
Seine primäre Aufgabe ist es zu verteidigen, aber Robert Bauer ist bei Werder momentan sehr auf dem Vormarsch. Er hat es geschafft, Gebre Selassie von seinem Stammplatz zu verdrängen. Der 21-Jährige darf als Beispiel gelten für eine Art Runderneuerung des Werder-Fußballs.
Es ist noch längst nicht alles gut jetzt. Robert Bauer weiß das, man muss da ja nur auf Werders Tabellenplatz schauen. Aber es geht schon mal in die richtige Richtung, und auch das weiß Robert Bauer sehr gut. Der Außenverteidiger braucht nicht mit Gegenargumenten zu rechnen, wenn er behauptet, dass Werders 1:0 in Berlin neulich die bislang beste Bremer Defensivleistung der Saison war. Er selbst ist von der Sportschau in die Elf des Tages gewählt worden.
Zurecht, wie Werders Sportchef Frank Baumann findet. Robert Bauer habe ein sehr gutes Spiel gegen den Berliner Angreifer Kalou gemacht. Habe nach hinten kaum etwas zugelassen und auch nach vorne etwas bewegt. Das dürfte so etwas wie der vorläufige Höhepunkt eines Robert-Bauer-Wegs sein, der zwar nicht ganz so wie eine Linie am Reißbrett aussieht. Aber ein bisschen.
Bauer ist erst 21, er ist kein fertiger Spieler. Er ist als ein Profi verpflichtet worden, von dem man sich erhofft, für die Zukunft von Werder Bremen stehen zu können. Für eine bessere Zukunft von Werder Bremen, sollte man vielleicht sagen. In Ingolstadt hatte er bis zum Sommer vorwiegend auf der linken Abwehrseite gespielt. Er musste deswegen den Ball zumeist mit seinem schwachen Fuß spielen, wie er erzählt. Und im Sommer hat man ihm, erzählt er weiter, zu verstehen gegeben, dass er weder links hinten (was er nicht so mag) noch rechts hinten (was er sehr mag) spielen soll. Sondern in der Mitte vor der Abwehr. In Bremen habe man ihm von Anfang gesagt, dass er für rechts hinten vorgesehen sei. „Deswegen hatte ich hier ein gutes Gefühl, dass ich da langfristig spielen kann, wenn meine Leistung stimmt“, sagt Bauer.
Beflügelt vom starken Olympia-Turnier
Er ist der rechte Mann auf rechts, so sieht es im Moment aus. Robert Bauer, beflügelt von einem starken Olympia-Turnier in Rio, hat in Bremen seinen Platz gefunden. Es gab auch bei ihm die Anpassungsschwierigkeiten eines 21-jährigen Spielers. Es gab auch die Unwägbarkeiten des Fußballs: Weil zahlreiche Kollegen verletzt waren, musste er erst mal im Mittelfeld spielen. Er bekam einen neuen Trainer und über Wochen keine Spielpraxis.
Robert Bauer schaffte es, positiv zu bleiben. Schaffte es, dem Konkurrenten auf seiner Position mit Respekt statt mit Neid zu begegnen. Und nun hat er Theo Gebre Selassie erst mal verdrängt. Frank Baumann spricht über einen Konkurrenzkampf, wie man ihn sich vorgestellt habe. „Jetzt ist Theo gefordert, Robert Druck zu machen. Das kann eine Situation sein, die beflügelt“, sagt Baumann.
Es ist vielleicht mehr als nur ein Konkurrenzkampf. Auch wenn es noch zu früh ist, schon den Vollzug eines Generationswechsels zu vermelden: hier Gebre Selassie, der für das alte, das fußballerisch biedere Werder steht – dort Bauer als Figur des neuen und fußballerisch modernen SV Werder, der bald auch in der Tabelle wieder besser dastehen könnte. Vielleicht kommt aber tatsächlich mal dieser Zeitpunkt, an dem rückblickend der Winteranfang 2016 als der Anfang eines kernsanierten Werder-Fußballs bezeichnet werden könnte. Stürmerstar Claudio Pizarro hatte über den Sieg gegen Ingolstadt Anfang Dezember gesagt: „Ich glaube, das war die Wende.“ Noch ist Pizarros Prophezeiung nicht ad absurdum geführt worden.
Robert Bauer sagt, dass er jetzt schon viel besser in die Abläufe des Werder-Spiels hineinfindet. „Man braucht ein bisschen, bis man die Laufwege drin hat. Man hat aber gesehen, dass es Schritt für Schritt vorangeht“, sagt er. Diesen Eindruck vermittelt Werder momentan: Schritt für Schritt bekommt eine Mannschaft Konturen, die einen unübersichtlichen Kader hat, miserabel in die Saison startete und erst mal den Trainer tauschen musste.
Duo Bauer/Bartels wirkt wie eine Lösung
Auf der rechten Seite spielt sich die Besetzung Robert Bauer/Fin Bartels in den Vordergrund. Das Duo wirkt wie eine Lösung, die gefunden wurde. Und nicht nur wie eine Lösung für den Moment. „Wir ergänzen uns gut, er macht super Wege“, sagt Bauer über Bartels. Der Verteidiger erzählt davon, dass es zu seinen Aufgaben zähle, seinen rechten Offensiv-Partner zu coachen. Damit der weiß, wo der Gegenspieler sich gerade befindet. Im Spiel gegen Ingolstadt, dem Wende-Spiel laut der Pizarro-Theorie, hatten Bauer und Bartels das Führungstor gemeinsam vorbereitet.
Sich gegenseitig coachen. Das ist so eine Formulierung, die der Trainer Alexander Nouri immer wieder mal benutzt. Für Bauer ist es kein Nachteil, dass jetzt Nouri Trainer ist und nicht mehr Viktor Skripnik. Bauer findet Nouri gut. Das ist zwar wenig überraschend, erst recht nicht bei einem Spieler, der gerade das Vertrauen des Trainers erhalten hat und in seinen drei jüngsten Einsätzen an sieben Punkten beteiligt war. Aber es hört sich nicht nur brav dahingesagt an, wenn Bauer über seinen Trainer sagt: „Er sieht dich nicht nur als Spieler, sondern als Menschen. Er versucht, dir in persönlichen Gesprächen ein gutes Gefühl zu geben.“ Beim Loben wie beim Tadeln.
Wurde schon gesagt, dass Bauer weiß, dass es noch besser gehen kann und muss? Er wirkt im Pressegespräch wie ein Junge, der gerade ganz zufrieden ist mit sich und gleichzeitig ganz erpicht darauf, es demnächst noch besser hinzukriegen. In den ersten 20 Minuten habe das Gegenseitig-Coachen mit Fin Bartels nicht so gut geklappt, sagt er. „Meine Flanken kommen noch nicht gut genug. Ich will noch besser abwägen, wann ich mit nach vorne gehe und wann ich tiefer stehen kann“, sagt er ebenfalls. Das klingt recht geerdet für einen 21-jährigen Jungen, der gerade in die Elf des Tages gewählt wurde. Man könnte auch sagen: Da weiß einer, wo er steht. Und dass er, um am rechten Platz zu bleiben, nicht stehenbleiben darf.
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