Bremen. Immer mehr Kunden verlangen im Supermarkt nach Produkten aus der Region. So haben die Lebensmittel keine langen Wege zurückgelegt, um um die Ecke im Supermarktregal zu landen. Doch geht das auch mit den günstigen Eigenmarken der Handelsketten?
Ein spontaner Test des WESER-KURIER zeigt: Ja, es geht, wie hier drei Beispiele zeigen. Beim ersten Produkt geht es um Mineralwasser der Marke Vilsa, abgefüllt in Bruchhausen-Vilsen in der schlanken, modernen Glasflasche. Im gleichen Getränkemarkt gibt es ebenso Wasser der Marke „Auenwald“, statt 4,49 Euro für eine Kiste Vilsa, zahlt der Kunde für die Kiste „Auenwald“ 1,79 Euro. Das günstige Wasser ist jedoch in der herkömmlichen etwas bauchigeren Glas-Pfandflasche abgefüllt. Als Herkunftsort ist die Sankt-Cyriakus-Quelle in Wöpse angegeben. Also einfach mal den Namen Wöpse im Navigationsgerät eingegeben, und die Überraschung ist perfekt. Denn Wöpse ist ein Ortsteil von Bruchhausen-Vilsen, von dem unweit auch die Vilsa-Brunnen Otto Rodekohr GmbH gelegen ist. Und Sankt Cyriakus ist der Heilige, nach dem die Kirche in Bruchhausen-Vilsen benannt ist. Als Adresse ist wiederum die Bremer Mineralbrunnen GmbH auf der Etikette angegeben - und die gehört seit mehr als 20 Jahren dem Hersteller Vilsa. Gleiches gilt für die Marke „Lesmona“.
Wibke Spießbach vom Verband Deutscher Mineralbrunnen erklärt dazu: „Prinzipiell möchte der Handel, soweit er Vollsortimenter ist, Produkte in verschiedenen Preisklassen in seinem Sortiment führen.“ Das hänge dann von der Listungspolitik des Handels ab beziehungsweise von der Entscheidung des Unternehmens. Dass dasselbe Unternehmen nun ein Markenwasser vertreibt und eines im günstigen Preissegment, erklärt Peter Rose, Leiter des Studiengangs „Management im Handel“ an der Hochschule Bremen, allerdings so: „Es ist nicht der Handel, der nach einem günstigeren Produkt neben dem Markenprodukt verlangt, es sind die Hersteller selbst. Sie nutzen unterschiedliche Markenschienen. Denn bevor der Kunde zu einer Konkurrenzmarke im unteren Preissegment greift, liefern sie lieber selbst eine günstige Zweitmarke.“
Das zweite Beispiel für eine Handelsmarke aus der Region ist bei Edeka der Kräuterquark der Eigenmarke „Gut & günstig“ – 200 Gramm für 49 Cent. Das Markenprodukt dazu ist der Frühlingsquark von Milram zum Preis von 95 Cent – ebenfalls 200 Gramm. Dass beide Produkte vom Deutschen Milchkontor (DMK) kommen, lässt sich hier anhand der sogenannten EWG-Nummer eindeutig bestimmen. Die lautet bei beiden Produkten „DE NI 010 EG“ (DE für Deutschland, NI für Niedersachsen und EG für „Europäische Gemeinschaft“). DMK-Sprecher Hermann Cordes: „DMK stellt Handelsmarken für alle namhaften Ketten her.“ Bei der Milch können sich die Produkte beispielsweise im Fettgehalt unterscheiden. Sobald bei einem Produkt eine Rezeptur ins Spiel komme, könne es Unterschiede geben. So könnten die Quarks verschiedene Kräutermischungen haben.
Das dritte Beispiel aus der Region stammt von Frosta. Das Markenprodukt, die Frosta Tiefkühl-Paella, kostet bei Edeka regulär 3,29 Euro für 500 Gramm. Die Paella der Edeka-Eigenmarke „Gut & Günstig“ kostet 1,69, allerdings für 750 Gramm, also 50 Prozent mehr. Auch hier ist die Herkunft anhand der EWG-Nummer eindeutig zu bestimmen, die hier „DE HB 00183 EG“ lautet. Frosta wirbt auf den firmeneigenen Internetseiten, auf die Entwicklung und Herstellung von „hochwertigen Kundenmarken“ für Einzel- und Großhandel spezialisiert zu sein, und vertreibt diese im Inland und im Ausland. Das geschieht über das Unternehmen „Copack“, das jedoch die gleiche Adresse hat wie Frosta.
Zu weiteren Infos bittet Frosta-Vorstandsmitglied Jürgen Marggraf um Verständnis: „Wir können zu einzelnen Produkten beziehungsweise Produktgruppen keine Auskunft geben, da die jeweiligen Kunden Eigentümer der Produkte sind.“ 2015 lag der Umsatz bei Frosta laut eigenen Angaben übrigens bei 440 Millionen Euro, bei knapp 288 Millionen Euro lag der Handelsmarken-Anteil. Als vor einigen Jahren TV-Koch Björn Freitag Frosta für die Sendung „Der Vorkoster“ besuchte, wurde ihm erklärt, dass es unterschiedliche Rezepturen gebe, und der Fleischanteil sich unterscheiden könne zwischen einer Handelsmarke und dem Markenprodukt.
Einen weiteren Vorteil der Eigenmarken erläutert Professor Peter Rose: „Handelsketten möchten auf Dauer feste Margen einplanen bei ihren Produkten. Das geht gut bei den Handelsmarken, denn die bleiben immer in ihrer Preislage und werden nicht als Aktionsprodukt verwendet. Außerdem stammen die Produkte oft von Mittelständlern, und die sind leichter kontrollierbar, was die Preise und die Verfügbarkeit angeht.“ Eigenmarken seien laut Rose auch nicht mehr gleichbedeutend mit billig: „Heute gibt es Handelsmarken in allen Preislagen, sodass der Kunde nicht unbedingt den Supermarkt verlassen muss, um günstige Produkte zu erwerben.“
Während Discounter wie Netto oder Lidl auf der Verpackung als Herkunftsadresse die des eigenen Firmensitzes angeben mit Hinweis „Hergestellt für...“, gibt Aldi bei seinen Produkten oft die genaue Herkunftsadresse an. Wenn der Kochschinken also vom Könecke-Werk aus Delmenhorst stammt, dann steht das auch entsprechend auf der Verpackung. Und so können auch Kunden mit schmalem Geldbeutel darauf achten, Produkte aus der Region zu kaufen.