Skripnik
Baumann fand einerseits lobende Worte für den Werder-Trainer, führte aus, dass Skripnik nach der Zeit mit Robin Dutt viel Positives bewegt habe, dass Werder in der Rückrunde mit 23 Punkten und den zweitmeisten Toren einen „sehr, sehr guten Weg” gegangen sei, und dass die Mannschaft in einer schwierigen Phase „sehr ordentlichen Fußball” gespielt habe.
In aller Deutlichkeit zählte Baumann auf der anderen Seite aber auch die Defizite der vergangenen Saison auf, am besten sichtbar in der Hinrunde. Dort seien „nicht-optimale Entscheidungen” getroffen worden: der Kader zu aufgebläht, das Hin und Her zwischen Profis und U23 zu groß, das taktische System zu wechselhaft. Das sei, so Baumann, in der Rückrunde mit einem festen Kader und einem klareren Spielsystem besser geworden. Seine Schlussfolgerung daraus lautet: Der künftige Profikader wird 25 bis 26 Profis umfassen. Wenn man weiß, dass bei Werder aktuell 36 Spieler mit Profiverträgen ausgestattet sind, dann kann man sich denken, welche Arbeit auf Baumann wartet. Er muss vor allem Leute aus der zweiten Reihe abgeben.
Und natürlich wurde an dieser Stelle auch diese Frage thematisiert: Kann der grundsympathische Frank Baumann, genannt „Baumi”, das überhaupt? Unbequem sein, durchsetzungsstark? Er rede nicht so gern über sich, sagte Baumann zunächst, ehe er dann doch über sich redete und über seine Zeit als Mannschaftskapitän sagte: „Ich habe da meine Stärken. Eine Bundesliga-Mannschaft ist kein Kuschelverein, da ist nicht alles nett. Auch als Direktor Scouting hatte ich harte Entscheidungen zu treffen. Ich fühle mich da gut gerüstet.” Und dann erzählte Baumann noch, dass er in seiner Zeit als Sportdirektor 30 bis 40 Anfragen ehemaliger Werder-Profis nach einem Job gehabt habe. Er hat ihnen abgesagt.
Irgendwann an diesem Vormittag sagte Baumann dann noch einen Satz, der nach den vergangenen Wochen bemerkenswert klang. Denn wenn man es nicht besser wüsste, könnte man ja glatt auf die Idee kommen, Werder habe Großes erreicht in dieser Spielzeit, so viel Zusammenhalt, so viel gute Stimmung wie in dieser Stadt war. Baumann aber sagte nun: „Es kann nicht mein Ziel sein, jedes Jahr nur den Klassenerhalt zu bejubeln, als wenn wir die Champions League gewonnen hätten.” Da muss, sollte das heißen, künftig mehr kommen. Amen.
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