Bremen·Berlin. Inzwischen ist Jürgen Röber ein Berliner, und das will er auch bleiben. Er wohnt mit seiner zweiten Frau Ilona sehr zentral unweit des Potsdamer Platzes, mindestens dreimal die Woche bricht er zu seiner "persönlichen Sightseeing-Tour" auf. Dann geht es durch den Tiergarten, später vorbei an fast allen Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt, erst nach eineinhalb Stunden läuft Jürgen Röber zu Hause wieder ein.
Und wenn er nicht läuft, geht er um die Ecke ins Fitness-Studio, zum Spinning. Denn Jürgen Röber, demnächst 59 Jahre alt, ist nach wie vor topfit und will es auch bleiben. Alljährlich im Frühjahr geht er für drei Wochen nach Oberstaufen im Allgäu zur Schrothkur, wo es für viel Geld vergleichsweise wenig zu essen gibt ("maximal 800 Kalorien am Tag"). Doch das hindert ihn nicht, seinen Körper zusätzlich zu strapazieren. "Ich marschiere fast täglich mit einem Personal Coach von 600 auf 2000 Höhenmeter", erzählt er.
Golf spielt er auch noch in gleich zwei Vereinen, und überhaupt: "Mein Terminkalender ist voll, Langeweile kenne ich nicht", sagt er. Das sind überraschende Aussagen eines Mannes, der als Beruf Fußballlehrer angibt, aber offiziell seit dem 31. Dezember 2009 arbeitslos ist. Damals trat er als Cheftrainer von Ankaraspor zurück, der Verein war strafweise in die zweite türkische Liga versetzt worden, wegen angeblich verbotener Absprachen in der Ligarunde.
Ankaraspor ist wieder eine Perspektive
Allerdings: Ankaraspor ist inzwischen wieder eine Perspektive für Jürgen Röber, die reizvollste, wie er selber sagt. Denn die Vorwürfe haben sich inzwischen offenbar in Luft aufgelöst, der Verein aus der türkischen Hauptstadt darf auf ein Erstliga-Comeback hoffen. "Und es gibt ein lockeres Angebot, dass ich als Sportdirektor beim Neuaufbau helfen soll", sagt Röber.
Denn auch wenn er seit über zwei Jahren nicht mehr als Trainer arbeitet, er ist am Ball geblieben. Jürgen Röber war schon einige Male Co-Kommentator bei "Liga total", sitzt fast regelmäßig bei Hertha BSC auf der Tribüne und hat sich so seine Gedanken über den Absturz der Berliner gemacht. Er bescheinigt seinem alten Verein "schwere Fehler", mehr mag er nicht sagen: "Namen werde ich nicht nennen." Aber dann erzählt er doch, dass er vor zwei Jahren, als Hertha BSC unter Funkel abgestiegen war, dem Verein angeboten habe, ihm bei der Suche nach neuen Spielern zu helfen. "Kostenlos, ich wollte nichts dafür haben. Aber Preetz wollte nicht."
Denn Hertha BSC ist immer noch der Verein, an dem vor allem sein Herz hängt, trotz der sechs Bremer Jahre als Spieler. Mit Hertha BSC ist auch der größte Erfolg des Trainers Röber verbunden. Im Januar 1996 übernahm er als Coach den Zweitligisten, führte ihn ein Jahr später in die Bundesliga und 1999 mit dem dritten Tabellenplatz sogar in die Champions League. Doch dann zeigte die Kurve abwärts: Am 6. Februar 2002 wurde Röber entlassen, letztlich war er sogar froh.
"Ich war mit den Nerven am Ende"
"Ich war mit den Nerven am Ende. Berlin ist ein raues Pflaster, wenn der Erfolg ausbleibt", sagt er und glaubt, damals ein Opfer des Burn-out-Syndroms gewesen zu sein. Anfang 2002 heiratete er auch, scherzhaft sagt er heute schon mal: "Eigentlich müsste die Ehe annulliert werden, ich war ja damals überhaupt nicht mehr zurechnungsfähig."
Inzwischen ist seine Welt wieder in Ordnung, Jürgen Röber hält sich trotz diverser Misserfolge als Trainer (in Dortmund und Wolfsburg schaffte er nicht einmal eine Saison) für einen Gewinner des Berufsfußballs, auch wirtschaftlich. "Nein, finanzielle Sorgen habe ich nicht mehr", sagt der 58-Jährige, den Werder 1974 beim niedersächsischen Verbandsligisten TuS Lingen entdeckte. Dort war der kleine Mittelfeldspieler durch einen ungemein strammen Schuss und enorme Sprungkraft beim Kopfball aufgefallen; Pluspunkte, die ihn auch in der Bundesliga auszeichneten.
Als die Bremer 1980 zum ersten und einzigen Mal abstiegen, war Röber einer ihrer wenigen Stars, hatte die Begehrlichkeiten des FC Bayern entdeckt. Also freute sich Werder über eine ordentliche Ablösesumme, Röber allerdings hatte in München wenig zu lachen. "Ich saß bei Trainer Pal Csernai oft auf der Bank, damit bin ich nach sechs Jahren al s Stammspieler nicht fertig geworden." Also begann die letztlich ganz erfolgreiche Wanderschaft des Fußballprofis Röber, die ihn über das kanadische Calgary und den englischen Erstligisten Nottingham 1982 noch für vier Jahre zu Bayer Leverkusen führte.
Zurück nach Essen
Seine Trainerkarriere begann dort, wo die Laufbahn als Spieler endete – bei Rot-Weiss Essen. Als Spielertrainer führte er den Traditionsverein 1991 in die zweite Bundesliga, holte mit den Essenern nach deren Lizenzentzug die deutsche Amateurmeisterschaft.
Zu Bremen hat er nach wie vor einen sehr persönlichen Bezug. Jürgen Röber ist eng befreundet mit Werders Aufsichtsrat Hans Schulz, man besucht einander, spielt zusammen Golf und redet darüber, dass früher ohnehin alles besser war. Bis auf die Fußbälle, die bekanntlich schon lange nicht mehr aus Leder sind: "Diese Kunststoffkugeln fliegen ja heute viel weiter", hat er festgestellt. "Mit denen hätte ich noch einige Tore mehr geschossen."
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