
Dass mindestens eine Mannschaft hinterher nach Berlin fahren würde, stand bereits vor dem Spiel fest. Nun fährt Hertha BSC mit einem destaströsen 1:6 im Pokal-Achtelfinale beim SV Werder sowie einer heftigen, vielleicht finalen Trainer-Diskussion in die Hauptstadt zurück. Die Bremer kommen im Frühjahr bestimmt nach. Denn nach diesem Fußballfest dürften sie nicht nur Favorit für die Meisterschaft sein, sondern auch im DFB-Pokal. Nach einer halben Stunde schon erhob sich das Publikum von den Plätzen. Es sang: „Steht auf, wenn Ihr Bremer seid!" Dies passierte zum wiederholten Mal in dieser Saison, und zum wiederholten Mal hatten die Zuschauer auch allen Grund dazu. Denn zu diesem Zeitpunkt stand es bereits 2:0 für den SV Werder, der dieses Spiel vom Anpfiff weg mit Torchancen befeuerte.
Das Startsignal entsandte Ivan Klasnic, dessen Schuss nach nur 14 Sekunden knapp am Hertha-Tor vorbeirauschte. Einen Pfosten-Treffer von Ailton später klappte es dann tatsächlich mit dem 1:0. Ivan Klasnic, der gestern bestens aufgelegt war, traf in der 19. Minute aus kurzer Entfernung. Den Gegner konnte auch der Rückstand nicht aus der Reserve locken. Die Berliner hatten gleich zum Beginn tief in der eigenen Hälfte eine Mauer errichtet. Diese blieb auch bestehen, als sich herausstellte, dass das den sicher kombinierenden Werderanern ziemlich egal war. Man wurde auch den Verdacht nicht los, dass Hertha im Pokal möglichst Kräfte sparen wollte für den aufreibenden Abstiegskampf in der Liga.
Von der Ehrentribüne berichtete Willi Lemke, man frage sich dort, warum Hertha nicht die erste Mannschaft geschickt habe. Eine berechtigte Frage, denn die Berliner wirkten gestern so furchterregend, als seien sie Herthas B-Jugend. Werder wirkte hingegen wie der zukünftige deutsche Meister. Und Pokalsieger. Mindestens.
Es dauerte nach der Führung nur sieben Minuten, ehe Werder nachlegte. Fabian Ernst hatte eine Hereingabe noch verfehlt, doch das machte nichts. Im Hintergrund lauerte Johan Micoud - gegen seinen strammen Schuss konnte Hertha-Keeper Gabor Kiraly nichts ausrichten. Noch vor der Pause traf erneut Ivan Klasnic zum 3:0 (37.). Dem Bremer Spielfluss schadete es dabei auch nicht, dass nach 33 Minuten Verteidiger Mladen Krstajic mit muskulären Problemen vom Feld humpelte. Der eingewechselte Tim Borowski rückte ins Mittelfeld, Frank Baumann nahm Krstajic' Platz in der Abwehr ein - und Werder kombinierte so sicher wie zuvor.
Gleich nach dem Seitenwechsel widerlegten Micoud, Ernst und Co. auch noch ihren Chef. Der hatte noch am Dienstag angemerkt, dass man ja nun nicht davon ausgehen könne, dass sein Team jedesmal vier Tore schießen würde. Es passierte, dass Werder schon nach gespielten 48 Minuten jene vier Tore geschafft hatte: Valerien Ismael nagelte einen Freistoß ins Netz - sein erstes Werder-Tor. Die eine oder andere La-Ola-Welle schwappte durch die Arena, und angesichts der schwachen Hertha machten auch die Berliner Fans bei diesen Wellen mit. Die wenigen Berliner Fans, muss man anmerken, die zur Pause nicht gegangen waren. Der Rest ertrug es nur noch mit Galgenhumor.
Fortan konnten es sich die klar überlegenen Gastgeber sogar erlauben, den sicheren Vorsprung zu verwalten. Es reichte, um die Führung gar noch zu vergrößern. In der 77. Minute schloss Ailton einen Konter zum 5:0 ab. Kurz darauf erzielte Angelos Charisteas das 6:0 (86.). Marcelinho schaffte drei Minuten später den Berliner Ehrentreffer. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Publikum schon längst, mit jeweils stehenden Ovationen, Ivan Klasnic und Johan Micoud verabschiedet, denen Thomas Schaaf eine etwas längere Ruhepause vor dem Bayern-Spiel am Sonnabend gönnte. Es war trotzdem ein Fußballfest - mit klaren Verhältnissen.
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