Geschwister können Fluch und Segen zugleich sein: Sie ärgern sich, helfen einander oder haben zusammen Spaß. Die beiden letztgenannten Punkte überwiegen wohl beim Stührenberg-Sextett, das der WESER-KURIER seit Geburt der Vierlinge in unregelmäßigen Abständen besucht. Dass alle ein sehr enges Band verbindet, daran lassen die sechs Kinder von Janine und Jörn Stührenberg keinen Zweifel. Eine erneute Stippvisite bei der Arster Großfamilie zum Tag der Geschwister.
Die vier inzwischen 15-jährigen Jugendlichen Liv, Fiona, Marten und Fin flachsen mit ihren beiden älteren Geschwistern Lea (20 Jahre) und Bruder Joel (24) herum und bringen sich in einer kurzen Vorstellungsrunde für die Zeitungsreporterin durch gegenseitige Kommentare oft zum Lachen. „Sie nehmen sich alle nicht so ernst“, bemerkt ihre Mutter – und lächelt.
Im Laufe der Jahre hat ihre Rivalität ab- und das Zusammengehörigkeitsgefühl zugenommen. Obwohl Joel längst ausgezogen ist und mit seiner Partnerin sowie der zweijährigen Tochter Josephine in einer eigenen Wohnung lebt, schaut der Älteste regelmäßig mit seinen Lieben zum Sonntagsessen im elterlichen Reihenhaus in Arsten vorbei. „Mir fehlt etwas, wenn ich meine Familie nicht regelmäßig sehe“, gesteht der 24-Jährige. „Mittlerweile ist es so, dass sich jeder für jeden interessiert“, ergänzt seine Schwester Lea. „Man hat Angst, dass man etwas verpasst, weil jeder mit jedem aus der Familie so close ist.“
Die Tradition des Familienessens hat Janine Stührenberg von ihrer Mutter übernommen. Sie kocht jeden Sonntag für die ganze Bande – bis zu 15 Personen. „Wir essen alle zusammen und gucken dabei, wie es jedem Einzelnen geht“, sagt die 43-jährige Erzieherin. „Es fühlt sich gut an: Alle Leute sind da, die zu einem gehören“, sprudelt es aus Fiona heraus.
„Es ist schon etwas Besonderes, so viele Geschwister zu haben“, findet Liv. „Und es macht viel Spaß.“ Schließlich stehen bei den Vierlingen und ihren Geschwistern gemeinsame Unternehmungen hoch im Kurs – auch mit der ganzen Familie, die nicht nur im Leben, sondern auch im Glauben einen gemeinsamen Weg geht. Gemeinsam besuchen sie den Gottesdienst, und alle sind in der Paulus-Gemeinde sehr aktiv, Fin und Liv engagieren sich zum Beispiel in der Jugendarbeit.
Die zwei besuchen eine achte Klasse der Freien Evangelischen Bekenntnisschule und mögen Leichtathletik, während der zweite Teil des Quartetts, Fiona und Marten, in eine andere Klasse geht und das Faible für Musik teilt: Fiona spielt Klavier, Marten Gitarre. „Jeder von uns hat eigene Freunde, aber wenn zum Beispiel eine Freundin von Fiona da ist, machen wir oft alle zusammen was, weil es auch unsere Freundin ist“, erzählt Liv und betont, dass ihre Eltern immer ein offenes Haus für Besuch haben.
„Ich finde es sehr schön, dass es immer jemanden gibt, zu dem man gehen kann, und man sich aussuchen kann, zu wem“, betont Liv. „Wenn es um technische Dinge geht, fragt man Marten“, erzählt Lea. Die 20-Jährige absolviert eine Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistenz und hat für einen Plakatentwurf Fiona um Hilfe gebeten, die in der Großfamilie als „kleiner Nerd für kreative Gestaltung“ gefragt ist.
In ihrem Familienalltag finden die Geschwister immer eine Ansprechperson und Hilfe. Das schätzen sie. Andererseits müssen sie oft Rücksichtnahme und Toleranz üben und lernen, sich selbst zu behaupten. „Wir mussten uns alle damit abfinden, zu sechst zu sein“, stellt Lea nüchtern fest. „Wir sind gegenseitige Wegbegleiter: Aber wichtig ist, dass man sich auf Augenhöhe begegnet, sodass jeder in unterschiedlichen Dingen Vorbild sein kann.“
Der offene, ehrliche Umgang miteinander trägt ihrer Ansicht nach viel zum wertgeschätzten Miteinander bei. Das würden ihre Eltern ihnen vorleben, versichert Lea. Zum Beispiel im Familienrat, in dem gleichberechtigt diskutiert und entschieden wird. Da hätten sich die Kinder mehrheitlich auch mal gegen sie durchgesetzt, erinnert Lea. Am Ende steht meistens ein Kompromiss. „Mama sagt, wenn, dann machen wir Dinge als Familie“, erzählt Liv. „Also alle.“
Das eigene Zimmer bietet den Vierlingen jetzt ihren persönlichen Freiraum, dessen Gestaltung und Ordnung in eigener Verantwortung liegt. Nach einem Wasserschaden im Dachgeschoss haben Fiona und Marten Livs‘ Zimmer ein- und komplett umgeräumt, die dazu keine Lust hatte. „Ich fand‘s toll“, lobt die 15-Jährige ihre Geschwister, die ihren Geschmack so gut getroffen haben, dass sie nur ein Möbelstück umgestellt hat. Und weil die drei Jungen und Mädchen das Argument ihrer Eltern „Viele Hände – schnelles Ende“ auch für den Hausputz am Wochenende verinnerlicht haben, braucht es bis auf eine Terminübersicht keinen Plan. Jeder packt freiwillig an, wo es nötig ist. Daher unterstützen jetzt alle Lea.
Ein Jahr lang haben ihre Geschwister und Eltern bei der Kernsanierung der neuen Wohnung geschuftet, damit die 20-Jährige gleich nach der Hochzeit mit ihrem Mann in diesem Monat dort einziehen kann. Darüber hinaus will jedes Familienmitglied auch seinen Teil zum Gelingen der Feier beitragen. „Ich bin immer fasziniert, was für Beziehungen es unter den Geschwistern gibt“, gesteht Janine Stührenberg, denn sie ist als Einzelkind aufgewachsen.