
Und plötzlich stand Theodor Gebre Selassie da und lachte. Er wurde für einen kurzen Moment ernst, um dann gleich wieder laut loszulachen. Als könne er selbst nicht so richtig nachvollziehen, welcher Gedanke ihm da gerade durch den Kopf schoss. In der Mixed Zone des Weserstadions war er von den Bremer Journalisten nach Werders eklatanter Schwäche bei gegnerischen Standards gefragt worden, der Torschütze zum zwischenzeitlichen 2:1 meinte schließlich: „Es ist schwer zu glauben, aber ich denke, dass wir uns verbessert haben. Wir haben in der Abwehr nicht das Gefühl, dass etwas unklar bei der Abstimmung ist.“
Trotzdem wusste natürlich auch der Rechtsverteidiger, dass da etwas im Argen liegt, wenn der Gegner sich in Ruhe den Ball zurecht legen darf. So wie unmittelbar vor dem Freiburger Ausgleichstreffer – oder auch schon in den Minuten zuvor, als mehrere Hereingaben für einen erhöhten Puls bei allen Beteiligten gesorgt hatten. „Wir besprechen es jedes Mal. Von den letzten drei Standardsituationen ist das eigentlich die am einfachsten zu verteidigende, weil der Ball nach hinten weg geht“, sagte Trainer Florian Kohfeldt kopfschüttelnd. „Das ist eine klare Mannzuteilung – und das kostet uns Punkte.“
Unmittelbar beteiligt an dieser Situation waren fast alle Mannschaftsteile. Die Sicherheit im Bremer Spiel war längst weg, dann verursachte Marco Friedl auch noch den unnötigen Freistoß an der Strafraumkante. Nach der Hereingabe verließen sich der an diesem Tag schwache Torhüter Jiri Pavlenka und Abwehrspieler Ömer Toprak aufeinander – und wurden dafür bestraft. „Bei der Standard-Situation ist Chaos“, sagte Toprak. „Keine Frage, am Ende ist es mein Mann, der den Ball reinköpft. Das nehme ich auf meine Kappe.“
Die Einsicht war zwar ehrenwert, allein sie half den Bremern in diesem Moment auch nicht weiter. Seit Wochen schon brennt es reihenweise lichterloh, wenn die gegnerischen Teams den Ball hoch in den Strafraum bringen. Werders Probleme dort sind aktuell derart eklatant, dass es von den anderen Klubs beinahe schon fahrlässig wäre, nicht auf das Mittel zahlreicher Flanken zu setzen. Und die Kohfeldt-Elf gerät zuverlässig ins Schwimmen. Egal, wie es steht. Egal, ob sie vorher eigentlich die spielerisch bessere Mannschaft war und am Ende wie gegen Freiburg in Überzahl agiert.
Das wirft automatisch die Frage auf, ob da unterbewusst die Angst mit auf dem Rasen steht. Und vielleicht sogar so groß ist, dass sie ganz automatisch zum Negativerlebnis führt. „Wie man weiß, ist Fußball Kopfsache. Auch wenn man das abschütteln und wegdrücken möchte, kommt das im Unterbewusstsein immer wieder auf“, gestand Leonardo Bittencourt. „Aber wir sind professionell genug, um zu wissen, dass jede Situation unterschiedlich ist. Und da müssen wir jede Ecke so verteidigen, als wenn es die letzte wäre.“ Doch genau diese Entschlossenheit fehle derzeit. „Wir dürfen uns jetzt aber auch nicht verrückt machen, denn das verunsichert uns nur noch mehr“, warnte der 25-Jährige.
Es ist also inzwischen keine Frage mehr, ob eine gewisse Verunsicherung bei der gemeinschaftlichen Abwehrarbeit vorhanden ist, sondern wie groß sie werden durfte und vielleicht noch werden wird. Theodor Gebre Selassie ist guter Dinge. „Wir müssen weiter probieren, positiv zu bleiben und ich bin mir sicher, dass sich das irgendwann wieder dreht und wir einen anderen Lauf bekommen“, sagte er. Gelacht hatte er dieses Mal nicht. Aber dafür ist die Bremer Situation unter dem Strich auch zu ernst.
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