
Thomas Eichin kann sich noch ganz genau an den jungen Mann aus Kalifornien erinnern. Eichin war nach einer langen und erfolgreichen Zeit als Eishockey-Manager inzwischen Geschäftsführer des Fußball-Bundesligisten Werder Bremen, und als Eichin diesen kraftvollen, zielstrebigen und schnellen Stürmer sah, fühlte er sich an seine Zeit im Eishockey erinnert. „Das ist ein Junge wie aus dem Eishockey“, sagte Eichin im Januar 2016, „die suchen auch immer den Weg nach vorne, immer direkt vors andere Tor.“
Jordan Morris hieß der Mann, der es Eichin angetan hatte. Morris, 19 Jahre jung damals, trainierte bei Werder zur Probe, fuhr mit der Profimannschaft ins Trainingslager nach Belek und spielte dort sogar als Gast im Werder-Trikot in einem offiziellen Testspiel mit. Werder gewann jene Partie gegen Inter Baku mit 1:0, und Morris hatte den Treffer von Claudio Pizarro mit einer energischen Hereingabe vorbereitet.
Morris glänzt beim Gold-Cup
Wenn in diesen Tagen in den USA die Rede von Jordan Morris ist, dann benutzen die amerikanischen Zeitungen und TV-Kommentatoren gern die Formulierung „the next big thing“. Der kompakte Stürmer, 21 inzwischen, gilt als „das nächste große Ding“ im US-Fußball. Beim Gold-Cup, der aktuell in den USA ausgetragen wird, macht es das US-Team seinen Fans nicht leicht. Zwar steht die Mannschaft im Halbfinale, doch die Auftritte gegen Panama, Martinique, Nicaragua und El Salvador waren nicht durchgehend überzeugend. Mit einer Ausnahme: Jordan Morris hat von sich reden gemacht.
Es war ein wunderbarer Spielzug, den die rund 25.000 Zuschauer in Tampa/Florida vor wenigen Tagen zu sehen bekamen: Morris startete mit dem Ball am Fuß dynamisch in Höhe Mittellinie, spielte den Ball raus zur Nummer 9 und machte sich auf den Weg dorthin, wohin Teamkollege Gyasi Zardes, das war der Mann mit der 9, ihn wenig später zurückpassen sollte – Morris war zur Stelle und schoss den Ball ins Tor. Es war der späte Treffer zum 3:2-Sieg der USA gegen Martinique. Morris, der auch schon das 2:0 erzielt hatte, wurde anschließend zum Mann des Spiels gekrönt. Vier Länderspieltore hat Morris inzwischen gemacht, er gilt als großes Versprechen für die WM 2018 in Russland, für die sich das US-Team allerdings erst noch qualifizieren muss.
Thomas Eichin ist nicht überrascht, dass Jordan Morris jenseits des Atlantik für Furore sorgt. „Man hat schon damals gesehen, dass der Junge was Besonderes hat“, sagt Eichin im Gespräch mit dem WESER-KURIER, „deshalb wollten wir ihn ja auch haben.“ Tim Steidten, heute verantwortlicher Kaderplaner bei Werder, und Rouven Schröder, damals Direktor Profifußball und Scouting bei Werder, hatten Morris mehrfach beobachtet und dabei auch die Expertise von Jürgen Klinsmann eingeholt. Klinsmann, damals Nationaltrainer der USA, hätte es gern gesehen, wenn Morris, seinerzeit „Collegespieler des Jahres“, in die Bundesliga gewechselt wäre.
MLS und Morris`Vater machen Druck
Wäre er auch fast. Eichin hatte sich längst entschieden, Morris einen Vertrag zu geben. „Wir waren guter Dinge, dass er unterschreibt“, erinnert sich Eichin, „und haben uns dann sehr über seinen Rückzieher gewundert.“ Denn offenbar war Morris damals nicht frei in seiner Entscheidung. Gleich mehrere Parteien mischten im Werben um Morris mit.
Die US-Liga MLS, nicht gerade mit übermäßig vielen einheimischen Klassestürmern gesegnet, hätte Morris gern als Zugpferd im eigenen Land behalten. Den „amerikanischen Wayne Rooney“ hatte Morris‘ Berater den Spieler in einem Gespräch mit dem WESER-KURIER damals etwas vollmundig genannt. Morris‘ Vater Michael hatte offenbar auch ein Wörtchen mitzureden. Er war Teamarzt bei den Seattle Sounders, wohin Morris schließlich wechselte. Für diesen Klub spielt er bis heute.
„Jordan hätte seinen Weg bei Werder gemacht, ganz bestimmt“, sagt Eichin, der auch noch weiß, was sie Jordan Morris damals beim Abschied von Werder mit auf den Weg gegeben hätten. Eichin: „Wenn er sich entscheidet, irgendwann doch einmal nach Europa wechseln zu wollen, dann sollte er den ersten Kontakt bei Werder suchen.“
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