
Schon komisch: Noch am Dienstag hatte sich Werder Bremen beim 0:1 bei Borussia Mönchengladbach Lob für die Leistung, aber nicht für das Resultat eingeheimst. Am Samstag in Berlin war es genau anders herum. Mit 4:1 (2:1) gewannen gnadenlos effektive Bremer zum Rückrundenauftakt das Duell der Tabellennachbarn und hielten damit den Vorsprung auf die Abstiegsplätze konstant. Für die Tore zum höchsten Saisonsieg sorgten Davie Selke (10./Foulelfmeter), Ömer Toprak (29.), Leonardo Bittencourt (56.) und Josh Sargent (77.). Für die Hertha traf trotz deutlich mehr Torschüssen (18:7) lediglich Jhon Cordoba (45.+2). Für Werder parierte Keeper Jiri Pavlenka einen Foulelfmeter von Matheus Cunha (21.).
Gegenüber dem 0:1 in Gladbach vier Tage zuvor nahm Werder-Trainer Florian Kohfeldt in der Startaufstellung zwei Änderungen vor – eine freiwillig, zur zweiten wurde er gezwungen. Denn: Kevin Möhwald hatte sich mit Adduktorenbeschwerden kurzfristig abgemeldet. Für ihn kehrte Bittencourt in die erste Elf zurück. Die zweite Neuerung: Selke bekam gegen seinen Ex-Club den Vorzug vor Sargent, auf den Kohfeldt erstmals in dieser Saison freiwillig verzichtete.
Den Gedanken, der dahinter steckte, hatte Kohfeldt schon vor der Partie verraten: Gegen die Hertha wollte er Selkes spezielles Talent nutzen, besonders gerne gegen ehemalige Arbeitgeber zu treffen. „Ich glaube, dass gewisse Spieler sich von dem Reiz, gegen ihre Ex-Mannschaft zu spielen, angestachelt fühlen“, hatte er gesagt. Und der Plan ging schon nach zehn Minuten auf. Herthas Maximilian Mittelstädt hatte Romano Schmid im Berliner Strafraum klar gefoult, Selke trat zum Elfmeter an und verwandelte in einer Art und Weise, die man selten sieht. Hoch in den Winkel – perfekt ausgeführt. Für Selke war es bereits das siebte Tor gegen alte Kollegen, seit er 2015 aus Bremen zu RB Leipzig gewechselt war.
Werder führte in einem Spiel, das sich in der Folge aber nicht so entwickelte, als dass dieser Vorsprung auch gerechtfertigt gewesen wäre. Die Hertha, in der Tabelle mit einem Punkt weniger der direkte Bremer Nachbar, dominierte das Geschehen, die Gäste fanden dagegen überhaupt nicht zur Sicherheit. Kaum war der Ball gewonnen, war er auch schon wieder weg. Spielaufbau oder gar Spielkontrolle? Fehlanzeige.
Einzig Jiri Pavlenka und dem Unvermögen von Matheus Cunha war es zu verdanken, dass sich das nicht schon früh rächte. Nachdem Manuel Mbom Cunha im Sechzehner ins Stolpern gebracht hatte, verhängte Schiedsrichter Daniel Schlager (Rastatt) den zweiten Strafstoß der Partie. Cunha trat an, schoss schwach, Pavlenka parierte, Werder blieb vorne.
Und wenig später stand es sogar 2:0 für die Gäste. Einen Bittencourt-Eckball wuchtete er, von der Berliner Abwehr unbeachtet, per Kopf ins Tor. Jubel bei Werder, das sich angesichts des Spielverlaufs ein bisschen wie im Wunderland fühlen durfte. Doch in die Freude dürften sich auch Erinnerungen gemischt haben. Am 7. März 2020, dem bis dato letzten Bremer Spiel vor vollen Rängen, hatte die Kohfeldt-Elf ebenfalls mit 2:0 bei der Hertha geführt. Am Ende stand nur ein 2:2.
Das Gefühl, eine Wiederholung zu erleben, verstärkte sich am Samstag mit jeder Minute, die verging. Zumal sich Selke als Folge eines Fouls von Omar Alderete aus der Partie verabschiedete (32.) und Hertha immer stärker drückte. Folge: In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit markierte Cordoba den Anschlusstreffer für die Berliner.
Nach der Pause ging es zunächst weiter mit den schlechten Nachrichten für den SV Werder. Nach Selke musste in Toprak auch der zweite Bremer Torschütze verletzt vom Platz. Aber dann kam aus dem Nichts die Erlösung. Maximilian Eggestein spielte einen Chip-Ball Richtung Elfmeterpunkt, wo Bittencourt mit links annahm und aus der Drehung mit rechts zum 1:3 traf (56.). Schöner Pass, schöner Abschluss, schöner Zwischenstand. Werder durfte sich rühmen, mit drei Torschüssen drei Tore erzielt zu haben – effizienter geht es nicht.
Milot Rashica, nach 52 Minuten für Manuel Mbom gekommen, hätte diese Statistik auf „vier aus vier“ schrauben können, er scheiterte jedoch mit seinem Versuch an Hertha-Keeper Schwolow (66.). Weil Sargent in dieser Szene gut mitgelaufen war, konnte Rashica durchaus ein gewisser Eigensinn nachgesagt werden. Doch das war nichts im Vergleich zu dem, was sich nur Sekunden später auf der anderen Seite Matheus Cunha leistete. Es war der Moment, in dem die Hertha das Spiel noch auf seine Seite hätte ziehen können. Doch statt in der Mitte den mitgelaufenen Krzystof Piatek zu bedienen, versuchte es der brasilianische Nationaslpieler selbst, schubste den Ball aber am langen Pfosten vorbei.
Für die Entscheidung sorgte schließlich Sargent, der den Ball aus mehr als 20 Metern ins Netz jagte (77.). 4:1 – damit war das Ergebnis aus dem Hinspiel in Bremen gedreht. Revanche geglückt.
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