
Die Pressekonferenz war vorbei. Jeder Trainer hatte seine Einschätzung zum Spiel abgegeben, doch Florian Kohfeldt und Niko Kovac hatten sich noch einiges zu erzählen. Mehrere Minuten lang standen sie auf dem Podium, unterhielten sich angeregt – fast so, als wären die vielen Journalisten im Raum gar nicht anwesend. Es war ein passendes Abschlussbild des Tages, denn die Partie zwischen Werder und Frankfurt am Sonntagnachmittag war auch ein Taktikduell zwischen den beiden Trainer-Aufsteigern. Ständig hatten die Mannschaften ihre Grundordnungen geändert. Am Ende gewann Werder etwas glücklich mit 2:1 – und Florian Kohfeldt war fast so erschöpft wie seine Spieler. „Ich bin heute richtig kaputt“, gestand der Coach. „Das war ein super Spiel.“
In seiner noch jungen Karriere als Bundesliga-Cheftrainer war er während eines Spiels bisher wohl nie derart gefordert worden. Doch Kohfeldt hielt auch diesen Anforderungen stand. Wie oft genau Werder letztlich das System umgestellt hatte, wisse er selbst nicht mehr, sagte der Coach und erklärte: „Es ging immer darum, Zugriff zu bekommen. Da spielen in der Defensive Grundordnungen eine große Rolle.“ Die Frankfurter bereiteten den Bremern mit der Umstellung auf ein System mit drei Stürmern in der ersten Halbzeit kurzzeitig Probleme. Werder wiederum konterte mit einem 4-4-2 mit Mittelfeldraute und fuhr damit erst einmal gut.
In dieser Phase fiel auch der 1:0-Führungstreffer der Gastgeber durch Zlatko Junuzovic, der eine maßgenaue Hereingabe von Thomas Delaney verwertete (28.). Kapitän Junuzovic war für Florian Kainz in die Startelf gerückt und war neben dem überragenden Torwart Jiri Pavlenka ein Sieggarant. Bekanntlich spielt der Österreicher aktuell auch um einen neuen Vertrag, denn sein Kontrakt läuft aus. Dass er mit dieser Ungewissheit gut zurechtkomme, sei keine Überraschung, sagte Sportchef Frank Baumann. „Das hat er schon vor drei Jahren bewiesen, als sein Vertrag auslief. Wir wissen, was er kann.“ Einen neuen Stand in Sachen Vertragsverlängerung gebe es aber nicht, betonte Baumann.
Junuzovic sammelte am Sonntag jedenfalls einige Pluspunkte, auch im Kampf um einen Stammplatz, den er zuletzt nicht mehr sicher hatte. Er war nämlich ebenfalls am 2:1-Siegtreffer maßgeblich beteiligt (79.). Eine Junuzovic-Flanke köpfte Frankfurts David Abraham in Richtung des eigenen Tores, und der überraschte Torwart Lukas Hradecky ließ den Ball durch die Hände flutschen. Ausgerechnet am Ostersonntag hatte sich die Eintracht ein Ei ins Nest gelegt. Florian Kohfeldt drehte sich danach etwas verschämt um und blickte zu Boden anstatt zu jubeln. Das habe aber nichts mit dem kuriosen Eigentor zu tun gehabt, sagte Werders Trainer. „Ich habe schon darüber nachgedacht, wie die Frankfurter auf den Rückstand reagieren werden.“
Weitere große taktische Überlegungen blieben ihm jedoch erspart. Die Schlussoffensive des Tabellensechsten kam nicht mehr, und so überstand Werder auch das neunte Bundesliga-Heimspiel unter Kohfeldt ungeschlagen. „Wir haben zu Hause eine tolle Serie hingelegt, die uns viel Selbstvertrauen verleiht“, unterstrich Thomas Delaney. Und es gibt noch mehr positive Zahlen: Die Partie gegen Frankfurt war der dritte Sieg in Serie und das fünfte Spiel in Folge ohne Niederlage. Keine Frage: Werder befindet sich im Höhenflug. Nur darüber sprechen möchte niemand so gerne. „Rechnerisch sind wir noch nicht gerettet“, sagte Maximilian Eggestein, konnte sich aber ein breites Grinsen nicht verkneifen. „Es müsste schon sehr viel schiefgehen, damit wir noch einmal unten reinrutschen“, fügte der Mittelfeldspieler hinzu.
Tatsächlich kann sich momentan wohl kaum jemand vorstellen, dass diese Bremer Mannschaft noch absteigt. Sie kann begeisternden Offensivfußball zeigen, kann aber auch gegen einen physisch ungemein starken Gegner wie Frankfurt dagegenhalten. Sie kann ad-hoc das System umstellen, ohne dass es dadurch zu Konfusionen kommt. Sie kann Ausfälle ersetzen, wie den von Ludwig Augustinsson, der schon in der 25. Minute mit Oberschenkelproblemen für Marco Friedl Platz machen musste. Und sie hat derzeit auch noch das Glück auf ihrer Seite, siehe Siegtor gegen die Eintracht.
All das hat natürlich auch Florian Kohfeldt registriert. Trotzdem warnt er: „Dass wir noch auf einem direkten Abstiegsplatz landen, ist sehr unwahrscheinlich geworden. Aber der Relegationsplatz ist noch in der Nähe.“ Frank Baumann klang ganz ähnlich: „Man hat schon bei anderen Mannschaften gesehen, was passiert, wenn man sich zu früh zu sicher ist.“ Und Thomas Delaney lag voll auf Linie mit seinen Vorgesetzten, als er an die vergangene Spielzeit erinnerte. Da blieb Werder elf Spiele am Stück ungeschlagen. Als dann die Europa League plötzlich ein Thema war, setzte es drei Niederlagen in Serie. „Wir wollen jetzt nicht von Europa sprechen so wie letzte Saison“, stellte Delaney klar. Die Spieler und die Verantwortlichen hielten sich eisern an diese Maßgabe, selbst nach dem Erfolg gegen den Champions-League-Anwärter aus Frankfurt. Ob die Fans genauso zurückhaltend sind, bleibt abzuwarten.
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