
In der 78. Spielminute machte sich Davy Klaassen ganz klein. Werders neuer Mittelfeldstratege hatte zuvor selbst während eines eigenen Konters den langen Weg in den Strafraum der Wormatia aus Worms gemacht, versuchte nun aber, so wenig wie möglich im Weg zu stehen – denn hinter ihm hatte sich Johannes Eggestein in eine noch etwas bessere Position gebracht. Der 20-Jährige schob den Ball zum 6:1-Endstand für Grün-Weiß über die Linie, Klaassen war danach erster Gratulant.
Die Szene war in gewisser Weise ein Sinnbild für das Spiel des Mannes, der Werder bis zu 15 Millionen Euro Ablöse kosten könnte: immer darum bemüht, der eigenen Mannschaft im Angriffsspiel neue Optionen zu geben, dabei aber stets bescheiden und trotz hoher individueller Klasse vor allem ein gut integrierter Teil des Kollektivs. Sechs verschiedene Torschützen durften bei Werder am Ende jubeln, Klaassen gehörte nicht zu ihnen. Dennoch war es ein vielversprechendes Pflichtspieldebüt, das der Niederländer feierte.
Als linker Achter in der Bremer 4-3-3-Grundordnung kam Klaassen dabei die Rolle seines Vorgängers Thomas Delaney zu: Der 25-Jährige sollte den Antreiber aus dem Mittelfeld geben, gegen den Ball gern auch auf Höhe der einzigen nominellen Spitze Max Kruse vorrücken, bei Bremer Ballbesitz dafür immer wieder Sprints in die Tiefe anziehen, um mit einer gegenläufigen Bewegung zu Kruses charakteristischem Zurückfallen in die Spielmacherrolle die Abwehr des Gegners zu beschäftigen.
So weit, so gewohnt – doch gerade im Angriffsspiel des SV Werder fiel auch immer wieder die neue Komponente ins Auge, die Klaassen ins Bremer Spiel einbringt: Der einstige Ajax-Kapitän orientiert sich gerade in engen Spielsituationen noch schneller auf dem Feld als sein dänischer Vorgänger, positioniert sich clever zu seinen Mitspielern und kann den Ball dazu mit seinen technischen Fähigkeiten enorm schnell und präzise weiterspielen.
Gerade auf der ohnehin stärkeren linken Bremer Seite beschleunigte Klaassen so das Kombinationsspiel, zog immer wieder Passdreiecke auf und startete häufig auch selbst hinter die gegnerische Abwehr, wobei er sich mit gutem Timing von seinen Gegenspielern lösen und einige gute Chancen einleiten konnte. Auch, wenn Florian Kainz letztlich die spektakuläreren Einzelaktionen zeigte und Max Kruse als Spielmacher dominanter auftrat: Klaassens Stärken in der Raumbesetzung und im schnellen Kombinationsfußball trugen entscheidend mit dazu bei, dass es in der Wormser Abwehr gerade in der ersten Halbzeit ein ums andere Mal lichterloh brannte.
Und auch auf eine zweite, weniger auffällige Art und Weise konnte Klaassen bereits andeuten, warum Florian Kohfeldt ihn unbedingt haben wollte: Ähnlich wie auch Yuya Osako, der als Rechtsaußen ebenfalls sein erstes Pflichtspiel für Werder bestreiten durfte, bewegte sich Klaassen in zentralen Räumen geschickt zwischen den gegnerischen Verteidigungslinien und schaffte so neue Passoptionen.
Osako und Klaassen besitzen das Geschick und die technische Klasse, entsprechende Anspiele in diese gefährlichen Zonen auch unter Gegnerdruck sauber zu verarbeiten. Bei Werder möchte man diese Räume gerne konstanter bespielen als noch in der Vorsaison – etwa Rechtsverteidiger Theodor Gebre Selassie ist bereits anzumerken, dass er in diesem Sommer häufiger den riskanten Pass ins Zentrum spielt, statt wie in den Vorjahren häufig den wenig Raumgewinn versprechenden Weg über den Flügel zu gehen.
Selbst belohnen konnte Klaassen sich gegen Worms noch nicht. Sein aussichtsreichster Versuch landete in der 18. Minute abgefälscht an der Latte, einige schöne Vorlagen ließen die Mitspieler liegen. Zumindest den Strafstoß vor dem 4:0 durch Kruse in der 40. Minute holte Klaassen nach einem stark ausgespielten Umschaltangriff raus.
Letztlich dürfte für Werder und Klaassen ohnehin der mannschaftliche Erfolg im Vordergrund stehen. Mit etwas mehr Eingespieltheit könnte der Kreativspieler womöglich sogar noch größeren Einfluss auf den Bremer Angriffsfußball nehmen. Am Sonnabend (15.30 Uhr) darf der Niederländer voraussichtlich zum ersten Mal beweisen, dass er auch auf Bundesliganiveau seine Stärken einbringen kann: Dann startet Werder gegen Hannover 96 in die neue Bundesliga-Saison. An Klaassen sollte im Bremer Mittelfeld schon jetzt kein Weg mehr vorbeiführen.
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