
Es gibt ein Argument, das ebenso schlicht wie bemerkenswert für Florian Kohfeldt als Bremer Trainer der Zukunft spricht. Für den nächsten, der von der U 23 auf den Chefsessel der Bundesliga befördert wird, obwohl eben dieser Weg zweimal relativ schnell zur Entlassung geführt hat. Was dafür spricht, es ein drittes Mal zu versuchen, diesmal mit ihm, erklärte Kohfeldt in einem Pressegespräch am Mittwoch. „Zunächst würde es große Zuversicht geben, dass der Klassenerhalt diese Saison funktioniert. Das hat immer geklappt.“ Der Klassenerhalt – ist es nicht das, was jetzt allein noch zählt?
Wie wahr: Sowohl Viktor Skripnik als auch Alexander Nouri retteten Werder in ihrer jeweils ersten Saison vor dem nahegerückten Abstieg. Sie erfüllten ihre Mission zunächst erfolgreich, könnte man sagen. Das war es wohl, was Kohfeldt ausdrücken wollte: Hey, nehmt mich, und die Chancen auf den Klassenerhalt sind gut. Es hat ja schon zweimal geklappt. Ein gutes Argument angesichts der Angst vor dem Abstieg.
Ironischer Unterton
Ein Typ mit großem Sendungsbewusstsein ist Kohfeldt nicht. Offensive Eigenwerbung zu betreiben für den Job, den er wohl schon sehr gerne hätte, ist nicht sein Ding. Seinen Hinweis, dass die Lösung mit der Beförderung vom Nachwuchsbereich an die Spitze des Klubs in der Vergangenheit erfolgreich war, garnierte er mit ironischem Unterton. Er ahnt vielleicht, dass es einige als Makel ansehen würden, wenn Werder schon wieder den einfachsten, günstigsten und typischsten Weg gehen würde, den Werder-Weg eben. Stallgeruch ist ein Ausdruck, der ein zentrales Kriterium auf den Punkt bringt: Hauptsache, er ist einer von uns, ein Werderaner. Viele Anhänger sehen diesen Ausdruck mittlerweile eher als Teil der Probleme, die den Klub seit Jahren verfolgen.
Dass Kohfeldt trotz des Stallgeruchs der Richtige sein könnte, dieses Gefühl hat er mit seinem Auftritt im Presseraum hinterlassen. Es war nicht zwingend zu erwarten, dass Kohfeldt sich in dieser auch für ihn merkwürdigen Situation den Fragen der Medien stellt. Was soll einer sagen, der nicht weiß, ob er im nächsten Spiel gegen Hannover auf der Bank sitzt? Der nicht weiß, welche Probleme er angehen darf und welche er besser ruhen lässt, bevor keine endgültige Entscheidung gefallen ist?
Trotz all der offenen Fragen sagte Kohfeldt eine ganze Menge, und er tat es bemerkenswert souverän. „Ich kann mich nicht hinstellen und etwas verwalten. Die Zeit haben wir nicht“, war so ein Satz. Mit vollem Eifer engagiert er sich im Training, ruft mit Nachdruck seine Befehle über den Platz, verschiebt Spieler von einer auf die andere Position. „Ich habe von Frank das Vertrauen, meine Entscheidungen frei zu treffen. Dabei bleibt es.“ So klingt einer, der um seine Chance kämpft, einen der 18 begehrtesten Plätze im Trainer-Business zu bekommen. Und keiner, der zögert, weil er nicht weiß, wie es mit ihm weitergeht. „Ich arbeite so, als würde ich gegen Hannover auf der Bank sitzen – ohne dass ich weiß, ob ich da sitze.“
Keine einfache Situation
Man muss auf diesem beruflichen Niveau kein Mitleid haben, es geht um den Bereich der Elite, da gehört es dazu, einiges wegstecken zu können. Trotzdem ist es sicher keine einfache Situation für Kohfeldt, nicht zu wissen, wie es mit ihm weiter geht. In drei, vier, fünf Tagen kann alles wieder vorbei sein. Nebenbei schwelt die Diskussion, ob er der Richtige sei oder doch nicht eher ein anderer. „Für mich ist es kein Problem, dass auch nach anderen Trainern geschaut wird. Ich kann auch die Diskussion darüber nachvollziehen, da es gute Gründe für Verein und Öffentlichkeit gibt nachzudenken, wer der sinnvollste Trainer für Werder ist.“
Einer, der gehandelt wurde, wird es wohl nicht. Adolf Hütter, Trainer der Young Boys Bern, zieht offenbar die Schweizer Berge dem norddeutschen Flachland vor. Hütters Berater Christian Sand sagt Sky Sport Austria: „Die Mission Young Boys ist noch nicht beendet.“ Genau genommen ein Satz, der zu vielen Interpretationen einlädt. Beendet könnte sie in drei Tagen, drei Wochen oder drei Monaten sein. Aber er stützt den Eindruck, den Hütters Umfeld vermittelt: Werder sei für ihn derzeit eher nicht reizvoll.
Am Ende kann es also sein, dass Kohfeldt als bester Kandidat übrig bleibt und den Job bekommt. Und dann? Wird er Werder retten? Daran glaubt er. „Neben der sportlichen Qualität haben wir Typen im Team, die der Situation gewachsen sind. Das stimmt mich sehr zuversichtlich. Es ist eine schwere, aber machbare Ausgangslage.“
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