
Junge Spieler haben es im Profifußball nicht immer leicht. Werders Nuri Sahin etwa berichtete kürzlich im vereinseigenen Podcast, er habe „mit 16 mein Privatleben verloren“. Auch Johannes Eggestein durfte als Dauergast in den U-Nationalmannschaften und Torschützenkönig der A-Junioren schon früh erfahren, was es heißt, im Blickpunkt zu stehen. Bis aus dem Jugendspieler Eggestein der Bundesliga-Startelfspieler Eggestein wurde, hat es eine ganze Weile gedauert. Gegen die TSG Hoffenheim zeigte der 20-Jährige nun eindrucksvoll, dass sich dieser behutsame Aufbau für Werder noch auszahlen könnte.
Denn Eggestein, nach einem grippalen Infekt direkt in die Startelf gerückt, präsentierte sich besonders in den ersten 45 Minuten der Partie als ständiger Aktivposten gegen den Champions-League-Teilnehmer aus dem Kraichgau. Es war der dritte Einsatz von Beginn an in den letzten drei Spielen, in denen Eggestein einsatzbereit war. Die „Trainer-Spieler-Bindung“, die Coach Florian Kohfeldt auch mit Blick auf den jüngeren der beiden Eggesteins hervorhebt, zeigt sich also auch mehr und mehr im Vertrauen auf dem Platz.
Eggestein, diesmal zu Beginn als rechter Stürmer vor einer Mittelfeld-Raute unterwegs, brauchte keine fünf Minuten, um ein erstes Mal aufblitzen zu lassen, wie er dieses Vertrauen am Mittwochabend zurückzahlen wollte: In zentraler Position zog das Bremer Eigengewächs einen Sprint durch die Lücken des Hoffenheimer Mittelfeldes an, sodass Kerem Demirbay sich nur noch mit einem Foul zu helfen wusste.
Ein leichtfüßiger Antritt, der sinnbildlich für Eggesteins Spielweise stehen konnte: 19 Zweikämpfe suchte Eggestein in 78 Spielminuten. Nur Theodor Gebre Selassie, der allerdings auch durchspielen durfte, ging in mehr direkte Duelle (21). Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Eggestein von seinen Zweikämpfen nur 26,3 Prozent gewinnen konnte – der schwächste Wert aller Bremer Startelf-Spieler. Mit Ermin Bicakcic sah sich der Youngster allerdings auch einem echten Spezialisten in dieser Kategorie gegenüber.
„Jojo“ und „Eisen-Ermin“ lieferten sich mitunter fast ein kleines Privatduell: In der 16. Minute setzt Eggestein den Hoffenheimer mit einem Dribbling auf den Hosenboden, Bicakcic gelingt es aber, den Ball wegzuspitzeln. Eggestein steckt nicht auf, holt sich den Ball zurück und bedient per Flanke Max Kruse, dessen Volley nur mit Mühe geblockt werden kann. Fünf Minuten später dribbelt sich Eggestein in den Strafraum, Bicakcic dirigiert Demirbay und Nico Schulz, um zu stören, und klärt dann den Ball. In der 39. Minute verfehlt ein Abschluss Eggesteins das Hoffenheimer Tor knapp – Bicakcic hatte Werders Angreifer noch entscheidend bedrängt.
Es gelang also nicht alles, aber Eggestein versuchte eine Menge und kam immer wieder in Situationen, die für Torgefahr sorgten. Drei Torschüsse gab das Talent selbst ab, vier Chancen legte Eggestein auf – enorm gute Werte für einen 20-Jährigen, gerade angesichts der nominellen Qualität des Gegners. Von allen Spielern auf dem Platz war nur Kapitän Kruse mit fünf Abschlüssen und fünf Torschussvorlagen an noch mehr gefährlichen Situationen beteiligt.
Auch bei den „Fleißkategorien“ der Sprints (26) und intensiven Läufe (85) ist Eggestein vorn mit dabei, steht nach absoluten Zahlen mannschaftsintern je auf dem vierten Platz und hätte hochgerechnet auf 90 Minuten erneut die hinter Kruse zweitbesten Statistiken. Das Talent von einst ist in der Bundesliga angekommen und sorgt mit seinen zielstrebigen Dribblings und präzisen Flanken jetzt schon für überraschende Momente in der Werder-Offensive.
Damit diese künftig auch noch häufiger in Toren oder Vorlagen münden, muss Eggestein noch ein wenig lernen, sich zu behaupten: Alle fünf Luftzweikämpfe gegen die TSG gingen verloren. Generell ist der 20-Jährige zwar schon robuster als noch in den vorigen Jahren, aber in Sachen Durchsetzungsfähigkeit noch nicht am Ende seiner Entwicklung angelangt. Dennoch diente das letzte Heimspiel des Jahres letztlich als weiteres Indiz dafür, dass Johannes Eggestein auf dem besten Weg ist, sportlich aus dem Schatten seines Bruders Maximilian herauszutreten.
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