Junge Erwachsene in Deutschland sind überdurchschnittlich oft mit atypischer Arbeit konfrontiert. Leih- und Zeitarbeit müssen eingeschränkt werden, fordert SPD-Bundestagsabgeordnete Sarah Ryglewski.
Die Beschäftigung ist insgesamt auf hohem Niveau, auch bei den Jungen: Deutschland weist mit 6,6 Prozent für 2017 europaweit die geringste Jugendarbeitslosigkeit bei den 15- bis 24-Jährigen auf und liegt damit weit hinter dem europäischen Schnitt von 17,3 Prozent.
Jedoch sind gerade junge Erwachsene in Deutschland unter 35 mit 27,8 Prozent überdurchschnittlich oft mit atypischer Arbeit konfrontiert. Sie halten sich häufig mit befristeten Arbeitsstellen, Leiharbeit, Werkverträgen, Praktika und Minijobs über Wasser und können nur noch davon träumen, was für vorherige Generationen viel selbstverständlicher war: eine unbefristete, sozialversicherungspflichtige Stelle mit planbarer Bezahlung.
So erreichen sie erst viel später als ihre Eltern finanzielle Unabhängigkeit. Ein Problem, das langsam wächst und, wird es nicht gestoppt, zum Regelfall zu werden droht. Wer nicht weiß, ob sein befristeter Arbeitsvertrag verlängert wird oder die Hoffnung auf Übernahme besteht, erlebt die Konsequenzen in allen Bereichen der Lebensplanung: Vorsorge fürs Alter, langfristige finanzielle Verantwortung oder Familiengründung werden gezwungenermaßen nach hinten geschoben.
Ständige berufliche Brüche und Unsicherheiten haben aber nicht nur individuelle Konsequenzen, sondern auch Folgen für die Gesellschaft. Wer immer wieder neu damit beschäftigt ist, sich zu bewerben und die nächste Miete zu sichern, schiebt eben nicht nur seine eigenen Pläne auf, sondern hat auch für gesellschaftliches, politisches oder gewerkschaftliches Engagement wenig Kraft.
Politik muss den gesetzlichen Rahmen schaffen
Auch im Betriebsklima und dem Machtverhältnis zum Arbeitgeber macht sich eine unsichere Beschäftigungsperspektive bemerkbar. Wer um seine Weiterbeschäftigung bangt, wird möglicherweise weniger konsequent für Mitbestimmung und Arbeitnehmerrechte eintreten. Prekarisierung verstärkt nicht zuletzt die wirtschaftliche Ungleichheit und bleibt nicht ohne Auswirkungen auf Zahlungsfähigkeit und Nachfrage. Maßnahmen zur Entprekarisierung liegen langfristig auch im Sinne der Wirtschaft.
Im Zuge von Arbeit 4.0 muss Politik den nötigen gesetzlichen Rahmen schaffen, ohne arbeitsrechtliche Standards auszuhöhlen. Allem voran müssen wir sachgrundlose Befristung abschaffen und Leih- und Zeitarbeit weiter einschränken.
In einer sich wandelnden Arbeitswelt besteht die beste Absicherung für die Zukunft in einer guten Ausbildung und Investitionen in Weiterbildung und Qualifizierung. Zeiten selbstständiger und unselbstständiger Arbeit werden sich abwechseln. Arbeit ist zentral für Teilhabe und den Aufbau gesellschaftlicher Werte. Gerade junge Menschen müssen auf eine sichere Perspektive bauen können.