
Normalerweise ist es doch so: Bevor die Mannschaft aufs Spielfeld geht, richtet der Trainer noch einmal ein paar Worte an die Spieler, gibt letzte Hinweise. Das kann die Erinnerung an die Taktik sein, das können emotionale Worte sein, um die Spieler heiß zu machen. Florian Kohfeldt hat am Freitag vor dem Wolfsburg-Spiel in der Kabine – nichts mehr gesagt. Dafür hat Nuri Sahin das Wort ergriffen. Sahin hat zur Mannschaft gesprochen, obwohl er nur Ersatzmann war.
Florian Kohfeldt hat das Verhalten des Spielers sehr beeindruckt. „Ich habe in dieser Woche wieder etwas über Nuri gelernt“, sagte Kohfeldt. Nämlich dass Sahin, so unzufrieden er mit seiner Nicht-Nominierung auch sein mochte, die Größe besitzt, persönliche Befindlichkeiten hintenanzustellen und stattdessen alles für den Mannschaftserfolg zu tun. In diesem Fall war es seine Ansprache ans Team. Diese kleine Begebenheit, die Kohfeldt nach dem Bremer 2:0-Sieg über Wolfsburg zum Besten gab, passt in die allgemein harmonische und beschwingte Zeit, die Werder gerade erlebt. Das Spiel war am Freitag noch gar nicht zu Ende, da sang das Publikum schon „Europapokal, Europapokal“. Die Spieler haben das natürlich vernommen, und sie haben sich anschließend mit den Fans gefreut. Florian Kainz zum Beispiel, der in seinem dritten Jahr bei Werder ist, hat bisher nur Werderaner Herbstdepressionen inklusive Trainerwechsel miterlebt. Jetzt sagte er: „So viele Punkte, das ist ein super Gefühl. Wir haben das Ziel Europa ausgegeben, und bis jetzt schaut es planmäßig aus.“
Davy Klaassen kennt die gängigen Bremer Herbstsorgen höchstens aus Erzählungen, er ist erst seit dem Sommer Werderaner. Er ist da unbelasteter, vielleicht fällt es ihm auch deshalb leicht, Sätze wie diesen zu sagen. Zum Champions-League-Platz, auf dem Werder nach sieben Spieltagen steht: „Natürlich können wir da oben bleiben.“ Zumal wenn Werder weiterhin Spiele wie das vom Freitag gewinnt. Leicht war das nämlich nicht, und geglänzt hat Werder auch über weite Strecken nicht. Als Werder aber irgendwann Zugriff aufs Spiel hatte, als sich die Möglichkeit ergab, aus dem Spiel etwas herauszuholen, da war Werder zur Stelle. „Es ist auch eine Qualität, diese Phasen dann zu nutzen“, sagte Kohfeldt.
Von Platz zwei, auf den Werder in der Tabelle am Freitagabend vorläufig gerückt war, wollte Kohfeldt gar nicht viel wissen. „Platz zwei ist besser als Platz 16“, sagte er nur. Dass Werder 14 Punkte geholt hat, macht natürlich auch ihn froh, von Zufriedenheit spricht der Trainer aber nicht so gerne; von Zufriedenheit bis zur Selbstzufriedenheit ist der Weg nicht sehr weit. Deshalb sagte Kohfeldt auch: „Mit 14 Punkten steigst du ab.“
Davon ist Werder in Wirklichkeit weit entfernt. Werder biss sich gegen Wolfsburg in ein unangenehmes Spiel. Die Mannschaft musste Widerstände überwinden und schaffte es schließlich. „Das sagt etwas über ihre Mentalität“, führte Kohfeldt aus, „die Spieler sind nicht weggebrochen, sie sind stabil geblieben.“ Das hat ihm gefallen. Noch besser würde es ihm aber gefallen, wenn Werder solche Willensanstrengungen seltener vollbringen müsste. Und wenn es doch nicht ohne körperlichen und mentalen Kraftakt geht, dann hat Kohfeldt ja noch Spieler wie Claudio Pizarro oder Nuri Sahin zur Hand. Der eine, Pizarro, gab der Partie auf dem Platz eine Wende. Der andere, Sahin, trug von Außen seinen Teil zum Erfolg bei. Kohfeldt drückte es so aus: „Nuri verkörpert das, was Piza gezeigt hat, als er auf den Platz kam. Sie haben beide das Gespür dafür, was du in solchen Spielsituationen als Mannschaft brauchst.“
Bremen ohne Werder - das ist unvorstellbar! Und das Profiteam, das in der Bundesliga um Punkte und Tore kämpft, ist das Herzstück des Vereins. Auf dieser Seite gibt es News, Fotos und Videos rund um die Werder-Profis.