
Das sind doch mal Ansagen: Wir werden in Worms gewinnen (Florian Kohfeldt). Oder Europa ist möglich (Davy Klaassen). Oder: Man spielt nicht im Pokal, um das Halbfinale zu erreichen (derselbe). Reichlich ungewohnte Töne von der Weser? Ich meine nein, nur reichlich lange nicht gehört. Zu Zeiten der Herren Micoud, Davala, Krstajic hatte die Mannschaft auch so etwas wie eine natürliche Auftrittsarroganz. Man trat an, um attraktiven Fußball zu spielen und zu gewinnen. Das gelang freilich nicht immer, aber immer öfter. Dahinter stand nichts anderes als die Überzeugung vom eigenen Können und dem der Mitspieler. Es waren halt zu einem erheblichen Teil Weltklasseleute am Start. Und ein Trainer mit einer fixen Idee.
Zuvor in den Nach-Rehhagel-Jahren war’s doch eher dünne. Der bunte Vogel aus Holland stand an der Spitze einer Reihe von Missverständnissen, Werder war eine graue Maus geworden. Nicht anders nach dem Ende des kongenialen Duos Schaaf/Allofs. Geschichte wiederholt sich eben manchmal doch. Dutt, Skripnik, Nouri hielten den SVW so gerade überm Strich. Nun ist plötzlich eine Euphorie in und um die Stadt wie ich sie in 22 Jahren im Weserstadion eigentlich nur zweimal erleben durfte. Zum Start der Doublesaison und in jenen legendären 19 Hamburger Tagen 2009. Werder ist wieder wer, oder etwas vorsichtiger, Werder könnte wieder wer werden.
Wer ist dafür verantwortlich? Aus meiner Sicht in erster Linie Frank Baumann, gebürtiger Franke und gelernter Sozialversicherungsfachangestellter, schon zu seiner aktiven Zeit als Fußballer einer der meist unterschätzen Kicker Deutschlands. Ruhig, unaufgeregt, zielgerichtet. Sowie Klaus Filbry, gebürtiger Münsteraner, Sportökonom, Halbprofi bei Wigan Athletics in England, ruhig, unaufgeregt, zielgerichtet. Die anderen müssen erst noch liefern, die Herrschaften in den grün-weißen Buxen. Mit einer Ausnahme: Florian Kohfeldt hat sein Gesellenstück schon gemacht in der vergangenen Saison. Jetzt hat er „seine“ Mannschaft zusammen und strotzt nur so vor gesundem, nicht überheblichem Selbstbewusstsein. Gut so, allen Bedenkenträgern zum Trotz.
Nun also Pokal. Da war doch was? Na ja, zuletzt war da nicht mehr wirklich viel, ich sage nur Pirmasens, Uerdingen, Bielefeld, Heidenheim, Münster, Lotte. Der Pokal hat von mir aus seine eigenen Gesetze, aber was Werder angeht eigentlich immer nur das Gesetz: Wir scheiden entweder blamabel aus oder kommen mindestens bis ins Halbfinale. Wir können also theoretisch Pokal und sollten das heuer auch mal wieder praktisch anwenden. In Heimspielen seit Frankfurt 1988 in diesem Cup ohnehin quasi unschlagbar. Also Jungs, Ihr habt es in den Füßen, der Bremer Pokalerfolgsstory ein paar nette Kapitel hinzuzufügen.
Und in der Bundesliga? Hannover, Frankfurt, Nürnberg – wenn du wieder mal nach Mailand oder London willst, solltest du nach diesen Spielen mal mindestens sieben Punkte haben. Der geneigte Leser dieser Zeilen wird in mir jetzt vielleicht einen Euphoriker ausgemacht haben. Ich bekenne mich zwar zutiefst schuldig und trete gleichviel hier weiter aufs Gas. Denn ich stehe hier und kann nicht anders (Martin Luther, Früh-Werderaner). Mahlzeit!
Bremen ohne Werder - das ist unvorstellbar! Und das Profiteam, das in der Bundesliga um Punkte und Tore kämpft, ist das Herzstück des Vereins. Auf dieser Seite gibt es News, Fotos und Videos rund um die Werder-Profis.