
Angesichts der Gegentorflut der vergangenen Saison kündigte Alexander Nouri in der Sommerpause einige Veränderungen in den Defensivabläufen an. Die Eindrücke der vielen Gegentore in den letzten drei Bundesligaspielen (13 Gegentore) und des 3:5 gegen Hoffenheim vor fast genau drei Monaten gepaart mit den Informationen, die Hoffenheims Pflichtspiele in dieser noch jungen neuen Saison lieferten, veranlassten das Trainerteam zur Rückkehr zu einer für Werder mittlerweile typischen Ausrichtung. Beim phasenweise desaströsen 3:5 im Mai versuchte sich Werder in einer 4-4-2-Grundordnung mit Raute und wurde von der TSG dafür bestraft. In Sinsheim kam dieses Mal wieder das gelernte 3-1-4-2 zum Tragen.
Werder-Fokus aus das Zentrum
Werder hatte in den ersten Minuten der Partie ein paar Momente im hohen Angriffspressing. Von dieser Strategie löste sich die Mannschaft nach rund zehn Minuten und verlegte sich in einem 5-3-2 gegen den Ball auf ein tiefes Mittelfeldpressing. Dabei wurde der Ball im Übergangsdrittel nach außen gelenkt - um dann, wenn Hoffenheim das Risiko im Passspiel erhöhte und ins Zentrum kombinierte, dort auch zuzuschlagen und den Ball zu erobern.
Riskanteres, höheres Anlaufen praktizierte das Team nur noch sporadisch und je nach Situation. Die Kontrolle des Zentrums und der Halbräume in der eigenen Spielhälfte genoss dagegen höchste Priorität. Die Abstände wurden dabei sowohl in der Vertikalen als auch in der Horizontalen sauber eingehalten. Von der Pressinglinie mit Max Kruse und Fin Bartels bis zurück zur Fünferkette wurde der Abstand so klein wie möglich gehalten und der jeweilige Flügel auch mal preisgegeben. Stattdessen rückten die äußeren Mittelfeldspieler, die sich auf Höhe der Dreierabwehrkette fallen ließen, ein paar Meter Richtung Zentrum ein.
Das hatte zur Folge, dass in der Zentrale viel Verkehr war, zumal sich auch die beiden Achter Florian Kainz und Thomas Delaney fast auf Maximilian Eggesteins Höhe platzierten und - besonders wichtig - immer wieder Spieler aus der Innenverteidigung aggressiv aus ihrer Position schossen, um Druck auf den Ball aufzubauen.
Werder ließ in diesen kurzen Phasen, wo sich hinter dem pressenden Innenverteidiger eine Lücke auftat, keine Schnittstellenpässe zu, die Tiefenabsicherung funktionierte sehr gut, Löcher wurden schnell von den verbliebenen vier Verteidigern geschlossen. Der Innenverteidiger drückte den ballbesitzenden TSG-Spieler stattdessen gut weg vom Tor und verfolgte diesen teilweise bis zur Mittellinie: Hoffenheim musste den Angriff also quasi wieder neu starten und Werder hatte genug Zeit, um sich zu stellen.
Versuchte Hoffenheim den Durchbruch auf den Flügeln, warteten dort die sehr aufmerksamen Ludwig Augustinsson und Theo Gebre Selassie. Als gelernte Außenverteidiger bildeten sie auch die klassischen Verteidigungsvarianten auf dem Flügel. Beide rückten gut abgestimmt und aggressiv auf den Ballführenden heraus.
Das übergreifende Ziel der Bremer Kompaktheit im Zentrum und des aggressiven Anlaufens war es, die von Hoffenheim immer wieder gesuchten Zwischenlinienräume entweder so klein wie möglich zu halten oder bei einem Pass in diese Zonen sofort in Überzahl und aus mehreren Richtungen pressen zu können. Das funktionierte im Verlauf des Spiels immer besser.
Kaum Räume zwischen den Linien
Hoffenheim fand oft keine Anspielstationen in Räumen, die sie gewohnt sind zu bespielen. Und wenn, dann war ein Aufdrehen in Spielrichtung für den Passempfänger ebenso kaum möglich wie eine Spielfortsetzung in die Tiefe. Werder hatte Hoffenheim deshalb nach ein paar Anlaufschwierigkeiten zu Beginn des Spiels bis weit hinein in die zweite Halbzeit gut im Griff und kam dort immer wieder zu Ballgewinnen oder unterbrach den Aufbau des Gegners.
Nach den ersten Wechseln auf beiden Seiten zerfiel Werders Abwehrblock einige Male in zwei Teile, die Kompaktheit ging in diesen Situationen verloren, was letztlich dazu führte, dass sich die letzten beiden Linien immer weiter zurückzogen und im tiefen Abwehrpressing den eigenen Strafraum verteidigten. Dadurch, dass dann weniger Spieler in Ballnähe waren, kam Hoffenheim auch aus der zweiten Reihe zu Torabschlüssen.
Die Auswechslung von Bartels und die Hereinnahme von Jerôme Gondorf war das Signal, das Remis mit einem zusätzlichen zentralen Mittelfeldspieler über die Zeit zu retten. Werder verteidigte jetzt mit der Besetzung Delaney-Bargfrede-Eggestein auf der Dreifach-Sechs und dem ebenfalls defensivstarken Gondorf davor. Das sollte dem zunehmenden Hoffenheimer Druck entgegenwirken - bedeutete im Umkehrschluss aber auch, dass es mit möglichen Entlastungsangriffen nichts mehr wurde.
Dafür ist Gondorf als Entwicklungsspieler nach eigenem Ballbesitz nicht gemacht, ihm fehlen die Geschwindigkeit und das Dribbling, um dann wirklich nach vorne auch so etwas wie Druck zu erzeugen. Nouri nahm das Risiko in Kauf, kaum mehr selbst eigene Angriffe zu initiieren. Bis zu Andrej Kramaric‘ abgefälschtem Schuss ging der Plan auch auf. Am Ende wurde Werders gute Strategie aber doch noch unglücklich bestraft.
Bremen ohne Werder - das ist unvorstellbar! Und das Profiteam, das in der Bundesliga um Punkte und Tore kämpft, ist das Herzstück des Vereins. Auf dieser Seite gibt es News, Fotos und Videos rund um die Werder-Profis.