
Was freue ich mich auf dieses Spiel! Wenn Werder an diesem Sonnabend auf Eintracht Frankfurt trifft, bin ich im Weserstadion. Und ich erwarte ein intensives Spiel mit hohem Tempo und vielen Zweikämpfen. Vor allem aber ist es eine Partie, die ich entspannt verfolgen kann, denn meine beiden Ex-Vereine stehen gut da. Als es im Mai 2016 am letzten Spieltag zwischen Werder und der Eintracht um den Klassenerhalt ging, war das sehr hart für mich. Das Spiel habe ich mir damals bewusst nicht angeschaut. Dieses Mal ist der Abstieg zum Glück gar kein Thema mehr. Ich gönne also beiden Vereinen den Sieg und würde mich natürlich ebenfalls über ein Unentschieden freuen.
Werders Hinrunde war wechselhaft, aber insgesamt in Ordnung. Trotz vieler vergebener Chancen haben die Bremer mit dem Sieg zum Rückrundenstart in Hannover ihre Pflicht erfüllt – genauso wie die Frankfurter mit ihrem Erfolg gegen Freiburg. Jetzt geht es für Werder darum, konstanter zu werden. Die Bremer sollten darüber nachdenken, ob der bedingungslose Angriffsfußball immer die richtige Wahl ist. Eine gewisse Balance zwischen Attacke und Abwarten könnte den einen oder anderen Punkt mehr bringen. Dass sich Werder den europäischen Wettbewerb zum Saisonziel gesetzt hat, ist schön und gut. Langfristig sollte Europa auch das Ziel sein, kurzfristig ist das aber schwer zu realisieren. Es ist eben brutal schwierig geworden, in der Bundesliga oben mitzumischen. Der Konkurrenzkampf zwischen den Mannschaften ist viel größer als zu meiner aktiven Zeit. Wer schafft es schon, dauerhaft oben dabei zu sein? Nur die Bayern!
Immerhin muss bei Werder keiner mehr Angst vor dem Abstieg haben. Jetzt brauchen die Bremer nach Jahren des Abstiegskampfes eine gewisse Zeit, bis sich die nötige Siegermentalität in den Köpfen festgesetzt hat, um höhere Ziele zu erreichen. Eine Siegermentalität entwickelt sich nur durch Siege. Nach dem Abschied von Otto Rehhagel im Jahr 1995 habe ich mit Werder den Abstiegskampf auch erlebt. Als Thomas Schaaf 1999 das Traineramt übernommen hat, ging es wieder bergauf, aber das dauerte seine Zeit. Es ist ein langfristiger Prozess. Spieler entwickeln sich weiter, neue Spieler kommen dazu. Gewinnen zu müssen, um den Abstieg zu verhindern, und gewinnen zu müssen, um in den Europapokal zu kommen, sind außerdem zwei ganz verschiedene Dinge.
Werder macht das zurzeit richtig. Die Verantwortlichen können in Ruhe arbeiten. Trainer Florian Kohfeldt erledigt einen super Job. Man erkennt klar seine Linie und seine Spielphilosophie. Mit Sportchef Frank Baumann habe ich noch zusammengespielt. Er war schon immer ein kluger Kopf und macht ebenfalls sehr gute Arbeit. Gleiches gilt für Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic. Trainer Adi Hütter hat bei der Eintracht eine schwere Aufgabe übernommen. Er hat nicht nur einen rundum erneuerten Kader vorgefunden, er hat auch eine andere Spielphilosophie mitgebracht als sein Vorgänger Niko Kovac. Diese Philosophie hat er trotz anfänglicher Probleme konsequent durchgezogen, und die Mannschaft hat sie angenommen. Natürlich profitiert die Eintracht enorm von der Offensive mit Sebastien Haller, Luka Jovic und Ante Rebic. Dieses Trio ist internationale Spitze. Allerdings ist Frankfurt in der Defensive auch anfällig, das war in der zweiten Halbzeit gegen Freiburg zu sehen. Hier könnte die Chance für Werder liegen.
Andree Wiedener (48) spielte 15 Jahre für Werder und vier Jahre für Eintracht Frankfurt. Als Gastkolumnist wirft der Deutsche Meister, Europapokalsieger und dreifache Pokalsieger einen Blick auf das anstehende Duell seiner beiden Ex-Klubs (Sonnabend, 18.30 Uhr).
Bremen ohne Werder - das ist unvorstellbar! Und das Profiteam, das in der Bundesliga um Punkte und Tore kämpft, ist das Herzstück des Vereins. Auf dieser Seite gibt es News, Fotos und Videos rund um die Werder-Profis.