
Dieter Burdenski: Nachdem ich 1972 zu Werder gewechselt bin, haben wir in jedem Jahr gegen den Abstieg gespielt. Mit diesem ständigen Szenario musste Werder leben. Wir haben uns damals entweder zwei Spieltage vor Ende gerettet oder erst einen. Dass es irgendwann mal nicht klappt, war absehbar.
Nein, wir hatten in der Saison auch Spiele, die wir Zuhause grandios mit 4:0 gewonnen haben. Die Entscheidung fiel auch damals erst gegen Ende. Wir waren lange gut dabei, sind dann aber eingebrochen.
Das ist schwierig. Zehn Spiele hat Werder jetzt Zuhause nicht mehr gewonnen, das ist schon eine Leistung. Das gab es bei uns damals nicht. Wir hatten damals kein individuell gut besetztes Team, wir mussten viel mit Kampfgeist kompensieren. Wir haben das geleistet, was die Möglichkeiten hergaben.
Nicht weniger schlimm. Die Summen insgesamt waren nur kleiner, finanzielle Probleme hatte ein Abstieg aber auch zur Folge. Werder musste sich damals strecken – und kreativ sein. Rudi Assauer hatte ein gutes Näschen für Spieler, er holte Erwin Kostedde oder Klaus Fichtel. Eigentlich waren die schon über ihren Zenit hinaus, für die 2. Liga aber passten sie perfekt. Und sie waren ablösefrei. Dazu kam mit Otto Rehhagel ein exzellenter Trainer.
Das war er, es gab kein anderes Ziel. Trotzdem haben wir uns zu Beginn sehr schwer getan. Wir dachten, als Absteiger würden wir die 2. Liga dominieren. Zunächst gab es aber richtig auf die Nase. Dass da andere Qualitäten gefragt waren, mussten wir erst erleben und erlernen. Dass das bis heute so, zeigen der HSV, Hannover oder Stuttgart, die eine Menge Probleme haben trotz wirtschaftlich guter Voraussetzungen im Vergleich zu vielen anderen Klubs.
Lege ich das 1:4 gegen Leverkusen zu Grunde, wird mir angst und bange. Das war ein Offenbarungseid und lässt sich nicht mehr schönreden. Wir sind ja schon länger in einer brenzligen Situation, die sportliche Führung ist gefordert, sich mit dem Abstieg auseinanderzusetzen. Diese konkrete Auseinandersetzung mit der schwierigen Situation fehlt mir. Es gibt viele nette Worte und die Spieler werden auch alle ganz lieb behandelt. Konkret verändert hat sich durch die lange Pause nichts. Darum fehlt mir der Glaube daran, dass Werder die Klasse hält.
Ich mag Frank sehr gerne. Wenn er da eine Handschrift gesehen haben will, muss ich sagen: Ich nicht. Dass Frank seine Entscheidungen nach außen vertreten muss, verstehe ich und auch, dass er dabei einiges schönredet. Dass die Menschen, denen Werder am Herzen liegt, das auch so sehen, kann ich mir nicht vorstellen. Das geht nur mit einer großen Menge Euphorie. Es kann immer sein, dass etwas nicht läuft. Dann muss man etwas verändern, damit es wieder läuft. Diese Veränderungen sehe ich bei Werder nicht.
Nach außen zu erkennen ist das nicht. Dass es das intern gibt, glaube ich auch nicht. Das Verhältnis der Führungskräfte untereinander bei Werder ist einmalig im deutschen Fußball. Und das sage ich nicht, weil ich den Verantwortlichen oder dem Verein etwas Böses will. Ich bin in Bremen geboren, ich lebe in dieser Stadt, der Verein ist für mich ein unheimlich wichtiger Faktor. Wenn ich etwas kritisiere, dann nicht, um Werder zu schaden. Es gibt ja nur wenig Kritik in Bremen, in anderen Städten hätte es längst gebrannt.
