Berlin. Kleine Sonnen, Wolken und Blitze hat das Bundeskabinett beschlossen. Keine alternative Wettervorhersage des Kanzleramts allerdings, sondern Symbole, mit denen ein 250-Seiten-Dokument mit sperrigen Namen anschaulicher werden soll. Es ist die Nachhaltigkeitsstrategie der Regierung, der Versuch also, die Welt sauberer und gerechter zu machen. Das Bemühen, den Spruch „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt“ in Politik umzusetzen.
Die Uno hat Ziele beschlossen, die bis 2030 erreicht werden sollen, unter anderem in den Bereichen Armutsbekämpfung, Bildung, Klima- und Umweltschutz, Energieversorgung, Gesundheit und Gleichbehandlung von Frau und Mann. Die Regierung hat ihre seit 2002 erstellten Nachhaltigkeitsziele entsprechend angepasst. Sie benennt nun 63 statt bisher 38 Kriterien und versucht, Erfolge und Misserfolge messbar zu machen. Sonnensymbol – es läuft gut. Gewitterwolken – es geht in die falsche Richtung.
Absolut negativ ist der Trend danach etwa bei der Nitratbelastung des Grundwassers. Es sei keine Entwicklung in Richtung des Zielwerts erkennbar, heißt es in dem Regierungsbericht. Gewitterwolken auch bei der Frage, ob es genug bezahlbaren Wohnraum für alle gibt, und bei der Entwicklung der Fettleibigkeit, die für viele Krankheiten verantwortlich gemacht wird. Die Adipositas-Quote ist in den letzten Jahren gestiegen statt gesunken.
Rückgang der Artenvielfalt
Die Schadstoffe in der Luft sind nicht ausreichend zurückgegangen. Als Indikator für Artenvielfalt wird der Bestand von 51 Vogelarten herangezogen: Hier ist ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 1970 und auch 1990 zu verzeichnen. Das Ziel – nahe dem Stand von 1970 – wird weit unterschritten. Weit unter den Zielzahlen ist auch der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Ackerflächen. Wenn es so weitergehe, werde es „noch mehrere Jahrzehnte dauern, bis der Zielwert erreicht ist“, so der Bericht. Ob Deutschland es wie angestrebt schafft, die für den Klimawandel verantwortlichen Treibhausgase zu reduzieren, ist offen.
Positiv – also mit einer Sonne – bewertet, werden dagegen unter anderem das deutsche Wirtschaftswachstum, die Beschäftigtenzahl, die Höhe der Entwicklungshilfe und der Rückgang der Raucher. Die Flüchtlingspolitik wird nicht eigens bewertet, einzelne Maßnahmen tauchen etwa unter den Stichworten Bildung, Einkommen, Straftaten und Entwicklungshilfe auf. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) verwies außerdem auf die Bekämpfung von Fluchtursachen.
Die deutsche Übersicht soll der Regierung zufolge als Vorbild für andere Staaten gelten, die ihre Kriterien jeweils anpassen müssten. In afrikanischen Ländern etwa werde man weniger die Entwicklung der Fettsucht überprüfen als die der Unterernährung, hieß es. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, die Nachhaltigkeitsstrategie klinge vielleicht recht abstrakt und technokratisch. „Doch im Kern spricht sie Fragen von existenzieller Bedeutung an.“
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