Die fünf norddeutschen Länder wollen bis zum Jahr 2035 eine grüne Wasserstoffwirtschaft aufbauen. Das haben die zuständigen Minister und Senatoren von Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern am Donnerstag bei ihrem Treffen in Lübeck beschlossen. Norddeutschland verfüge im Vergleich zu anderen Regionen über einzigartige Standortvorteile, die man ausnutzen wolle, sagte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP).
Als ersten gemeinsamen Schritt gehe es um den Ausbau der Kapazitäten für die Elektrolyse, um mit Hilfe von Strom aus erneuerbaren Energien grünen Wasserstoff zu produzieren. Der kann unter anderem als Energiespeicher, zur Herstellung von synthetischem Treibstoff oder in Brennstoffzellen zum Antrieb von Fahrzeugen genutzt werden. Die Länderstrategie sieht vor, bis 2025 mindestens 500 Megawatt und bis 2030 mindestens fünf Gigawatt Elektrolyse-Leistung in Norddeutschland aufzubauen. „Mit den 500 Megawatt könnten rund 151.000 Autos mit grünem Wasserstoff versorgt werden“, sagte Buchholz.
Darüber hinaus ist parallel zum derzeitigen Aufbau von E-Ladesäulen der Aufbau eines Wasserstoff-Tankstellennetzes mit rund 250 Stationen geplant. Aktuell gibt es in Norddeutschland 78. „Wir wollen keinen Wettbewerb zur E-Mobilität, sondern einfach alle Chancen nutzen, den Ausstoß von Kohlendioxid zu reduzieren“, ergänzte Buchholz. In diesem Zusammenhang forderte Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) vom Bund eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Wasserstoff aus regenerativem Strom sei bislang teurer als konventionell erzeugter Wasserstoff. Er und seine Ministerkollegen forderten daher, die EEG-Umlage für regenerativ produzierten Strom für die Wasserstoffproduktion zu streichen.
Stärkerer Fokus auf Brennstoffzellen-Technologie
Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) war vergangene Woche in Asien unterwegs und sagte: „In Japan, Südkorea und China beschäftigt man sich schon lange nicht mehr mit der Batterie-, sondern mit der Wasserstoff-Technologie.“ Gleichzeitig kritisierte der Senator die deutschen Autohersteller, sie sollten sich stärker auf Brennstoffzellen-Technologie fokussieren: „Achtet darauf, dass ihr nicht schon wieder den Anschluss verliert.“ Hamburg führt außerdem Gespräche mit Investoren, um dort im Hafen die weltweit größte Anlage für Wasserstoff-Elektrolyse zu bauen. Sie soll eine Leistung von 100 Megawatt haben. Als Dienstwagen hat der Wirtschaftssenator bereits einen Wasserstoff-Mercedes, der im Bremer Werk gebaut wird.
Beim Treffen in Lübeck war Bremen gleich mit zwei Senatorinnen vertreten. Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) sieht erfolgsversprechende Zukunftsmärkte für die Standorte Bremen und Bremerhaven. Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD) sagte: „Wir wollen Norddeutschland zu einem Hotspot der Wasserstoffforschung machen.“ Schilling nahm bereits am Mittwoch in Bremerhaven am zweiten Wasserstoff-Symposium teil. Dort treibt seit drei Jahren die Wasserstoffinitiative H2BX das Thema voran. Bis Jahresende soll dort auch eine Wasserstofftankstelle entstehen, wie es sie bereits seit mehr als zwei Jahren in Bremen gibt.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord begrüßt den Ländervorstoß. „Wir knüpfen große Hoffnungen an die Wasserstoff-Technologie“, sagte deren Vorsitzende Friederike Kühn. „Hier sehen wir eine echte Chance, die Energiewende in Deutschland zu beeinflussen.“