
Als alles vorbei war, brachen bei den Werderanerinnen alle Dämme. Die Spielerinnen kauerten auf dem Rasen, die Hände vor das Gesicht gehalten, Tränen rollten. Ganz am Ende einer nervenaufreibenden Saison hat es sie also doch erwischt: Der Abstieg aus der Bundesliga ist perfekt. Weil es in Freiburg am Ende nur zu einem Punkt reichte beim 1:1. Und weil, und das ist viel entscheidender, Henrietta Csiszar für den Abstiegs-Konkurrenten Bayer Leverkusen sieben Minuten vor dem Abpfiff den 2:1-Siegtreffer gegen Essen erzielte und sich das Team aus dem Westen quasi im Endspurt der Saison rettete.
Mit den Handys in der Hand hatten die Ersatzspielerinnen und Funktionäre auf der Bank gesessen und die Partie des Konkurrenten in Leverkusen per Live-Ticker verfolgt. Das Führungstor von Bayer in der 83. Minute war dann einer jener Schock-Momente, die man bei Werder unbedingt vermeiden wollte. Aber dazu hätte es einen Sieg in Freiburg geben müssen, denn damit wäre der Klassenerhalt aufgrund des besseren Torverhältnisses sicher gewesen. Doch dieses verflixte 2:1 für Werder, es fiel einfach nicht mehr. Dabei hatte Trainerin Carmen Roth in den Schlussminuten quasi die ganze Mannschaft nach vorne beordert. Aber am Ende war das alles sinnlos.
Für Roth, die scheidende Werder-Trainerin, ist es ein bitterer Abgang. Und so war sie nach dem Abpfiff auch völlig perplex und kaum in der Lage, das gerade Geschehene irgendwie in Worte zu kleiden. „Wir sind alle am Boden und enttäuscht. Es ist eine unfassbare Leere vorhanden„, erklärte sie nach dem Spiel. Alle hätten noch mal alles rein geworfen und versucht. “Es ist ein bitterer Tag“, sage Roth.
Das stimmte, dabei war es lange Zeit eigentlich ein guter Tag. Werder ging früh in Führung durch Selina Cerci (9.), die ein Zuspiel von Greta Stegemann aufnahm und zum 1:0 einschob. Die Freiburgerinnen glichen zwar durch Klara Bühl zum 1:1 aus (42.), aber weil Leverkusen mit dem Halbzeitpfiff das 0:1 kassierte, war Werder voll im Soll. Zur Pause war der Klassenerhalt perfekt.
Im heimischen Bremen legte Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald dann allerdings sein Handy beiseite. „Das machen meine Nerven nicht mehr mit“, sagte er nach den ersten 45 Minuten, die er im Live-Ticker verfolgte. Als er wieder auf sein Handy blickte, sah die Werder-Welt dann schon wieder anders aus. Leverkusen hatte nicht nur ausgeglichen, sondern war sogar in Führung gegangen. Und so musste Hess-Grunewald auf dem Handy verfolgen, wie die letzten 60 Sekunden torlos verrannen und der 1:1-Endstand den endgültigen Abstieg der Werderanerinnen besiegelte. Auch weil die eingewechselte Franziska Gieseke in der Nachspielzeit im Fünfmeterraum noch frei zum Abschluss kam, ihr der Ball aber versprang.
„Das tut einfach nur weh“, sagte der Werder-Boss. „Die Mädels haben das nicht verdient, Carmen Roth hat das nicht verdient. Ich hätte ihr zum Abschied wirklich den Klassenerhalt gewünscht.“ Aber irgendwie habe sich in dieser Saison fast alles gegen Werders Bundesliga-Frauen verschworen. „So viele Verletzungen, das war nicht mehr normal“, findet Hess-Grunewald. In der Winterpause hatte es mit Sofia Nati einen starken Neuzugang gegeben, der sofort einige Tore schoss, sich dann aber am Kreuzband verletzte und ausfiel. Hess-Grunewald: „Und trotzdem ist die Mannschaft immer dran geblieben.“ Fand auch Carmen Roth. „Wir haben insgesamt eine tolle Rückrunde gespielt. Nach der Rückserie hätten wir es einfach verdient, in dieser Liga zu bleiben. Ich bin stolz darauf, was die Mädels gezeigt haben“, sagte sie noch in Freiburg.
Die gut zehnstündige Rückreise mit dem Bus nach Bremen trat sie noch gemeinsam mit der Mannschaft an, in dieser Woche aber trennen sich endgültig die Wege. Roth geht berufsbedingt zurück in ihre Heimat München, mit Alexander Kluge übernimmt ein Werder-Eigengewächs den Job. An finanziellen Zuwendungen wird es nicht mangeln. „Wir haben in der Geschäftsführung schon im Januar entschieden, dass wir die erste Frauenmannschaft unabhängig von der Liga weiter mit gleichen Mitteln unterstützen“, sagt Hess-Grunewald. Da es künftig weniger TV-Gelder und Sponsoren-Einnahmen geben werde, müsse Werder mehr Eigenmittel für den Etat beisteuern. Denn das Ziel laute: „Wir wollen sofort zurück in die Bundesliga!“
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