
Frank Baumann hat eine klare Meinung zum Thema Wintertransfers. Werders Sportchef ist grundsätzlich nicht abgeneigt, in der kurzen Zeit zwischen Neujahr und dem 31. Januar Spieler zu verpflichten. Es muss aber, so führt Baumann seit Jahren aus, absolut passen für Klub und Spieler. Das klingt beim ersten Hören nach einer Selbstverständlichkeit. Aber wer die Aufgeregtheiten der Branche kennt und sich vergangene Wintertransfers – nicht nur bei Werder - anschaut, der muss sich über die eine oder andere Verpflichtung doch schon sehr wundern. Es werden im Winter eben doch auch Panik-Einkäufe und Fehlgriffe getätigt.
Ein Problem des Transfermarktes im Winter ist, dass die Auswahl an Spielern überschaubar ist. Zu haben sind Profis, die woanders nicht mehr gebraucht werden oder unzufrieden sind. Da muss schon vieles zusammenpassen, damit ein Wintertransfer tatsächlich ein Volltreffer wird. Bei Werders Wintereinkäufen in den vergangenen zehn Jahren fällt auf, dass die Trefferquote zuletzt gar nicht schlecht war. Während zum Ende der Allofs-Ära überproportional viele Fehlgriffe dabei waren (seine letzten Volltreffer waren der junge Mesut Özil im Januar 2008 und Zlatko Junuzovic 2012), sind Thomas Eichin im Januar 2014 und 2015 sowie Baumann im vergangenen Winter einige Top-Transfers geglückt. Wir haben Werders Wintertransfers seit Januar 2009 unter die Lupe genommen.
Volltreffer
Thomas Delaney (Januar 2017): So ein richtiger Wintertransfer ist der Däne eigentlich gar nicht, denn Werder hatte sich mit Delaney schon im Sommer zuvor über einen Wechsel nach Bremen geeinigt. Der Vertrag war längst unterschrieben, als Delaney vor zwölf Monaten seinen Dienst antrat. Fast vom ersten Tag an war er Anführer und Stammspieler.
Papy Djilobodji (Januar 2016): In England war der hünenhafte Senegalese nur Ersatz, bei Werder von Tag eins an gesetzt. Djilobodjis Spiel war nicht ohne Fehler, aber er war ein klares Update im Vergleich zu Lukimya. Dass man Djilobodji in Bremen nicht vergessen wird, liegt an zwei Szenen: zum einen die Kopf-ab-Geste in Richtung des Mainzers De Blasis nach einem Zweikampf, für die Djilobodji nachträglich gesperrt wurde. Und zum anderen für sein Siegtor gegen Eintracht Frankfurt, das Werder im Mai 2016 den Klassenerhalt sicherte. Der 29-Jährige spielt inzwischen beim französischen Erstligisten FCO Dijon.
Milos Veljkovic (Januar 2016): Wenn man bedenkt, dass die Bremer nur rund 300.000 Euro an Tottenham für die Dienste des Abwehrtalentes überweisen musste, ist das Preis-Leistungs-Verhältnis top. Dabei wäre Veljkovic im Herbst 2016 fast schon weg gewesen, Viktor Skripnik spielte mit dem Gedanken, Veljkovic fest bei der eigenen U23 zu belassen, aber dann musste Skripnik gehen und Alexander Nouri kam. Und der baute Veljkovic Schritt für Schritt zur Stammkraft auf.
Jannik Vestergaard (Januar 2015): Ähnlich wie Djilobodji und Delaney etablierte sich der Däne sofort als Anführer. 2,5 Millionen Euro Ablöse an Hoffenheim soll er gekostet haben, rund zwölf Millionen soll Werder von Gladbach eineinhalb Jahre später für ihn bekommen haben. Vestergaard war damit auf allen Ebenen, also sportlich wie finanziell, ein Super-Geschäft.
Zlatko Junuzovic (Januar 2012): Nach Philipp Bargfrede der dienstälteste Profi bei Werder. Dauerläufer, Kurz-Zeit-Freistoß-König, Kapitän – Junuzovic hat in 185 Pflichtspielen für Werder 20 Tore geschossen und 49 vorgelegt. Die damals investierten 800.000 Euro waren verdammt gut angelegtes Geld, auch wenn Werder zwischendurch für eine Vertragsverlängerung beim Gehalt ordentlich draufpacken musste.
Gute Ergänzung
Levin Öztunali (Januar 2015): Sein Talent ist unumstritten, seine Leistungen waren es nicht immer. In 46 Pflichtspielen schoss der Offensivmann zwei Tore und bereitete acht vor. Im Sommer 2016 wechselte er dann für angeblich fünf Millionen Euro zum FSV Mainz 05.
