
Im ersten Moment wirkte Florian Kohfeldt durchaus irritiert, denn dort, wo sonst während der Pressekonferenzen des SV Werder Bremen die aktuelle Bundesligatabelle angezeigt wird, sah man dieses Mal: nichts. Die Techniker hatten offenbar vergessen, den großen Monitor im Medienraum des Weserstadions anzuschalten, auf dessen Bild der Trainer gerne mal Bezug nimmt, wenn er über die bevorstehenden Aufgaben seiner Mannschaft spricht. Vor dem Auswärtsspiel bei Hertha BSC (Samstag, 18.30 Uhr) fiel das aus, was Kohfeldt spontan für sich nutzen wollte.
„Wenn ich die Tabelle nicht sehe, kann ich die Frage nicht beantworten“, scherzte er, als er nach der Lage im Abstiegskampf gefragt worden war, um dann doch gewohnt ausführlich Auskunft zu geben. Tenor: Werder ist im Soll, die Gefahr aber lange nicht gebannt. „Ich würde nicht von Sicherheit sprechen“, sagte Kohfeldt, der mit seiner Mannschaft gleich zu Beginn der Rückrunde aber sehr große Schritte in diese Richtung machen könnte.
Ein Blick auf den Spielplan zeigt, dass der Tabellen-13. Werder nun nacheinander gegen den 14. Hertha BSC, den 18. Schalke 04 und den 15. Arminia Bielefeld antritt. Gegen direkte Konkurrenten also, was mögliche Punktgewinne doppelt wertvoll macht. Im Idealfall könnte sich das Thema Tabellenkeller nach der ersten Februar-Woche sogar fast schon erledigt haben.
Ein Szenario, das sich der Trainer selbstredend wünscht – das er öffentlich aber ganz weit von sich schob. „Ich wäre in höchstem Maße unprofessionell, wenn ich auch nur eine Sekunde lang weiter denken würde, als bis Samstag, 18.30 Uhr“, sagte Kohfeldt, der darauf verzichtete, die ersten Spiele der zweiten Saisonhälfte en bloc als richtungsweisend auszurufen. Stattdessen: Alle Blicke auf Berlin! „Ich darf keine Energie darauf verwenden, darüber nachzudenken, was nach Hertha kommt“, betonte der Coach. „Nach diesem Spiel haben wir wieder eine neue Situation. So oder so.“ Es soll natürlich eine sein, „mit der wir unseren positiven Trend fortgesetzt haben“.
Aus den letzten drei Partien der Hinrunde hatten die Bremer ordentliche vier Punkte geholt und damit den Anschluss ans Tabellenmittelfeld wiederhergestellt. Und trotzdem war der 17. Spieltag zumindest punktetechnisch ein Dämpfer gewesen. Selbst hatten die Bremer trotz überzeugender Leistung mit 0:1 in Gladbach verloren, die Konkurrenz aus Köln und Bielefeld feierte derweil Siege und rückte wieder näher heran. Drei Punkte Vorsprung sind es derzeit aber immer noch auf den Relegationsplatz, allerdings stolze elf auf die direkten Abstiegsränge, was erstmal beruhigt. „Es ist ein gewisser Vorsprung da“, hielt Sportchef Frank Baumann fest.
Ein Grund nachzulassen, sei das aber nicht. In der Hauptstadt sollen möglichst die Punkte 19, 20 und 21 folgen – gegen eine Hertha-Mannschaft, die vor der Saison wohl kaum jemand so weit unten in der Tabelle erwartet hätte, vor allem nicht sie selbst. „Sie gehören nicht da hin, wo sie stehen“, sagte Kohfeldt und lobte die „große individuelle Qualität“ der Berliner, die im Kollektiv bisher aber nur selten zu überzeugen wussten. Hatte es nach dem deutlichen 4:1-Hinspielsieg in Bremen noch nach einer verheißungsvollen Saison ausgesehen, dürfte der selbsternannte „Big City Club“ sämtliche Träumereien inzwischen beerdigt haben. Fan-Proteste, Druck auf die Vereinsführung und auch Trainer Bruno Labbadia in der Kritik – das ist Berliner Realität im Januar 2021.
In Bremen geht es verglichen damit seelenruhig zu, weil nach dem Fast-Abstieg im Vorjahr niemand eine deutlich bessere Saison von Werder erwartet hatte. „Hertha hat öffentlich andere Ziele formuliert“, sagte Kohfeldt, der mit einem angeschlagenen Gegner rechnet, „der alles geben wird, was er hat, um das Spiel zu gewinnen“. Der Coach ist aber auch überzeugt davon, dass es seine Mannschaft der Hertha nicht so leicht machen wird wie im Hinspiel.
In Gladbach sei Werder „schon ziemlich nah dran gewesen, an dem, was wir leisten können“. Deshalb war der Ärger so groß, dass es nicht zu Punkten gereicht hat. Samstagabend, gegen 20.20 Uhr, soll das anders sein. Dann soll auch die Ausbeute wieder passen. Und vielleicht wird vor dem Heimspiel gegen Schalke dann ja auch die Tabelle wieder auf dem Flachbildschirm im Medienraum gezeigt.
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