Die Brauerei Beck ist vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen einen Steuerbescheid in dreistelliger Millionenhöhe gescheitert. Die Grundlage des Bescheids aus dem Jahr 2002 sei rechtens, urteilte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts am Dienstag. Sie verstoße weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes noch gegen das Rückwirkungsverbot.
Entsprechend fiel die Reaktion von Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) aus. Die bereits gezahlten Steuern in Höhe von rund 146 Millionen Euro müssen nicht - inklusive Zinsen - zurückgezahlt werden. "Unsere Rechtsauffassung ist voll bestätigt worden. Das ist ein großer Erfolg für die Steuerverwaltung der Freien Hansestadt Bremen", sagte Karoline Linnert am Montag. "Sie hat die Lage richtig eingeschätzt, sich nicht beirren lassen und sich nicht gescheut, sich mit einem großen Löwen anzulegen. Es trifft keine Armen."
Ihr sei "ein Stein vom Herzen gefallen", so die Finanzsenatorin weiter. Wäre der Rechtsstreit anders ausgegangen, hätte Bremen das Geld für eine Rückzahlung aufbringen müssen. "Das hätte uns einige Anstrengungen gekostet." Rückstellungen werden anders als in der Privatwirtschart in derlei strittigen Fällen laut Linnert nicht gebildet.
Beck: Rückwirkende Anwendung des Gesetzes
Verhandlungsgegenstand waren eine Reform des Gewerbesteuergesetzes und besagter Steuerbescheid, Kläger die einstige Brauerei Beck GmbH & Co. KG , Beklagte der Bund und das Land Bremen, das die Steuern nach dem Verkauf von Teilen der Brauerei erhoben hatte. Um eine Gesetzeslücke zu schließen, wurden durch die Reform Gewinne einer Personengesellschaft aus dem Verkauf von Firmen oder Firmenanteilen gewerbesteuerpflichtig, entsprechend wurde der Verkauf von Firmenanteilen bei Beck's veranlagt. Das Unternehmen legte Einspruch ein und zog vor Gericht.
Die Brauerei argumentierte, dass sie erst im Nachhinein mit der Gewerbesteuer belastet worden sei. Der eigentliche Verkauf habe zwar erst Anfang Februar 2002 stattgefunden, doch schon 2001 habe es eine Verkaufsvereinbarung gegeben. Der Bundestag habe endgültig auch erst nach der Übertragung der Anteile über die Gesetzesreform entschieden, "versehentlich", so das Bundesverfassungsgericht, war die Norm "wieder außer Kraft gesetzt und konnte somit zunächst keine steuerrechtliche Wirkung entfalten". Darauf berief sich Beck's. "Es handelt sich unserer Ansicht nach um eine rechtsstaatswidrige und unzulässige Rückwirkung eines Steuergesetzes", hieß es in einer Stellungnahme der Brauerei anlässlich der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe.
Gericht gibt Bremer Finanzressort Recht
Nach Einschätzung des Finanzressorts dagegen fiel der Verkauf der Firmenanteile in das laufende Gesetzgebungsverfahren. Dem stimmten vor dem Bundesverfassungsgericht bereits das Finanzgericht in Bremen als auch der Bundesfinanzhof in München zu. "Das Ziel der eingeführten Vorschrift ist die Abwehr von Missbräuchen", sagte der Vorsitzende des Ersten Senats, Ferdinand Kirchhof, am Dienstag.
Die Brauerei hatte auch in Zweifel gezogen, ob die Veranlagung dem Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3, Absatz 1 des Grundgesetzes) entspreche. "Warum eine Differenzierung zwischen Personengesellschaften, das heißt, mittelbar beteiligten natürlichen Personen und unmittelbar beteiligten natürlichen Personen stattfinden soll, ist völlig unplausibel", so die Firma. Die Karlsruher Richter sehen das anders: Dem Gesetzgeber sei "nicht jede Differenzierung verwehrt", sofern es eine Rechtfertigung durch Sachgründe gebe, "die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind". Im Steuerrecht gelte die Lastengleichheit, so das Gericht in seiner Begründung weiter. "Die Steuerpflichtigen müssen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden", dazu habe der Gesetzgeber zu Recht einen "weitreichenden Entscheidungsspielraum".
Sie bedauere die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, teilte die Beck GmbH & Co. KG am Dienstag mit, "begrüßt jedoch die Tatsache, dass nach knapp 14 Jahren nun Rechtsklarheit in der Sache besteht". Wie das Finanzgericht Bremen bereits 2007 festgehalten hatte, ist die Brauerei formal der Steuerschuldner und war entsprechend die Beschwerdeführerin. Allerdings handelte es sich bei dem Gewerbeertrag, der zu versteuern war, um die erzielten Veräußerungsgewinne. Damit hätte bei einem gegenteiligen Urteil nicht das Unternehmen, sondern die Verkäufern die gezahlten Steuermillionen zurückerhalten.
(Dieser Artikel wurde um 12.50 Uhr aktualisiert.)
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