Koen Casteels (Januar 2015): Werder suchte im Januar 2015 immer noch den legitimen Nachfolger für Tim Wiese. Sebastian Mielitz war es nicht gewesen, Raphael Wolf auch nicht. Am 29. Spieltag übernahm Casteels dann erstmals in der Bundesliga für Werder, im Nordderby gegen den HSV hielt er beim 1:0 seinen Kasten sauber. Casteels machte seinen Job sehr solide, musste dann aber vereinbarungsgemäß zum VfL Wolfsburg, der ihn ein halbes Jahr zuvor von Hoffenheim geholt und bei Werder quasi nur geparkt hatte.
Mitläufer
Alexandros Tziolis (Januar 2009): Für Werder machte er in nur einem halben Jahr 27 Pflichtspiele in der Liga, im DFB-Pokal und im Uefa-Cup. Beeindruckend die Stationen, die auf das halbe Jahr in Bremen folgten: zurück zu Panathinaikos, dann AC Siena, Racing Santander, AS Monaco, APOEL Nikosia, PAOK Saloniki, Kayserispor, wieder PAOK, Heart of Midlothian und Al-Feiha FC in Saudi-Arabien.
Sandro Wagner (Januar 2010): 350.000 Euro bezahlte Werder für den U21-Europameister, der für Werder in 36 Pflichtspielen fünf Tore schoss, davon vier innerhalb von nur zwei Wochen. Der Durchbruch gelang ihm trotzdem nicht. Heute ist er den Bayern einen zweistelligen Millionen-Betrag wert.
Aymen Abdennour (Januar 2010): Der Sprung von der tunesischen ersten Liga in die Bundesliga war für den damals 20-jährigen Abwehrmann zu groß. Werder setzte ihn in sechs Spielen als Linksverteidiger ein. Groß heraus kam Abdennour als Innenverteidiger: Vom FC Toulouse wechselte er zum AS Monaco. Seine weiteren Klubs waren der FC Valencia und Olympique Marseille, wo er nach Startschwierigkeiten inzwischen relativ regelmäßig zum Einsatz kommt.
Fehlgriffe
Marko Futacs (Januar 2009 von AS Nancy): Drei Tore schoss der Ungar beim 4:1-Sieg über Jahn Regensburg; es sollten aber die einzigen Treffer bleiben. Spielt heute bei Hajduk Split.
Jose Ikeng (Januar 2009 vom VfB Stuttgart II): Spielte nie für die Profis. Zurzeit ohne Verein.
Samuel (Januar 2011 vom FC Sao Paulo): Der brasilianische Innenverteidiger schaffte es nicht ein einziges Mal überhaupt in den Spieltagskader.
Predrag Stevanovic (Januar 2011 vom FC Schalke 04 II): Drei Bundesliga-Einsätze am Ende der Saison 2010/2011. Spielt heute bei Wattenscheid 09.
Denni Avdic (Januar 2011 von IF Elfsborg): Zwei Millionen Euro teuer, aber sportlich ohne Wert. Spielt heute in Schweden.
Francois Affolter (Januar 2012 von YB Bern): Verließ Werder nach 13 Spielen schon im folgenden Sommer wieder. Spielt jetzt in Kalifornien bei den San Jose Earthquakes.
Mateo Pavlovic (Januar 2013 von NK Zagreb): In Bremen ohne Chance, kommt er jetzt beim SCO Angers in der ersten französischen Liga relativ regelmäßig zum Einsatz.
Ludovic Obraniak (Januar 2014 Girondins Bordeaux): Im Gedächtnis bleibt sein schönes Freistoßtor gegen Mönchengladbach kurz nach seinem Debüt. Viel mehr Glanzlichter setzte der 1,5-Millionen-Einkauf aber nicht. Kämpft heute mit Auxerre um den Klassenerhalt in der zweiten französischen Liga.
Laszlo Kleinheisler (Januar 2016 von Videoton FC): Schoss Ungarns Nationalmannschaft zur EM und spielte auch ein ordentliches Turnier, setzte bei Werder aber keine echten Akzente. Spielt heute beim FC Astana in Kasachstan.
Sambou Yatabaré (Januar 2016 von Olympiakos Piräus): 2,5 Millionen Euro teuer, konnte sich bei Werder aber nicht durchsetzen. Spielte mal ganz vorn, mal im Mittelfeld, mal defensiv und zuletzt nur noch für die U23. Ist noch bis zum Sommer an Royal Antwerpen ausgeliehen.
Bremen ohne Werder - das ist unvorstellbar! Und das Profiteam, das in der Bundesliga um Punkte und Tore kämpft, ist das Herzstück des Vereins. Auf dieser Seite gibt es News, Fotos und Videos rund um die Werder-Profis.