
Dass es schöneres gibt, als den Samstagabend auf der A1 zwischen Leverkusen und Bremen zu verbringen, steht außer Frage. Ömer Toprak bekam auf der knapp 300 Kilometer langen Heimfahrt aber eine Kurzweil geboten, wie er sie schon lange nicht mehr erlebt hat. Glückwünsche für ein Tor! An ihn! Famos! Das hat es seit vier Jahren nicht mehr gegeben, denn solange hatte der Abwehrchef des SV Werder schon nicht mehr in der Bundesliga getroffen. Die Serie endete in der BayArena, als Toprak nach einem Freistoß per Volley traf – und über das, was danach passierte, musste der 31-Jährige ziemlich staunen.
„Wenn man einmal in vier Jahren ein Tor schießt, dann ist das wie Geburtstag zu haben“, lachte Toprak, „da bekommt man auch Nachrichten von Leuten, von denen man schon lange nicht mehr gehört hat und die meinen: Mensch, der Ömer hat so lange nicht mehr getroffen, jetzt schreibe ich dem mal.“ Auf seinem Handy war entsprechend viel los, eine Textnachricht nach der anderen ging nach dem Spiel ein, „es waren extrem viele. Ich habe mich auch gefreut – teilweise musste ich aber auch schmunzeln.“ Weil sich teils längst vergessene Absender plötzlich aus den Tiefen der Vergangenheit wieder an die Oberfläche gewagt hatten.
Hinter Topraks Tor-Premiere für Werder steckt allerdings auch eine Wahrheit, die eher Sorgen als Gratulationen hervorruft. Denn wenn Toprak nicht nach einer Standardsituation zur Stelle gewesen wäre, hätte Werder in Leverkusen mit ziemlicher Sicherheit kein Tor erzielt. Die Partie war eine „Abwehrschlacht“, eine erwartete noch dazu: „Mit der Taktik sind wir ja schon ins Spiel gegangen“, so Toprak. Die Defensive funktionierte dann auch einwandfrei, „wir haben das gut wegverteidigt und mannschaftstaktisch sehr gut gemacht“. Aber die eigenen Konterangriffe verkümmerten zumeist schon im Ansatz. Es ist ein bekanntes Bremer Problem, und Toprak weiß, dass Besserung noch Zeit brauchen wird. „Wir haben da alle Luft nach oben, müssen die Offensive jetzt Schritt für Schritt entwickeln.“ Und bis es vielleicht mal besser wird, werden Standardtore enorm helfen, Werder über Wasser zu halten.
Ein Blick in die Statistik verrät, wie abhängig Werder tatsächlich von diesen oft als „einfache Tore“ bezeichneten Treffern ist. Neun der bislang nur 17 Tore resultierten aus Standardsituationen – drei Elfmeter eingerechnet. Mit einem Wert jenseits der 50 Prozent liegen die Bremer an der Liga-Spitze, was allerdings angesichts der totalen Zahlen eine fragwürdige Ehre ist.
Die Rückkehr der Stürmer Niclas Füllkrug, Davie Selke und Milot Rashica nährt die Hoffnung, dass bald auch wieder Chancen und Tore aus dem Spiel heraus fallen, doch das Thema Standards wird an Wert deshalb nicht verlieren. Dass Ömer Toprak dabei regelmäßig zum Verwerter von Ecken und Freistößen wird, ist freilich nicht zu erwarten. Er nimmt sich selbst auf die Schippe und sagt: „Wenn man sieht, dass ich vor vier Jahren zuletzt getroffen habe, kann man kaum von einer Stärke sprechen...“
In der konkreten Situation in der 52. Minute sei dagegen alles exakt so geplant gewesen, wie es dann auch gelaufen ist. Topraks Schilderung: „Vor dem Freistoß habe ich zu Ludde (Ludwig Augustinsson, d. Red.) gesagt, dass er den scharf auf den ersten Pfosten ziehen soll. Da werde ich sein und mache ihn rein.“ Gesagt, getan.
Bremen ohne Werder - das ist unvorstellbar! Und das Profiteam, das in der Bundesliga um Punkte und Tore kämpft, ist das Herzstück des Vereins. Auf dieser Seite gibt es News, Fotos und Videos rund um die Werder-Profis.