
Die klassische Positionsbezeichnung führt in die Irre. Außenverteidiger – unter diesem Oberbegriff werden Spieler wie Ludwig Augustinsson, Theodor Gebre Selassie und Felix Agu gemeinhin geführt - auch bei Werder Bremen. Dabei ist das schon lange eine den tatsächlichen Wirkungskreis nur noch unzureichend beschreibende Benennung. Außenverteidiger – das hört sich ausschließlich nach Verhindern von Toren, nach Abwehr gegnerischer Angriffe an. Doch im modernen Fußball wird viel, viel mehr gefordert von den Spielern, die zur Urzeit des Spiels ausschließlich den Links- und Rechtsaußen kaltzustellen hatten. Flankenläufe, Torvorlagen, im Idealfall eigene Treffer – aus Außenverteidigern werden je nach Bedarf Außenstürmer. Das ist nicht erst seit gestern so, zugegeben, bei Werder Bremen führt diese Erweiterung der Aufgaben aber zu immer mehr Zählbarem. Jüngstes Beispiel: Das Tor zum 2:0 im DFB-Pokalspiel gegen Greuther Fürth, als Linksverteidiger Felix Agu den Ball über die Linie drückte. Fernab seiner eigentlichen Position.
„Er steht da, wo ein Stürmer stehen muss und hat ihn wie ein Vollblutstürmer reingemacht“, sagt Werder-Sportchef Frank Baumann über den Treffer, der in der Machart kein Einzelfall ist im Team von Trainer Florian Kohfeldt. Und dementsprechend auch „kein Zufall“, so Baumann, der den Begriff „Außenverteidiger“ schon gar nicht mehr benutzt. Er nennt Augustinsson, Agu und Gebre Selassie lieber „äußere Mittelfeldspieler“. Zu denen sind sie im System von Coach Kohfeldt geworden.
Es ist eine Reaktion des Trainers auf sein personell und qualitativ arg ausgedünntes Mittelfeld gewesen, dass er das 5-3-2-System zur neuen Bremer Basis gemacht hat. 5-3-2 ist es allerdings nur bei gegnerischem Ballbesitz, hat Werder die Kugel lösen sich die Außen aus der Abwehrkette, rücken weit vor, um in Mittelfeld und Offensive für Möglichkeiten zu sorgen. Dann wird aus dem 5-3-2 ein 3-5-2, in dem sich wiederum ein Sechser nach hinten fallen lässt oder ein Zehner nach vorne sticht. So versucht Kohfeldt, den Abgang eines Davy Klaassen zu kompensieren.
Und dann tauchen die, die früher Außenverteidiger waren, auch im Zentrum auf. Befindet sich der Ball links, rückt der Rechtsverteidiger ein. So haben Theo Gebre Selassie und Felix Agu die Tore zum 2:0-Sieg gegen den FC Augsburg erzielt, so hat Gebre Selassie auch gegen Hannover 96 getroffen und zuletzt wieder Agu gegen Fürth. „Unsere äußeren Mittelfeldspieler sind inzwischen an vielen Toren beteiligt gewesen. Sie sollen in diese Räume gehen, das fordert der Trainer von ihnen“, sagt Baumann.
In Summe waren Gebre Selassie auf der rechten sowie die Job-Sharer Augustinsson und Agu auf der linken Seite an elf der wettbewerbsübergreifend 31 Bremer Tore direkt beteiligt. Grob gerechnet fällt also jedes dritte Werder-Tor dank unmittelbarer Mithilfe eines Außenverteidigers, wobei Augustinsson mit sechs Assists der Vorlagenkönig ist, selbst aber noch nicht getroffen hat. Je zweimal waren dagegen Gebre Selassie und Agu erfolgreich. Vorzugsweise übrigens nach der Pause, dann, wenn das Bremer Team oft zum Gasgeben gezwungen ist und/oder der Gegner sich an der Bremer Defensive müde gearbeitet hat. Nur eines der vier Außenverteidiger-Tore fiel im ersten Spielabschnitt.
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