Wolfsburg. Mit 6,3 Millionen mehr Autos denn je verkauft, aber deutlich weniger Gewinn als in den Vorjahren eingefahren - so sieht die Geschäftsbilanz des Volkswagen-Konzerns im vergangenen Jahr aus. Europas größter Autobauer blickt nach dem Auslaufen der Abwrackprämie vorsichtig in die Zukunft. '2010 wird kein einfaches Jahr', so Vorstandsvorsitzender Martin Winterkorn gestern in Wolfsburg bei der Präsentation der Zahlen für 2009.
Danach sank der Umsatz um 7,6 Prozent auf 105,2 Milliarden Euro, der Netto-Gewinn fiel um rund 81 Prozent auf 911 Millionen Euro, die Rendite ging auf 3,8 Prozent zurück. Dennoch hält Winterkorn am kürzlich ausgegebenen Ziel fest, bis 2018 weltweit der ökonomisch und ökologisch größte Automobilkonzern zu werden und eine Umsatzrendite von mehr als acht Prozent zu erreichen. Dann sollen jährlich zehn Millionen Fahrzeuge verkauft und die Branchenriesen Toyota und General Motors überholt werden. Bis dahin ist es ein weiter Weg. Bei den defizitären Marken Seat, Bentley und Lamborghini wird auch in diesem Jahr mit roten Zahlen gerechnet. Für die Marken VW, Audi und Skoda soll mehr Gewinn eingefahren werden. '2010 werden wir in Europa Einbußen hinnehmen müssen, aber wir wollen durch Zugewinne in Asien, Südamerika und den USA insgesamt wachsen', so Winterkorn.
Kräfteverschiebung im Konzern
Die Konzentration auf den außereuropäischen Markt führt auch zu einer Kräfteverschiebung im Konzern. '2009 waren erstmals weniger als die Hälfte der Konzernmitarbeiter in Deutschland beschäftigt. Bis 2018 wird der Anteil auf 40 Prozent zurückgehen', so Personalvorstand Horst Neumann. Er erwartet für Deutschland insgesamt einen leichten Rückgang bei den Stellen. Gleichzeitig sollen in diesem Jahr 3000 Hochschulabsolventen und 2900 Auszubildende eingestellt werden. Kurzarbeit sei derzeit nicht geplant. Bis 2014 gilt für die 100000 Mitarbeiter in den Werken von Volkswagen in Wolfsburg, Salzgitter, Hannover, Braunschweig, Emden, Kassel, Dresden, Chemnitz und Zwickau eine Beschäftigungsgarantie. Auf härtere Zeiten müssen sich die Zulieferer von Volkswagen einstellen. 'Es gibt einen Konsolidierungsprozess und das ist positiv. Einige werden fusionieren müssen oder vom Markt verschwinden', sagt Vorstandsmitglied Francisco Javier Garcia Sanz.
Als ökologischer Vorreiter präsentiert sich Volkswagen mit dem neuen VW Polo Blue Motion, der seit diesem Monat auf dem Markt ist und dessen CO2-Emissionen bei 87 Gramm pro Kilometer liegen. 'Der Bentley Mulsanne stößt trotz mehr Leistung 15 Prozent weniger CO2 aus', gibt sich Winterkorn als Umweltschützer. Dass der Ausstoß der Nobelkarosse, die 296 km/h schnell ist, immer noch bei 393 Gramm liegt, verschweigt er lieber. Und auch die häufig gelobten Modelle Touareg (375 Gramm) und Phaeton (348 Gramm) sind in dieser Hinsicht keine Vorbilder.
'Volkswagen gibt sich gern ein grünes Image, unterscheidet sich dabei aber nicht von anderen Herstellern. Es gibt zu viele große Modelle mit zu viel Verbrauch', sagt Bernd Moritz, Vorstandsmitglied des Dachverbandes Kritischer Aktionärinnen und Aktionäre. 'Volkswagen könnte sehr viel mehr tun. Die Werte sinken zwar, aber die Autobauer tun alles dafür, dass insgesamt mehr gefahren wird. So erzielt man keine grundsätzlichen Veränderungen.' Statt der langen Übernahmeschlacht um Porsche wäre es sinnvoller gewesen, neue Mobilitätskonzepte zu entwickeln.
Baukastenmodell für Sportwagen
Volkswagen hat kürzlich 49,9 Prozent der Anteile an Porsche übernommen und will den Autobauer aus Baden-Württemberg bis 2011 als zehnte Marke ganz in den Konzern integrieren. Dabei könnte auch die bei den anderen Marken praktizierte Modularbauweise eine Rolle spielen. So sprach Winterkorn in Wolfsburg von einem denkbaren Sportwagen-Baukastenmodell, auf dessen Basis künftig auch der Porsche kostengünstiger produziert werden könnte. Josef Arweck von der Porsche Automobil Holding SE sieht verhalten in die Zukunft. 'Wir bei Porsche betrachten die Zusammenarbeit vor allem als Chance. Aber natürlich besteht bei der modularen Bauweise auch das Risiko, dass sehr viele VW-Komponenten bei Porsche verwendet werden. Einen Volksporsche lehnen wir auf jeden Fall ab.' Diese Gefahr besteht gegenwärtig kaum. Bei der Präsentation der neuesten Konzern-Modelle wurde gestern in Wolfsburg auch der Porsche 911 Turbo S Cabriolet vorgestellt. Kostenpunkt: ab 184546 Euro aufwärts.