
Herr Bruchhagen, 30 Millionen Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren bekommt Werder von der Wohninvest Holding GmbH dafür, dass das Stadion künftig „Wohnivest Weserstadion" heißt. Ist das ein gutes Geschäft?
Heribert Bruchhagen: Stand jetzt, ja. In fünf Jahren werden Journalisten des WESER-KURIER entweder schreiben, es war ein guter Deal, oder sie werden fragen, wie konnte man nur? Es ist heute schwer einzuschätzen. In jedem Fall ist ein langfristiger Vertrag für den Namensgeber sinnvoll.
Weil es lange dauert, bis sich der Begriff Weserstadion ein bisschen aufweichen lässt im Hinblick auf den Sponsor. Weserstadion ist in Stein gemeißelt, deswegen wird ein Sponsor Jahre dafür brauchen, um Effizienz zu erzielen. Das Beispiel Frankfurt zeigt aber, dass es möglich ist: Die Commerzbank ist seit fast 14 Jahren dabei und der Begriff hat sich verfestigt. In Hamburg hingegen weiß keiner, wie die Arena heißt, so oft wie der Name verändert wurde.
Allein die Tatsache, dass Sie mich zu diesem Thema befragen und sich ihm zuwenden, führt dazu, dass auf einmal viele Menschen in Norddeutschland mit dem Namen Wohninvest etwas anfangen können. Wahrscheinlich wird es eine länger andauernde Diskussion geben, die über traditionelle PR-Maßnahmen nicht zu entfachen gewesen wäre. Die Marketingfachleute des Unternehmens werden sich das genau überlegt haben, sonst hätten sie es nicht gemacht.
Ich bin ein konservativer Fußballanhänger und überzeugt davon, dass Marco Bode und Frank Baumann, die ich beide gut kenne, ebenfalls konservativ sind in ihren Ansichten. Aber die Wettbewerbsfähigkeit Werder Bremens muss gewährleistet sein. Sie werden in einem Zwiespalt gesteckt haben, um sich dann aus Verantwortung dafür zu entscheiden. Manchmal muss der eingefleischte Fan akzeptieren, was die Geschäftsführung beschließt. Sie tun das ja nicht, weil sie keine Fußballfans sind, sondern weil sie den Klub wettbewerbsfähig halten müssen.
Es stürzt ja nicht der Verein Werder Bremen ein. Das Weserstadion steht für sich, die Erschütterung der konservativen Fans sollte sich in Grenzen halten.
Die Frage kann ich nicht beantworten. Ich bin nur einmal, 2004 in Frankfurt, mit dieser Thematik konfrontiert worden. Nachdem wir die Commerzbank gefunden hatten, ging es anschließend nur noch darum, diesen Vertrag zu verlängern.
Ich traue der Geschäftsführung Werders zu, dass sie die richtige Dosierung gefunden hat.
Ein Immobilienunternehmen ist ja nichts Unanständiges, es ist Teil unserer Gesellschaft. Da sehe ich kein Problem. Und Werder ist ein Verein wie jeder andere auch. Ich bin zweimal, mit Frankfurt und dem HSV, die Rampe zum Weserstadion heruntergefahren, nirgendwo sind so viele Flaschen und Gegenstände gegen den Bus geflogen wie in Bremen. Uns ist eine Aggressivität aus dieser hochgelobten grünen Wand entgegengeschlagen, wie ich es selten erlebt habe. Die Besonderheit Werder Bremens konnte ich da nicht erkennen.
Das sind alles Bestandteile unserer Gesellschaft, sie alle ziehen aufgrund ihrer Tätigkeit eine gewisse Notwendigkeit nach sich. Wo sollte es da ein Tabu geben? Suche ich eine Wohnung in Bremen, muss ich mich an einen Immobilienmakler wenden. Ich kann ja nicht durch die Straßen laufen und sagen, ich brauche eine Wohnung. Es gibt Dienstleister, die man benötigt.
Große Teile der Bremer Fanszene sind links, dort gibt es einen Aufschrei aufgrund des Verkaufs und auch ob des Unternehmens.
Wo gibt es den Aufschrei? Im Internet? Da gibt es immer ein paar Leute, die unzufrieden sind. Ich bin sicher, dass Sie ein ganz anderes Bild bekommen, wenn Sie in die Bremer Innenstadt gehen und die Menschen dort befragen. Bode, Baumann, Klaus Filbry und Hubertus Hess-Grunewald treffen Entscheidungen nicht leichtfertig, sie werden das in ihrer Verantwortung sehr genau abgewogen haben. Davor sollten die Fans Respekt haben, und nicht vor dem, was nachts im Internet gepostet wird.
Heribert Bruchhagen (70) kennt die Bundesliga wie kaum jemand. 1989 fing er als Manager beim FC Schalke an. Danach arbeitete er für den Hamburger SV und Arminia Bielefeld, ehe er von 2001 bis 2003 als Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga fungierte. Von 2003 bis 2016 war Bruchhagen Vorstandsvorsitzender bei Eintracht Frankfurt, von Dezember 2016 bis März 2018 bekleidete er diesen Posten beim HSV.
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