
Diese 63. Minute hatte es wirklich in sich. Nicht, weil sich auf dem Feld etwas Aufsehenerregendes zugetragen hätte – nein, es ging um das, was an der Seitenlinie passierte. Denn Florian Kohfeldt tat etwas, was er schon sehr, sehr lange nicht mehr beim SV Werder gemacht hat. Der Coach wechselte seine beiden Dauerbrenner Maximilian Eggestein und Theodor Gebre Selassie aus – und das ausgerechnet gegen den stärksten Gegner in der Bundesliga, den FC Bayern München. Werder lag trotz deutlicher Unterlegenheit nur 0:2 zurück, das Spiel bot also noch eine kleine Chance auf eine Überraschung. Dennoch sah Kohfeldt den Moment gekommen, sein vielleicht wichtigstes Personal am Ende einer englischen Woche zu schonen. Wobei das nicht der einzige Grund war, wie er später erklärte.
„Wir wollten die maximale Frische auf dem Platz haben“, wiederholte Kohfeldt nach dem Spiel einen Satz, den er vor der Partie schon als Erklärung für den überraschenden Personalwechsel in der Innenverteidigung von Milos Veljkovic zu Christian Groß genutzt hatte. Bei Eggestein und Gebre Selassie galt dann auch die Müdigkeit als Grund. Im Fall Eggestein sei es zudem darum gegangen, in der letzten halben Stunde auf der Doppel-Sechs druckvoller nach vorne agieren zu können – also mit Kevin Möhwald und dem eingewechselten Leonardo Bittencourt. „Das ist die offensivste Doppel-Sechs, die wir haben. Fehlenden Mut kann man uns heute wirklich nicht vorwerfen“, hob der Coach auch in diesem Zusammenhang hervor.
Aber noch wichtiger war der gesundheitliche Aspekt. Speziell bei Gebre Selassie. „Theo war platt“, sagte Kohfeldt über seinen Rechtsverteidiger. Das sei schon unter der Woche ein Thema gewesen. Denn mit dem 34-Jährigen hat Kohfeldt so seine Erfahrungen gemacht. Vor zwei Jahren verschwieg der Tscheche seine Müdigkeit und fiel dann völlig erschöpft länger aus. „Da war Sense bei ihm“, erinnerte sich Kohfeldt: „Ich habe ihm gesagt: ,Signalisiere mir bitte, wenn es nicht mehr geht!‘ Theo darf nicht wieder in so ein komplettes Loch fallen. Das können wir uns nicht erlauben, wir brauchen ihn bis zum Ende der Saison.“ Und so wechselte Kohfeldt den Vize-Kapitän nach einem kurzen Gespräch an der Seitenlinie in der 63. Minute aus – zum ersten Mal übrigens seit dem 20. Juni 2020. Felix Agu kam für den Tschechen und konnte sich nach mehreren Einsätzen auf der linken Seite erstmals als rechter Verteidiger versuchen – auf der Position also, die für den 21-Jährigen ab der kommenden Saison, wenn Gebre Selassie in die Heimat zurückgekehrt ist, die Zukunft sein könnte.
Dass Kohfeldt Maximilian Eggestein vorzeitig vom Platz geholt hat, liegt sogar noch sehr viel länger zurück als bei Gebre Selassie. Es geschah am 21. September 2019 beim Heimspiel gegen RB Leipzig, als Eggestein in der 66. Minute vom Platz ging. Seitdem hat der 24-Jährige keine Minute verpasst, was eigentlich kaum zu glauben ist. Doch nun war der Zeitpunkt für eine Pause gekommen. „Maxi hat alles durchgespielt. Maxi geht immer voran. Maxi ist läuferisch und was den Einsatz angeht immer am Limit“, sagte Kohfeldt. Es sei auf keinen Fall darum gegangen, ihn wegen seiner vier Gelben Karten vor einer Sperre zu bewahren. Und eines war dem Coach noch wichtiger, es unbedingt anzumerken: „Nächste Woche gegen Wolfsburg wird Maxi wieder spielen. Er ist gesetzt.“ Genauso wie auch Gebre Selassie. kni
Bremen ohne Werder - das ist unvorstellbar! Und das Profiteam, das in der Bundesliga um Punkte und Tore kämpft, ist das Herzstück des Vereins. Auf dieser Seite gibt es News, Fotos und Videos rund um die Werder-Profis.