„Nur Werders drei Tore versöhnten“

(Archiv WESER-KURIER)

Der WESER-KURIER schrieb am 27.11.1978

Werder Bremen: Burdenski, Geils, Kamp, Siegmann, Roentved, Möhlmann, Reinders (66. Konschal), Röber, Wunder, Bracht, Dreßel.

Darmstadt 98: Rudolf, Kleppinger, Bechtold (46. Metz), Westenberger, Frey, Weiler, Eigl, Weber, Kalb, Hahn (73. Schabacker), Weiß. Schiedsrichter: Ahlenfelder (Oberhausen) — Zuschauer: 12 000.

Tore: 1:0 Wunder (40.), 2:0 Röber (60.), 3:0 Roentved (66.).

„Hauptsache gewonnen!„ In Werders Gästeraum herrschte hinterher keineswegs Jubelstimmung, trotz des 3:0 hatte es zuviel Leerlauf gegeben. Vor allem vor der Pause bereiteten die Darmstädter den Bremern mit ihrer defensiven Einstellung gehöriges Kopfzerbrechen. In dieser Phase hätten sie dank ihrer geschickten Konter sogar durchaus in Führung gehen können. Doch in der 39. Minute „schlief“ die vorher so aufmerksame Darmstädter Hintermannschaft, und Wunder konnte per Kopf eine weite Reinders-Flanke unbedrängt ins Netz setzen.

Eine Minute später mußte Burdenski zwar in höchster Not gegen Hahn retten, doch damit hatten die Darmstädter ihr Pulver verschossen. Werder war nach dem Wechsel zu keiner Phase mehr gefährdet, Röber (60.) und Roentved (66.) erzielten die weiteren Tore in einer Partie, in der es für die Darmstädter sogar noch ein Debakel hätte geben können, wären die Bremer in der Schlußphase gegen ihre entkräfteten Gäste zielstrebiger zu Werke gegangen.

Es war gewiß kein schönes Spiel, die Schuld trifft beide Mannschaften gleichermaßen: die Darmstädter, weil sie allzusehr aufs Verteidigen aus waren, und die Bremer, weil sie sich erstmals vom Anpfiff an zum „Forechecking" entschlossen hatten. Diese den Eishockeyspielern abgeschaute und im Fußball immer häufiger verwandte Taktik, bei dem der Gegner auf dem gesamten Spielfeld, selbst am gegenüberliegenden Strafraum attackiert wird, trägt gewiß nicht zum Spielfluß bei.

Doch sie ist ein gutes Rezept gegen Mannschaften, die noch nicht abgeklärt genug sind, um die sich zwangsläufig ergebenden Konterchancen zu nutzen. „Die gleiche Taktik gegen die Kölner oder Bayern, und wir gehen unter. Ein Doppelpaß kann die gesamte Abwehr mattsetzen", weiß Trainer Weber um die Risiken dieses Rezepts. Doch das glückte den Darmstädtern vor der Pause nur zweimal und später überhaupt nicht mehr. Offensichtlich zermürbt von den ständigen Attacken der Bremer und geschwächt durch den Ausfall ihres Liberos Bechtold, den eine wiederaufgebrochene Leistenzerrung zwang, in der Pause in der Kabine zu bleiben, war für den Neuling nichts mehr zu gewinnen.

„Bei mir wollten einige nur spielen statt auch zu kämpfen. Dazu allerdings fehlten ihnen die Mittel", rügte Buchmann seine Schützlinge. Bei den Bremern hingegen waren die kämpferischen Qualitäten wesentlich größer als die spielerischen. Allzu häufig wurde eine gut begonnene Aktion schlecht beendet, das deutlichste Beispiel für dieses Manko lieferte Kampf Werders inzwischen 32-jähriger Allroundspieler, dem Weber den Vorzug vor Konschal gegeben hatte, leistete in der Defensive hervorragende Arbeit, schaltete mit Eigl den sonstigen Spielmacher der Darmstädter praktisch aus.

Doch wenn es vorwärtsging, geriet Kamp so viel daneben, daß er sogar Pfiffe des Publikums zu hören bekam, das bekanntlich dazu neigt, offensive Leistungen höher zu bewerten als etwa erfolgreich bestandene Zweikämpfe oder ein großes Laufpensum. Ähnliches gilt für Siegmann und Geils, die ihre direkten Duelle meist souverän gewannen und dafür die verdienten Komplimente des Trainers ernteten, bei den Vorstößen jedoch weniger erfolgreich waren.

Im Mittelfeld war Bracht der auffälligste Spieler. Momentan scheint er der einzige, der einmal einen präzisen Paß über 30 Meter spielen und damit die gegnerische Deckung aufreißen kann, wie er es mustergültig mit der Vorarbeit zum 2:0 bewies. An Möhlmann ging das Spiel trotz allen Eifers über weite Phasen vorbei, ihm ist mehr Selbstbewußtsein und damit mehr Initiative zu wünschen. Röbers nimmermüde Einsatzfreude wurde mit einem Tor belohnt, doch nach dem Wechsel wirkte er nicht mehr so dynamisch wie vorher. Umgekehrt verlief die Leistungskurve bei Roentved, der sich anfangs einige Unsicherheiten erlaubte, später jedoch nicht nur wegen seines Tors zu einem der auffälligsten Bremer Spieler wurde.

Im Angriff war Reinders wirkungsvollster Spieler, vom rechten Flügel kam die größte Gefahr. Auf der anderen Seite hingegen ließ Dreßel abermals einige Wünsche offen. Werders Linksaußen drängt zu früh zur Mitte und macht es sich und seinen Nebenspielern damit schwerer als erforderlich. In der Schlußphase kam noch Konschal für Reinders auf das Feld, nachdem der Rechtsaußen für seine allzu ungestümen Attacken bereits die gelbe Karte vom Schiedsrichter gesehen hatte. „Ahlenfelder hat ihm gesagt, daß er beim nächsten Foul draußen wäre. Da habe ich ihn lieber selbst runtergenommen", berichtete Weber, der damit auch noch Konschal zur Siegprämie von 1200 Mark verhalf, die sich der Verteidiger diesmal auch auf dem inzwischen ungewohnten Rechtsaußenposten redlich verdiente.  

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