
Es gibt da diesen Traum von einem – mit Verlaub – etwas älteren Herrn. Gemeint ist der Großvater von Maximilian und Johannes Eggestein, der sich schon seit Jahren an der Vorstellung erfreut, dass der ältere Enkel dem jüngeren Spross im Weserstadion eine Torvorlage gibt. Nun, ganz so weit ist es noch nicht. Allerdings wirkt es wahrscheinlicher denn je, dass es schon ganz bald passieren könnte.
Johannes Eggestein sah am späten Sonnabendnachmittag ziemlich zufrieden aus. Mächtig durchgeschwitzt zwar, aber eben zufrieden. Der Grund dafür lag auf der Hand: Der 20-Jährige hatte kurz zuvor bei Werders 6:1-Pokalerfolg in Worms seinen ersten Profitreffer überhaupt erzielt. Es war zwar nicht das Weserstadion und der Vorlagengeber hieß trotz einiger namentlicher Gemeinsamkeiten nicht Eggestein, sondern Kruse – aber trotzdem, dieser Treffer war etwas Besonderes. „Ja, das hat er gut gemacht. Ich habe mich auch sofort bedankt“, sagte der Youngster lachend. „Erst mal freue ich mich über den Sieg und dass wir deutlich gewonnen haben. Dass ich zudem mein erstes Tor erzielt habe, freut mich umso mehr.“
Hinter Johannes Eggestein liegen keine einfachen Monate. Oder wie es sein großer Bruder ausdrückte: „Er hat eine harte Zeit hinter sich und ich habe es ihm so gegönnt“, sagte Maximilian Eggestein. „Ich glaube, dass ihm ein ganz schöner Rucksack aufgesetzt wurde – und das ist ihm gegenüber einfach nicht gerecht. Man braucht seine Zeit, um anzukommen und ich glaube, dass er jetzt immer weiter seine Schritte macht.“
Dass der jüngere Eggestein, den alle nur „Jojo“ nennen, genau diesen Weg einschlägt, hat zwangsläufig mit der Person Florian Kohfeldt zu tun. Der Trainer hat früh betont, dass er dem Angreifer die Bundesliga zutraue, man ihn aber nicht mit einer überzogenen Erwartungshaltung unter Druck setzen sollte. Selbst als zuletzt mancherorts der Verdacht aufkam, Kohfeldt wisse nach all den Bremer Transfers in der Offensive gar nicht mehr, was er mit dem Jungstürmer eigentlich anfangen wolle, gab der Cheftrainer der Bremer nun die passende Antwort: Er schulte ihn um.
Johannes Eggestein eilt der Ruf voraus, in der viel zitierten Box, dem Strafraum, einer der Besten und Kaltschnäuzigsten seiner Zunft zu sein. Den klassischen Strafraumstürmer gibt es im Bremer System aber nun einmal nicht – am ehesten noch Claudio Pizarro. Und bei einem derartigen Konkurrenten setzte Kohfeldt deshalb auf Plan B. Mal geht es nun für Eggestein auf die rechte Seite, dann wieder auf die Achterposition. „Ich kam damit zurecht, deshalb sind wir da dran geblieben und haben das weiter ausprobiert“, erklärte Eggestein. „Zuletzt kam die Achterposition noch hinzu und ich mag es, wenn ich in den Raum hinter die Angreifer gehen kann. Das ist so ein bisschen mein Spiel, die Lücken und Räume zu suche. Insofern kommt mir die Umschulung entgegen.“
Wie gut der 20-Jährige seine Sache macht, zeigt auch, dass er gegen Worms spielen durfte. Als Yuya Osako den Platz verließ, hätte es jedenfalls nicht verwundert, wenn Milot Rashica gekommen wäre. Tat er aber nicht. Florian Kohfeldt hatte bereits erläutert, dass er auf den Außenbahnen je nach Bedarf rotieren lasse, in diesem Fall passte Johannes Eggestein besser ins Anforderungsprofil. Und so spielte der gebürtige Hannoveraner – es gibt schlechtere Perspektiven für einen jungen Mann, dessen Vertrag im kommenden Sommer ausläuft. Und genau deshalb ist Eggestein auch völlig entspannt, wenn es um seine Zukunft geht. „Ich habe gar keinen Druck“, sagte er. „Ich schaue, wie es für mich persönlich läuft und wie es vorangeht und dann kann ich mich gerne mit Werder zusammensetzen und über weitere Dinge reden.“
Ein weiteres Argument für eine Weiterbeschäftigung hat er nicht zuletzt durch seinen Treffer im Pokal gesammelt. Nun sollen weitere folgen. „Natürlich möchte ich mehr Einsätze bekommen, die muss ich mir erarbeiten, die kann ich nicht einfach fordern – das ist mir klar“, sagte Eggestein. „Aber grundsätzlich möchte ich erstmal die Entwicklung abwarten. Dabei behalten wir alle die Ruhe. Das ist auch von Werder so geplant, wir sind da im Austausch.“ Zumal es da ja noch diese eine Sache zu realisieren gibt: den großen Traum vom Großvater.
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