
Theodor Gebre Selassie blieb auch in seiner siebten Saison in Bremen ein Sinnbild für Zuverlässigkeit und Kampfgeist. Der Routinier war unumstritten und letztlich konkurrenzlos und veränderte sein Spiel auf seine alten Tage noch einmal ein wenig. Das vermittelt ein gutes Gefühl für die Zukunft - das aber auch trügerisch sein könnte.
Bis zum 32. Spieltag hatte Gebre Selassie eine makellose Bilanz und stand bis dahin in jedem Ligaspiel über die kompletten 90 Minuten auf dem Platz. Selbst Jiri Pavlenka oder Maximilian Eggestein rissen nicht so viele Spielminuten ab wie der Routinier. Dann ging Gebre Selassie allerdings der Saft aus, nach 641 Zweikämpfen - den zweitmeisten im Bremer Kader - auch wenig überraschend. Trotzdem war er mal wieder Werders Bester in der Luft, 118 gewonnene Kopfballduelle und eine Quote von fast 59 Prozent dokumentieren eine seiner größten Stärken, drei Tore und drei Assists seine Torgefahr.
Mal wieder bekam Gebre Selassie einen Herausforderer an die Seite gestellt, Felix Beijmo ließ sich Werder immerhin drei Millionen Euro kosten. Aber recht schnell war klar, dass an Gebre Selassie mal wieder kein Weg vorbeiführen würde. Sein Start war aus persönlicher Sicht fast perfekt, mit seinem späten Tor gegen Hannover verhinderte Gebre Selassie den komplett verpatzten Auftakt in die Saison.
Als rechtes Glied der Viererkette oder als Schienenspieler in der Fünferkette fand er fast immer die richtige Balance zwischen einer verlässlichen Rückwärtsbewegung und seinem Offensivdrang. Zwar blieb Gebre Selassie in der Regel etwas tiefer positioniert als sein Gegenüber Ludwig Augustinsson, trotzdem hatte er sehr viele, sehr gute Offensivmomente. Über Werders linke Seite mit dem herausfallenden Max Kruse wurde zwar bevorzugt kombiniert, für die schnellen Spielverlagerungen oder den Chipball über die Sechserposition mit Nuri Sahin war dann aber Gebre Selassies Aufrücken entscheidend.
Auf seine alten Tage hat Gebre Selassie noch einmal ein paar neue Bewegungsmuster entdeckt, geht nicht mehr immer „nur“ die Linie entlang, sondern rückt in Werders Positionsspiel auch mal in die Halbspur ein und zieht dann zur Mitte. Seine Stärken bei Standards wären wohl noch mehr zum Tragen gekommen, hätte sich Werder in diesen Momenten nicht zu oft zu fahrlässig schon bei der Ausführung angestellt. Und natürlich blieb der Spieler auch in den vielen kniffligen Endphasen, wenn Werder einem Rückstand hinterherlaufen musste, als Zielspieler für lange Bälle immer eine Option - auch als zentraler Angreifer.
Gebre Selassie opferte sich trotz einiger Wehwehchen gerade in der Schlussphase der Saison regelrecht auf und musste letztlich den Preis bezahlen. Ansonsten hätte er garantiert keine einzige Minute verpasst.
Mit über 200 Bundesligaspielen und einer erneut bärenstarken Saison bleibt Gebre Selassie eine Bremer Institution auf der rechten Seite. Das dürfte sich auch in der kommenden Saison nicht ändern - auf Sicht muss Werder für diese Position aber wenigstens eine Alternative, oder besser: einen echten Herausforderer finden. Linksfuß Marco Friedl als Ersatz kann keine Dauerlösung sein.
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