
Würde Werder den ursprünglichen Plan mit Jiri Pavlenka umsetzen, am Ende der Saison wäre seine Zeit in Bremen nach drei Jahren vorüber. „Wir gehen nicht davon aus, dass Pavlenka nächsten Sommer geht. Es ist eher der Plan, dass er in zwei Jahren geht„, sagte Florian Kohfeldt Ende Juli 2018 in einem Gespräch mit dem WESER-KURIER. „Das ist mit Pavlenka besprochen, so ist auch seine eigene Planung.“ Im Sommer 2020 also, im nächsten Jahr, wäre dieser Zeitpunkt. Dass dieser Plan umgesetzt wird, danach sieht es im Herbst 2019 aber nicht aus.
Fußball, dieser Satz ist eine Binsenweisheit, ist Tagesgeschäft. Zwei Jahrespläne lassen sich nicht aufstellen, auch wenn eine solche Berechenbarkeit für die Klubs vieles einfacher machen würde. „Wenn Jiri seine Leistung zwei weitere Jahre bestätigt, dann ist er einfach so weit", sagte Kohfeldt damals auch. Und da liegt zumindest zum Teil eine Erklärung, weshalb Pavlenka, dessen Vertrag bis 2021 läuft, derzeit kein Kandidat ist, um mit einem Wechsel eine größere Ablösesumme einzuspielen. Seine Leistungen schwanken seit längerer Zeit zu sehr, es fehlt die Konstanz auf hohem Niveau, um das Interesse eines Top-Klubs zu wecken.
Besonders augenfällig war das beim 2:2 gegen Freiburg. Als er sich zuerst den Ball so unpräzise vorlegt, dass Nils Petersen den folgenden Abstoß blocken und dann zum 1:1 ins leere Tor schieben konnte. Auch beim späten Ausgleich wirkte Pavlenka unkonzentriert. Im folgenden Spiel gegen Mönchengladbach war er zu zögerlich, woraus das 0:2 resultierte. Es waren Situationen, in denen Pavlenka fahrig und nervös wirkte.
Christian Vander, Werders Torwarttrainer, arbeitet seit Sommer 2017 mit Pavlenka, als Werder ihn für drei Millionen Euro von Slavia Prag holte. Die Fehler gegen Freiburg und Mönchengladbach will Vander richtig eingeordnet wissen. Für ihn will Pavlenka schlicht zu viel: „In den Situationen waren es zwei Entscheidungsfehler, die passieren und die daraus resultieren, dass er sich zu viel Druck gemacht hat, weil er für uns die Spiele gewinnen wollte, um mit Werder erfolgreich zu sein."
Nun ist Pavlenka bei weitem nicht der einzige, der Fehler macht. Woche für Woche scheitert Werder daran, die sieglose Serie zu beenden, weil mal wieder jemand patzt. Nur war bei Pavlenka die Hoffnung und auch Erwartung, er würde sich zu einem Torwart entwickeln, dem diese Fehler nicht unterlaufen. Diese Entwicklung hat sich nicht in der erhofften Geschwindigkeit eingestellt.
Vander will Pavlenkas Beurteilung in dieser Saison nicht auf die beiden Spiele herunterbrechen. Er sagt: „Vor ein paar Wochen in Dortmund und bei Union Berlin hat er genauso wie in Frankfurt gute Spiele gemacht und die Punkte festgehalten. Jetzt nach den Spielen, in denen ihm Fehler unterlaufen sind, die uns auch Punkte gekostet haben, alles in Frage zu stellen, ist absolut verkehrt."
Und doch scheint das Trainer-Team Konsequenzen aus den beiden genannten Spielen gezogen zu haben, beziehungsweise aus dem ersten Fehler gegen Freiburg: In Mönchengladbach lief der Spielaufbau nicht mehr über Pavlenka. Statt als Anspielstation zu fungieren, schlug er die Bälle einfach nach vorne. Vander bestreitet, dass sich die Anweisungen an Pavlenka nach dem Fehler gegen Freiburg gewandelt haben: „Wir werden an unserer Spielidee nichts verändern. Gerade beim Entscheidungsverhalten, wann welcher Ball gespielt wird. Wir haben in dieser Saison aber auch bereits Tore aus guten Spieleröffnungen erzielt und deswegen sind wir von unserem Weg überzeugt."
Und es gibt noch etwas, das Kritik bemängeln: fehlende Ausstrahlung. Eine Körpersprache, die Erfolg signalisiert. Das konsequentere und körperbetonte Auftreten im eigenen Strafraum. Gearbeitet haben sie bei Werder daran. Pavlenka ist mittlerweile Teil des Mannschaftsrats, was seiner Stimme mehr Gehör und Gewicht verschaffen soll. Man sieht jetzt häufiger Szenen im Spiel, in denen aus dem ruhige Jiri ein schreiender wird. Insgesamt geht da aber noch mehr, geben sie bei Werder zu.
Dass Pavlenka ein guter Torhüter ist, wird niemand ernsthaft bestreiten. Die Frage ist, ob er auch ein sehr guter ist. Und folglich einer, an dem Werder beim Weiterverkauf eine zweistellig Millionensumme verdient. Mittlerweile gibt es auch im Klub einige, die einen solchen Marktwert bezweifeln. Pavlenka sei auf der Linie herausragend, in der Strafraumbeherrschung und vor allem an fußballerischen Qualitäten mangele es ihm. Gerade letzteres ist im modernen Fußball wichtig. Das gilt auch für den Fußball, den Florian Kohfeldt spielen lässt.
Die aktuelle Kritik an seinen Leistungen habe auch mit den Leistungen der Vergangenheit zu tun, sagt Vander. „Dass ist nach den beiden Situationen gegen Freiburg und Gladbach nicht unberechtigt, zeigt aber auch, dass die Erwartungshaltung an ihn in den letzten Jahren aufgrund herausragender Leistungen sehr hoch ist.„ Fehler passieren, und eine fehlerfreie Saison sei nicht möglich, bei keinem Torwart der Welt: „Auch er ist vor einer Schwächephase – genau wie alle anderen Torhüter – nicht gefeit. Aber aus dieser Phase wird er gestärkt hervorgehen. Es gibt kaum einen Torwart in der Bundesliga, der 34 Saisonspiele auf absolutem Topniveau machen kann.“
Bleibt die Frage, was am Ende der Saison passiert: Wird Pavlenka verkauft, oder bleibt eine weitere Saison in Bremen. „Darüber mache ich mir keine Gedanken„, sagt Vander. „Wir brauchen jetzt Punkte. Pavlas ist da nun auch unter Druck, seine Leistung abzurufen. Alles andere ergibt sich dann.“
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