
Im Winter kann es mitunter ziemlich ungemütlich werden. Doch bei Werder wären sie froh, wenn lediglich ein paar knackige Temperaturen und beißende Winde am Wohlbefinden kratzen würden. Stattdessen stehen die Zeichen in der Weihnachtszeit auf Sturm. Mal wieder. Anders als im Vorjahr soll die tabellarische Bedrohung aber nicht einfach wegmoderiert werden. Florian Kohfeldt lässt stattdessen lieber die Alarmglocken schrillen.
„Wir spielen eigentlich besseren Fußball als zu Beginn der Saison, machen aber weniger Punkte. Und das macht mir Sorgen“, sagte Werders Cheftrainer. „Momentan befinden wir uns in einer gefährlichen Saisonphase. Wir hatten Spiele, in denen wir gepunktet haben. Nun haben wir zweimal verloren, was beide Male unnötig war. Deshalb müssen wir wach sein. Niemand darf sich in die Tasche lügen. Man rutscht schneller als man denkt unten rein, daher müssen wir da voll gegenangehen.“
Im Vorfeld des Stuttgart-Spiels waren allerlei Vergleiche zur Vorsaison gezogen worden, als die Bremer mit einer ähnlichen Ausbeute in der Tabelle dastanden und aufgrund von schlechten Spielen immer weiter abrutschten je näher das Jahresende rückte. Florian Kohfeldt hatte sich redlich bemüht, den Gemeinsamkeiten nicht allzu viel Beachtung zu schenken, nach dem siebten sieglosen Spiel in Folge kam aber auch er nicht darum herum. „Auch ich kenne die Parallelen zum Vorjahr“, sagte der 38-Jährige und ließ seinen Blick in Richtung der Mauern schweifen, hinter denen die Kabine liegt. „Damals habe ich da drin extrem gewarnt und bin sehr laut geworden“, erinnert er sich. „Nach außen hatte ich mich aber für den Weg entschieden, dass wir alle sagen, dass wenn wir so weiterspielen, wir dann auch punkten werden. Das sage ich dieses Jahr nicht.“
Anstatt schönzufärben und an Glaubwürdigkeit einzubüßen soll nun also ein klarer Appell verdeutlichen, dass sich alle Beteiligten bei Werder der bedrohlichen Situation bewusst sind. „Letztes Jahr habe ich es intern gemacht. Jetzt mache ich das, was ich intern mache auch öffentlich. Das war ein Fehler letztes Jahr“, gab Kohfeldt zu. „Da haben wir zu lange öffentlich etwas anderes gesagt.“ Diesen Spagat will er sich dieses Mal sparen – und die Mannschaft so noch ein wenig mehr in die Pflicht nehmen. „Die interne Reibung ist da, die war aber auch nach Punkten da“, sagte er. „Ich muss aber die Erwartungshaltung haben dürfen, dass wir nicht immer Harmonie brauchen und uns alle in den Arm nehmen. Wir dürfen jetzt auch mal damit umgehen, dass wir gewisse Dinge nicht gut gemacht und zweimal verloren haben. Eigentlich muss jetzt jeder mit dem Messer zwischen den Zähnen herumlaufen.“
Nun war das mit der Bissfestigkeit gegen den VfB Stuttgart so eine Sache. Zumindest vor dem gegnerischen Tor. „Wir waren in vielen relevanten Daten überlegen. Wir hatten mehr Ballbesitz, mehr Torschüsse und haben mehr Zweikämpfe gewonnen“, zählte Kohfeldt auf. Das Problem: Die drei Punkte gingen trotzdem an den Gegner. Weil Werder sich durch eigene Fehler selbst in einem Spiel schlug, das vom eigentlichen Verlauf her nicht zu verlieren war. Und das ist nun einmal das Entscheidende. Da kann die restliche Statistik noch so schön sein.
Es ist eine Erscheinung, die nicht neu ist. Weniger schmerzhaft ist sie deshalb aber nicht. Und wer beispielsweise Marco Friedl bei der Ursachenforschung lauscht, dem dürfte ein wenig unwohl in der Magengegend werden. „Das hat nichts mit dem Willen zu tun. Bei uns ist es so, dass wir das, was wir in der Woche trainieren, nur in ganz wenigen Phasen des Spiels umsetzen“, meinte der Innenverteidiger gegenüber Werder-TV. „Wir wissen genau, wo die Schwächen der Gegner sind, spielen diese dann aber nicht an. So kannst du keine Spiele gewinnen.“
Ihre Übertragungsprobleme muss die Mannschaft jedoch dringend abstellen, sonst wird es zwangsläufig einen Parallelflug mit der Vorsaison geben. Die mentale Belastung mag eine andere sein, weil das ursprüngliche Ziel nicht Europa hieß und die Fallhöhe entsprechend niedriger ist. Aber auch aus geringerer Distanz sind Bruchlandungen möglich. Und je länger Erfolgserlebnisse ausbleiben, desto schwerer wird der Kopf. „Wir haben damals aus den nächsten 15 Spielen sieben Punkte geholt – es besteht also die Möglichkeit, es deutlich besser zu machen“, gibt sich Florian Kohfeldt optimistisch. „Wir sind genau in dem Tabellenbereich, wo wir am Ende hinwollen, aber da müssen wir jetzt auch dringend bleiben. Es darf nichts Wichtigeres geben als in den Spielen bis Weihnachten alles reinzuhauen. Egal, wer da kommt.“
Der Glaube, dass seinem Team das gelingt, sei vorhanden, betonte Kohfeldt. Eine wichtige Voraussetzung gebe es dennoch. „Wir dürfen auf keinen Fall panisch werden – denn das sind wir vor einem Jahr geworden“, sagte er. „Wenn ich an die Spiele gegen Mainz oder Köln denke, da war damals Angst in den Beinen. Das darf nicht passieren. Wir müssen wachsam sein, aber trotzdem selbstbewusst und mutig.“
Eben jene Zuversicht bewies Marco Friedl. Er bemühte allerdings einen Satz, den es schon im Winter 2019 häufig zu hören gab: „Wir haben deutlich mehr Qualität, als dass wir gegen den Abstieg spielen.“ Der Rest ist bekannt. Und somit war sie da, die nächste drohende Parallele.
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