
Am Ende ging alles ganz schnell. Vor vier, fünf Wochen tauschten sich Tim Steidten und Simon Rolfes bei einem Hintergrundgespräch über Klubstrukturen und Sportdirektor Rolfes' Pläne mit Bayer 04 Leverkusen aus. Der Verlauf des Gesprächs nahm dann aber eine andere Wendung, vielleicht zufällig, vielleicht von Rolfes so gewollt. Letztlich stand eine konkrete Anfrage im Raum, die Steidten jetzt angenommen hat. Nachdem Mein Werder von Steidtens Abgang berichtet hatte, gaben sowohl Werder als auch Bayer die Personalie am Donnerstag offiziell bekannt.
„Tim hat ein sehr gutes Angebot bekommen. Wir haben uns gut und vernünftig mit ihm geeinigt. Für die Transferphase ist bereits viel vorbereitet, wir werden diese Arbeit nun mit unserer sehr gut aufgestellten Scoutingabteilung sowie Clemens Fritz und unserem Justiziar Tarek Brauer zu Ende führen“, erklärte Sportchef Frank Baumann. Steidten sei schon nicht mehr für Werder aktiv. Am 1. Juli nimmt er dann offiziell seine Arbeit in Leverkusen auf. Dort soll der 40-Jährige die Scoutingabteilung neu strukturieren – und natürlich mögliche Transfers einfädeln. Darum geht es schließlich in Steidtens Metier: Dinge filtern und vorbereiten, den Entscheidungsträgern Vorschläge unterbreiten und dann auch Gespräche mit potenziellen Kandidaten sowie deren Beratern führen.
Die Kaderplaner treten immer mehr heraus aus ihrer Nische. Sven Mislintat, Michael Reschke, Jonas Boldt, Johannes Spors oder Timon Pauls sind ein paar dieser Namen, die in letzter Zeit immer häufiger zu lesen waren. Und natürlich Tim Steidten. Zwölf Jahre hat er für Werder gearbeitet, erst als Scout, dann als Chef der Scoutingabteilung und als Kaderplaner. Seit Ende vergangener Woche ist dieses Kapitel für Steidten beendet. Mit nach Leverkusen nimmt er ein fundiertes Wissen über Werders aktuellen Kader und die Zukunftspläne der Bremer. „Es ist aber so ein großes Vertrauensverhältnis da, dass die Verantwortlichen wissen: Ich werde dem Verein Werder Bremen damit nicht schaden“, versicherte Steidten gegenüber Mein Werder.
Mit Steidtens Start in Leverkusen beginnt offiziell auch die Sommer-Transferperiode. Steidten sieht den Zeitpunkt seines Wechsel dennoch nicht als Problem und sprach von Werder immer noch in der Wir-Form: „Wir werden auf der Kaufseite ohnehin nicht zu viel machen und sind da sehr gut aufgestellt, weil wir in den vergangenen Wochen und Monaten viel vorgearbeitet haben.“ Es ist Steidten wichtig zu betonen, dass er den Klub in schwierigen Zeiten nicht einfach so verlassen hätte. Da Werder nun aber im sportlichen Bereich gut aufgestellt sei, biete sich die Gelegenheit für einen sauberen Schnitt. Innerbetriebliche Störungen habe es nicht gegeben, erklärte Steidten. „Im Gegenteil: Frank Baumann war immer meine wichtigste Bezugsperson, die mich weiterentwickelt hat und mit der es immer einen vertrauensvollen Austausch gab." Steidtens neue Bezugsperson heißt nun Simon Rolfes. Mit dem Bayer-Sportdirektor spielte er einst zusammen in Werders A-Jugend. Steidten hatte schon in den vergangenen Jahren Anfragen von anderen Klubs, lehnte diese jedoch ab, seinem Kumpel Rolfes sagte er nun zu. „Ohne ihn“, sagte Steidten, „wäre ich jetzt nicht bei Bayer Leverkusen.“
Und was macht Werder ohne Steidten? In Bremen überlegen sie nun, die Bereiche Scouting, Analyse und Kaderplanung auf verschiedene Schultern zu verteilen, um Sportchef Baumann bestmöglich in seiner Arbeit unterstützen zu können. Ehrenspielführer Fritz, der aktuell ein Trainee-Programm bei Werder absolviert, sollte in diesem Bereich ohnehin stärker eingebunden werden. „Wir werden uns dazu in den nächsten Tagen und Wochen Gedanken machen. Qualität geht hier vor Schnelligkeit, wir wollen das bestmögliche Ergebnis für Werder. Deshalb werden wir in Ruhe überlegen, wie wir den Verein im Bereich Scouting, Analyse und Kaderplanung für die Zukunft aufstellen", blickte Baumann voraus.
Schon einmal hat Werder einen Kaderplaner verloren und den Abgang gut aufgefangen: Im Februar 2016 ging Rouven Schröder zum FSV Mainz 05, danach wurde Steidten befördert. Auch nach Steidtens Abschied werde der Verein jetzt gute Lösungen finden, zeigte sich Klaus Allofs überzeugt. Allofs war von 1999 bis 2012 bei Werder für den sportlichen Bereich verantwortlich und arbeitete dann von 2012 bis 2016 als Geschäftsführer Sport für den VfL Wolfsburg. Einen Kaderplaner hatte er dabei jeweils nicht an seiner Seite. „Natürlich gab es da schon Leute, die ähnliche Aufgaben übernommen haben. Die Funktion des Kaderplaners wurde irgendwann neu geschaffen, und sie ist sicherlich sinnvoll, um Dinge zu planen und zu koordinieren“, sagte Allofs. „Am Ende entscheidet aber der Sportchef. Deshalb ist es keine Katastrophe, wenn der Kaderplaner den Verein verlässt, es sei denn, er ist jemand mit ganz viel Input und ganz vielen Ideen, die unverzichtbar sind.“ Normalerweise sei ein Spielertransfer allerdings immer eine gemeinschaftliche Arbeit, verdeutlichte Allofs. „Das ist Teamwork, und der Kaderplaner ist ein Teil des Teams.“
Außerdem nehme der Kaderplaner zwar wertvolles Wissen mit, „aber so viele große Geheimnisse gibt es in der Bundesliga auch wieder nicht“, sagte Allofs, der einst selbst von Bremen nach Wolfsburg ging. „Mit diesen Personalwechseln muss man leben. Die sind in dem Geschäft normal.“
Bremen ohne Werder - das ist unvorstellbar! Und das Profiteam, das in der Bundesliga um Punkte und Tore kämpft, ist das Herzstück des Vereins. Auf dieser Seite gibt es News, Fotos und Videos rund um die Werder-Profis.