Was wir alles haben. Einen riesen großen Trainer-Stab, einen Koch, einen Psychologen, Videoassistenten, einen Motivationstrainer. Auf dem Platz sehe ich keinen Effekt. Was bewegen die alle? Sie belasten die finanzielle Struktur des Vereins. Die Geschäftsführung setzt sich mit den Problemen auseinander, sie tun nur nichts. Sie lassen es laufen und hoffen und beten, dass der Knoten endlich platzt. Das passiert nur nicht. Werder ist ein Wirtschaftsunternehmen, an dem viele Arbeitsplätze hängen. Da reicht es nicht, nur zu hoffen statt etwas zu verändern.
Die Aussage ist schön. Wenn es zum Abstieg kommt, werden sich die Verantwortlichen dafür vielen Fragen und harter Kritik stellen müssen. Sie schauen tatenlos zu, wie das Schiff langsam sinkt, und die Rettungsboote werden nicht ausgeholt. Wenn ich ein Feuer entdecken könnte in der Mannschaft, würde ich an die Chance auf Rettung glauben. Aber da ist ja nicht mal ein Funke zu erkennen. Wenn die Spieler sich hinter den Trainer stellen mit ihren Aussagen, sollen sie es auf dem Platz zeigen. Aber da sehe ich nichts.
Ob ich das so sehe, interessiert bei Werder niemanden. Blickt man zurück, lässt sich ein Muster erkennen. Viktor Skripnik hat Werder in einer schwierigen Situation übernommen, gerettet und hatte Erfolg. Als es nicht mehr lief, kam Alexander Nouri, hatte kurzfristig Erfolg und musste dann gehen. Dann hat es sich mit Florian Kohfeldt wiederholt. Normalerweise müssten sie jetzt wieder einen Wechsel vornehmen, Marco Grote, der Erfolgstrainer aus dem Leistungszentrum, würde ins Muster passen, nach dem bisher in diesen Situationen gehandelt wurde. Es ist schwer zu verkaufen, dass Kohfeldt der beste Trainer sein soll, wenn man diese Saison sieht.
Es gibt so viele Trainer auf dem Markt. Und die, die bei Werder darüber entscheiden, sind alles gut bezahlte Experten. Als Geschäftsführung muss ich mir immer Gedanken machen und vorbereitet sein, falls es mal nicht läuft. Ein Plan B muss immer im Kopf sein, auch wenn er nie zum Einsatz kommt. Ob ich den richtigen Trainer sehe, interessiert nicht.
Ich glaube, das ist so. Sie haben ihr Konzept im Kopf und ziehen das gnadenlos bis zum bitteren Ende durch. Dabei wünsche ich ihnen Glück. Mich hinstellen und sagen, was die Geschäftsführung da macht ist richtig und ich unterstütze das, kann ich aber nicht. Dann wäre ich nicht ich. Meine Meinung muss ich äußern dürfen, ohne dass man mich anfeindet und sagt, damit würde ich dem Verein schaden. Was natürlich Quatsch ist, das Gegenteil ist der Fall.
Es geht doch nicht um die Menschen, nicht um Kohfeldt als Mensch, nicht um Baumann oder Bode, es geht um die Sache. Der sportliche Bereich liegt darnieder und seit Monaten wird immer dasselbe geredet, es hat sich aber null verändert, null. Dass das in der Führung so hingenommen wird, erschreckt mich. Hoffen kann man, Kerzen in der Kirche anstecken auch. Bei mir überwiegt aber die Angst vor dem Abstieg, wenn ich die Leistungen sehe. Übrigens: Die Art und Weise, wie die Zuschauer und Fans das mittragen, davor habe ich höchsten Respekt! So liebe und nette Fans, das gibt es in keiner anderen Stadt.
Im Fußball haben wir schon die unglaublichsten Dinge erlebt. Möglich, dass Werder drei Punkte in Freiburg holt. Ich befürchte, dass die Spieler die vielen Misserfolge nicht aus dem Kopf kriegen. Das funktioniert leider nicht wie ein Lichtschalter, einfach an- oder ausschalten. Es sind Menschen, keine Maschinen, mit Herz und Seele. Kein Spieler ist nach so einer Serie, wie Werder sie gerade hinlegt, noch derselbe.
Bremen ohne Werder - das ist unvorstellbar! Und das Profiteam, das in der Bundesliga um Punkte und Tore kämpft, ist das Herzstück des Vereins. Auf dieser Seite gibt es News, Fotos und Videos rund um die Werder-Profis.