Die Lärmaktionsplanungen für Städte und Gemeinden gehen in die nächste Runde. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz zur Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie sieht vor, den Plan alle fünf Jahre zu aktualisieren. Der Flecken Langwedel hat sich jüngst daher ein weiteres Mal mit dem Thema auseinandergesetzt und ein Planungsbüro mit der Aufstellung eines neuen Lärmaktionsplanes für die Gemeinde beauftragt. Inzwischen ist auch die öffentliche Vorstellung des Entwurfes erfolgt.
Was ist der Sinn des Lärmaktionsplanes?
Durch die Betrachtung der Verkehrszahlen auf Hauptverkehrsstraßen soll aufgezeigt werden, wie viele Bürger und in welchen Bereichen diese erhöhten Lärmbelastungen ausgesetzt sind. Auf Grundlage dieser Daten werden mögliche Maßnahmen für eine Verbesserung der Situation aufgezeigt.
Wie lassen sich die Ergebnisse für den Flecken Langwedel zusammenfassen?
Errechnet wurde durch die Lärmkartierung, dass tagsüber rund 3800 Einwohner des Fleckens Langwedel durch Straßenverkehrslärm von Hauptverkehrsstraßen "dauerhaften Belästigungen" ausgesetzt sind. Darunter fallen Lärmpegel zwischen 55 und 65 Dezibel. Weitere 900 Bewohner sind den Berechnungen zufolge aufgrund eines Wertes von mehr als 65 Dezibel "hohen und sehr hohen Belastungen" ausgesetzt. Insgesamt haben also rund 4700 Bürger der Gemeinde tagsüber mit erhöhtem Verkehrslärm zu kämpfen – das entspricht fast einem Drittel der Bevölkerung. Für den nächtlichen Bewertungszeitraum (22 bis 6 Uhr) wird die Zahl der von Straßenlärm belasteten Menschen im Flecken Langwedel mit 3100 angegeben.
Bei der Aufstellung des vorigen Lärmaktionsplanes 2020 war insgesamt nur von lediglich rund 1400 durch Verkehrslärm betroffenen Bürgern der Gemeinde die Rede. Hat die Lärmbelastung seitdem also dramatisch zugenommen?
Nein, dieser Schluss lässt sich nicht ziehen. Der deutlich erhöhte Wert von Betroffenen kommt schlicht dadurch zustande, dass ein neues Berechnungsverfahren angewandt wurde. Und durch dieses werden die Grenzwerte von deutlich mehr Haushalten überschritten. Dieses EU-weit einheitliche Verfahren soll für eine bessere Vergleichbarkeit der Mitgliedsländer führen. In diesem Fall sorgt es aber dafür, dass für eine Kommune wie Langwedel ein Vergleich mit den Werten von vor einigen Jahren quasi unmöglich ist.
Was sind weitere Probleme der Lärmaktionsplanung?
Berücksichtigt wird nur der Lärm durch Hauptverkehrsstraßen, auf denen am Tag im Schnitt mindestens 8000 Fahrzeuge verkehren. Im Flecken Langwedel sind dies lediglich die Autobahn 27 (von Verden-Nord bis Achim-Ost) und die Landesstraße 158 (durch Etelsen, Cluvenhagen, Daverden und Langwedel). Auch der Lärm durch Zugverkehr findet in dem Aktionsplan keine Beachtung. Somit dürfte die Gesamtzahl an Lärmgeschädigten noch höher liegen als in der Planung aufgeführt. Das größte Problem der Lärmaktionsplanung ist jedoch die fehlende Verbindlichkeit. "Ein gesetzlicher Anspruch auf Lärmminderung allein aus der strategischen Lärmkartierung entsteht für die belasteten Einwohner nicht", heißt es in dem Bericht. Da die betrachteten Straßen nicht im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde liegen, wäre diese also auf bei der Umsetzung von Maßnahmen auf die Autobahn GmbH des Bundes (A 27) oder das Niedersächsische Landesamt für Straßenbau und Verkehr (L 158) angewiesen.
Welche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation werden in dem Bericht vorgeschlagen?
Besonders Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der Landesstraße sind als effektives Mittel bei minimalen Kosten und kurzfristiger Umsetzbarkeit genannt. Was diese bewirken können (etwa 2 bis 3,5 Dezibel Belastung weniger), wird auch anhand einiger konkreter Beispiele aufgezeigt. Würde etwa die Höchstgeschwindigkeit in den Bereichen mit Tempo 50 auf 30 km/h reduziert werden, gäbe es in Cluvenhagen 42 Prozent, in Etelsen 32 Prozent und in Daverden (Einmündungen Berliner Straße bis Spiridonweg) 26 Prozent weniger lärmbelastete Personen. Unter dem Autobahnlärm leiden laut dem Aktionsplan insbesondere die Ortschaften Giersberg (196 Betroffene) und Nindorf (150 Betroffene). Diesbezüglich wird empfohlen, die zuständige Stelle zu bitten, diese Bereiche in eine Liste für mögliche Lärmsanierungen (etwa Schallschutzwände) aufzunehmen.
Wie hoch sind die Chancen auf eine Umsetzung?
Sehr gering. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die zuständigen Stellen zum Beispiel Temporeduzierungen nur bei triftigen Gründen (zum Beispiel bei Unfallschwerpunkten) zustimmen. Forderungen und Wünsche von Städten und Gemeinden finden daher nur selten Gehör.
Wie fällt die Bewertung durch Verwaltung und Politik aus?
Im Rahmen der Vorstellung des Entwurfes wurde deutlich, dass die Lärmaktionsplanung eher als Pflichtaufgabe angesehen wird und aufgrund ihrer Unverbindlichkeit weniger als Werkzeug, um wirklich etwas zum Positiven bewirken zu können. Oder wie es Andreas Noltemeyer (WGL) ausdrückte: "Es ist wieder viel Papier bewegt worden für ein laues Lüftchen."