
Gerade hat seine Mannschaft zweimal in Folge verloren. Sie hat neun Gegentore kassiert und zwischenzeitlich so hoch zurückgelegen, wie nur sehr selten eine Werder-Elf im Weserstadion zurückgelegen hat. 0:5. Trainer Alexander Nouri hat das Desaster am Sonnabend mit sich selbst erklärt. Er nahm es auf seine Kappe. Er räumte quasi ein, die falsche Taktik gewählt zu haben. Am Montag gab Werder bekannt, dass sein im Sommer auslaufender Vertrag verlängert worden ist. Vermutlich bis 2019. Vermutlich, weil Laufzeiten nicht mehr verkündet werden.
Die Verkündung eines neuen Nouri-Vertrags, just zwei Tage nach einer deftigen Niederlage, verschweigt also einen nicht gerade unwichtigen Aspekt. Zum ersten Mal in der langen Historie der Werder-Trainer wird der Öffentlichkeit vorenthalten, wie lange sich Trainer und Klub aneinandergebunden haben. Abgesehen davon erzählt die – alles andere als überraschende – Nachricht einiges darüber, wie es ums Verhältnis zwischen dem Klub und seinem wohl wichtigsten Angestellten steht: gut.
Werder ist wettbewerbsfähig
Es ist kein aktionistischer Befreiungsversuch, mit dem man einem Trainer den Rücken stärken will, dessen Mannschaft sich gerade fünf Dinger gefangen hat. Werder kann es sich leisten, das unabhängig davon zu tun. Werder tut es aus Überzeugung. Werder sieht eine Entwicklung. Eine Entwicklung in Richtung einer Mannschaft, der man wieder etwas zutraut. Sie hat einen Plan und eine Perspektive.
Sie spielt keinen Fußball von gestern, keinen, der sich vorwiegend aus Zufällen zusammensetzt. Sie ist noch längst nicht fertig, sie ist verletzbar und liegt auf einmal sogar 0:5 hinten. Aber sie ist auch eine, die gegen einen starken Gegner daraus noch ein 3:5 machen kann. Sie ist nicht stark genug, um sich demnächst auf Bayern-Jagd zu begeben. Aber sie ist, um im Bild zu bleiben, stark genug, um sich in der eng beieinanderliegenden Bundesliga-Konkurrenz zu behaupten. Sie ist wettbewerbsfähig. Es stimmt nicht alles. Aber vieles.
Werder an diesen Punkt geführt zu haben, an dem der Klub sportlich derzeit steht, ist nicht allein Alexander Nouris Verdienst. Aber dass er einen gehörigen Anteil daran hat, darf wohl behauptet werden. In einer Pressemitteilung des Vereins sagt Sportchef Frank Baumann: „Alex hat die Mannschaft im Herbst von heute auf morgen übernommen. Damals ging es in erster Linie darum, eine schwierige Situation zu meistern, das hat er mit Bravour getan.“ Und dann habe Nouri die Mannschaft Stück für Stück in die obere Tabellenhälfte geführt. Daran wolle man anknüpfen und Werder gemeinsam weiterentwickeln.
Erst Feuerwehrmann, nun Projektentwickler
Nouri war in den jetzt rund acht Monaten seiner Amtszeit quasi erst Feuerwehrmann und dann Projektentwickler. Sein Vorgänger Viktor Skripnik war auch ein guter Feuerwehrmann, aber irgendwie kein Projektentwickler. Und Nouris Vor-Vorgänger Robin Dutt schaffte es nur am Rednerpult, ein guter Projektentwickler zu sein. Nicht an der Seitenlinie.
Wird Alexander Nouri nun den Beweis antreten, dass dreimal Bremer Recht ist, auch im Trainergeschäft? Ist er nach der glorreichen Ära des Trainers Thomas Schaaf der dritte Versuch, der sitzt? Kein Klub wünscht sich Trainer, die nur vorübergehende Erscheinungen sind, Werder erst recht nicht. Dutt und Skripnik haben wenig Spuren hinterlassen. Ihnen sind kaum Prägungen gelungen. Was die nackten Resultate anbelangt, hat auch Viktor Skripnik etwas vorzuweisen.
Er hatte sein Team im ersten Jahr beinahe in den Europacup geführt und im zweiten fast ins Pokalfinale. Aber fußballerisch? Fußballerisch drohte Werder unter Dutt und Skripnik, sich in seiner Winzigkeit einzurichten. Unter Nouri sieht Werders Fußball schon eher so aus, als ob er auf der Höhe der Zeit ist.
Die Argumente gegen Nouri fehlen
Niemand kann wissen, wie es weitergeht mit diesem Nouri. Diesem Neuankömmling auf der großen Trainerbühne. Um nicht zu sagen: Emporkömmling. Er ist keiner, dem alles zu Gold wird, was er berührt. Er hat davon profitiert, dass sein Sportchef Profis wie Max Kruse oder Thomas Delaney in den Kader geholt hat. Ihn begleitete zwischen Ende Februar und Ende April fast durchgängig jenes Glück, das im Fußball noch etwas mehr als in anderen Branchen benötigt wird. Aber derzeit fehlen, bis auf eine ordentliche Pechsträhne vielleicht, die Argumente, warum es mit diesem Nouri nicht mittel- oder gar langfristig etwas werden soll.
Nouri kam sehr fix auf die große Bühne, seine Trainer-Vergangenheit liest sich so bescheiden wie jene als Profi. Er probierte sich als Coach beim VfB Oldenburg aus und in Werders U 23, schon folgte der Job in Liga eins. Nouri, der nie in der Bundesliga gekickt hatte, fand einen Draht zu den Spielern. Er konnte seine Ideen von Pressing und Umschalten vermitteln, von einem Stil, der auf Kombinationen setzen will und auf Flexibilität. Dreierkette im Vorwärtsgang, Fünferkette im Rückwärtsgang: So etwas muss man beherrschen heutzutage, viele Konkurrenten beherrschen das auch.
Er will seinen Weg gehen
Vor allem wollte Nouri von Anfang an Prinzipien und eine Haltung vermitteln. Quasi eine Klarheit schaffen, die in dieser Form noch nicht beziehungsweise nicht mehr da war in der Werder-Kabine. Er duckte sich nicht weg, er stellte sich der Kritik. Er nutzte seine neue Popularität auch für klare politische Statements. „Ich war selbst im Februar, als die Ergebnisse noch auf sich warten ließen, sicher, dass unser Weg mit Werder noch nicht zu Ende ist“, wird er in der Klub-Mitteilung zitiert. Und auch jetzt habe er das Gefühl, dass es weitergehen muss.
So langweilig oder unkonkret man seinen andauernden Verweis auf diesen Weg auch finden mag: Zumindest kann man beobachten, dass da einer seinen Weg gehen will. Das ist auf der großen Fußballbühne gar nicht so leicht. Nouri hält sich da wirklich wacker. Auch nach einem 3:5.
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