Sie sind beide so richtig angekommen beim 1. FC Köln. Oder anders formuliert: Ein berühmter Karnevalshit der Kultband „Höhner“ passt gerade ziemlich gut zur Situation von Davie Selke und Florian Kainz: „Viva Colonia“. Was Selke kürzlich mit folgendem Satz unterstrich: „Ich habe eine neue Heimat gefunden.“ Ähnliche Sympathiebekundungen gegenüber dem Rheinland im Allgemeinen und dem „Effzeh“ im Speziellen sind auch von Kainz bekannt – nun steht für beide Profis eine Reise in die Vergangenheit an. Am Samstagnachmittag gastieren Selke und Kainz mit dem 1. FC Köln bei ihrem Ex-Klub Werder Bremen, was für einen von beiden eine Premiere bedeutet.
Es war in der Wintertransferperiode 2019, als sich Florian Kainz nach drei Jahren am Osterdeich zum Wechsel nach Köln entschied, wo er nach einiger Anlaufzeit inzwischen zu den unumstrittenen Leistungsträgern gehört und im schnelllebigen Fußballgeschäft fast schon als Urgestein bezeichnet werden darf. Zum Beleg: Im Sommer hören bei den Kölnern in Ex-Nationalspieler Jonas Hector und Timo Hübers zwei altgediente Akteure auf. Neben Benno Schmitz ist der Österreicher Kainz dann der dienstälteste Spieler in der Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart. In Bremen gegen Werder gespielt hat er bis dato trotzdem noch nie, was seine Vorfreude auf das bevorstehende Duell hörbar steigert.
Es sei immer etwas Besonderes, gegen den Ex-Verein anzutreten, sagte Kainz während eines Pressegesprächs in dieser Woche – und verriet: „Es ist mein erstes Spiel mit einer Auswärtsmannschaft in Bremen. Einmal war ich gesperrt, einmal war ich verletzt, und einmal war Werder Zweitligist.“ Über seinen ehemaligen Arbeitgeber, für den Kainz in 52 Bundesligaspielen einst fünf Tore erzielt und sieben vorbereitet hatte, sprach der 30-Jährige in den höchsten Tönen: „Ein sympathischer Verein, über den ich nur Positives berichten kann.“ Heißt: Auch nach nunmehr dreieinhalb Jahren in Köln hat Florian Kainz seine Bundesliga-Anfänge im Norden nicht vergessen.
Davie Selke in Köln mit besserer Quote als in Bremen und Berlin
Davie Selke hingegen blickt noch auf einen eher überschaubaren Zeitraum als „Effzeh“-Profi zurück. Erst im vergangenen Winter kam der Stürmer von Hertha BSC nach Köln. Nach einem etwas holprigen Start hat er sich inzwischen akklimatisiert, was freilich auch Kainz nicht entgangen ist: „Davie ist gut in der Mannschaft drin, hat zuletzt viermal getroffen. Er hat sich perfekt in unser System integriert.“ Bei Werder hatte Selke in der Vergangenheit gleich zweimal unter Vertrag gestanden, zunächst von 2013 bis 2015 und später noch einmal als Leihspieler von 2020 bis 2021. Anders als Kainz wird sich Selke am Sonnabend im Weserstadion aber zunächst mit der Reservistenrolle begnügen müssen, wie sein Trainer Baumgart am Donnerstag ankündigte.
Zu Wochenbeginn hatte der Angreifer nicht mit der Mannschaft trainieren können, weil er bei seinem frühen Treffer zum 1:0 während des 5:2-Heimsiegs über Hertha BSC mit dem Berliner Filip Uremovic zusammengestoßen war. Sein Tor bekam Selke deshalb gar nicht mit, wie er nach der Partie verriet. Insgesamt schilderte er die Auswirkungen des Zusammenpralls so: „Krass, mein Kopf hat gebrummt. Auf dem rechten Auge habe ich nur noch schummrig gesehen.“ Coach Baumgart hatte den angeschlagenen Spieler bereits nach 24 Minuten ausgewechselt. In bisher 15 Bundesliga-Einsätzen für Köln hat Selke fünf Tore erzielt. Eine Quote, für die er in Bremen bis zu seinem Abgang vor zwei Jahren und auch danach als Profi von Hertha BSC nicht gestanden hatte.
In Köln funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Selke und Baumgart nun bestens. „Der Trainer nimmt mich so, wie ich bin“, sagte der Stürmer. Und auch das Zusammenspiel zwischen Baumgart und Kainz hilft beiden Seiten. So hat der Coach dem österreichischen Nationalspieler eine neue Rolle verpasst, eine tragende, eine Führungsrolle. Ursprünglich auf der Außenbahn zu Hause, agiert Kainz neuerdings im Kölner Zentrum, als Zehner hinter den Spitzen. „Ich kann mich mit dieser Rolle anfreunden“, kommentierte er jüngst. Angesichts folgender Baumgart-Aussage ist davon auszugehen, dass Kainz diesen Part auch in Bremen einnehmen wird: „Es war nicht nur ein Experiment, ich suche einen Spieler, der den entscheidenden Steckpass beherrscht.“
Während Werder noch die letzten Punkte für den angestrebten Klassenerhalt benötigt, sind die Kölner mit 40 Zählern bereits vor dem 33. Spieltag gerettet. Welche Ziele hat die Mannschaft also noch für die Reise nach Bremen? „Weitermachen wie bisher“, betonte Kainz und wurde noch etwas präziser: „Wir wollen eine gute Leistung abliefern und drei Punkte holen.“ Herschenken wolle das Team, wie es auch Selke betonte, die vorletzte Partie der Saison auf keinen Fall. Zumal Werder nach der 1:7-Klatsche aus dem Hinspiel definitiv noch eine Rechnung offen haben dürfte. „Ich weiß nicht, ob dieses Ergebnis noch in den Köpfen der Bremer Spieler ist“, sagte Kainz, der vor seinem ersten Gastspiel im Weserstadion übrigens nicht davon ausgeht, erneut ein Schützenfest gegen Werder feiern zu können.