Wer auf dem Lütt'n Peerhoff arbeitet, der muss nicht nur mit anpacken, sondern auch wetterfest sein. Boxen ausmisten und die Pferde versorgen steht täglich auf dem Programm - bei Wind und Wetter und auch an den Wochenenden. Aber auch die Zäune müssen dann und wann repariert, die Brennnesseln gesenst und die Tomaten gepflanzt werden. Paula Jacobs, Trixi Woicke, Emely Weiler und Maite Rothgeber wussten, worauf sie sich einlassen, als sie ihre Bundesfreiwilligendienste auf dem Hof in Seebergen begannen. Vielmehr haben sich die vier jungen Frauen ganz bewusst für die körperliche Arbeit entschieden.
Der Verein "Lütt’n Peerhoff" hat die Förderung der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Behindertenhilfe als Schwerpunkt und bietet pferdegestützte Begleitung sowie natur- und heilpädagogische Arbeit mit Pferden an, die auf dem Hof leben. Während die drei fest angestellten Mitarbeiterinnen Jannis Wiebke Eller, Mirca Döscher und Melanie Blum die Stunden mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern übernehmen, obliegt es den Bufdis in erster Linie, die Pferde zu versorgen und sich um den Hof zu kümmern. Aber auch in den Stunden mit den Kindern und Jugendlichen sind sie unterstützend dabei, wenn sie möchten.
Eigene Erfahrungen machen
"Ich war nach dem Abitur noch nicht sicher, was ich machen will", sagt Trixi Woicke. Klar sei nur gewesen, dass sie nach Jahren in dem "verkopften Schulsystem" raus an die frische Luft wollte. "Ich wollte mit den Jahreszeiten gehen und etwas mit meinen Händen machen", sagt die 18-Jährige aus Schwachhausen. Seit Anfang des Jahres ist sie als sogenannter Bufdi auf dem Pferdehof. Sie kannte den Vereins und dessen Angebot aber schon vorher, weil sie es selbst jahrelang genutzt hat, wie sie erzählt.
Ebenso geht es Paula Jacobs aus Borgfeld. "Ich wollte herausfinden, was es bedeutet, jeden Tag Tiere versorgen zu müssen und zu erfahren, wie anstrengend das ist", erklärt die 19-Jährige, die ebenfalls als Teilnehmerin aktiv auf dem Peerhof war. Sie habe den Unterricht in der Schule immer als sehr theoretisch empfunden, "mir hat das Tun gefehlt". Das wollte sie nach dem Abitur nachholen.
Der 20 Jahre alten Emely Weiler aus Grasberg dient das Jahr zur Orientierung. Und Maite Rothgeber kannte als Einzige der vier jungen Frauen den Hof im Vorfeld nicht. "Ich habe mich ganz bewusst für den Bundesfreiwilligendienst entschieden und den Peerhoff im Netz gefunden, ich wollte gerne etwas mit Kindern und Tieren machen", sagt die 19-jährige Kirchtimkerin.
Die vier Freiwilligen teilen sich die Arbeit auf dem Hof in zwei Schichten: von 8 bis 16 Uhr und von 12 bis 20 Uhr. "Anfangs war es eine ziemliche Umstellung, plötzlich acht Stunden hier zu sein", erzählt Paula Jacobs, die ihren Dienst im August angetreten hat. Vor allem die Erfahrung, selbstständig, aber dennoch im Team zu arbeiten, habe sie positiv überrascht. "In der Schule habe ich es immer als eher unangenehm empfunden, in der Gruppe zu arbeiten."
Verantwortung übernehmen
Laut Diplom-Pädagogin Jannis Wiebke Eller ist die Arbeit auf dem Peerhoff eine besondere Art des Bundesfreiwilligendienstes. "Es gibt ganz viele Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen." An der Pferdeversorgung führe kein Weg vorbei, aber die Absolventinnen könnten sich auch kreativ einbringen, wie etwa Motive für Flyer zu zeichnen oder Fotos für Werbung zu machen. "Die Fähigkeit der Bufdis werden hier willkommen geheißen und kriegen einen Platz. Ich glaube, es ist nicht immer und überall der Fall, sich so zu erproben", sagt Eller, die seit Jahren mit Freiwilligen auf dem Hof arbeitet. Aber Eller geht noch einen Schritt weiter: "Der Bundesfreiwilligendienst bei uns auf dem Hof qualifiziert dafür, Verantwortung zu übernehmen. Die Werte, die wir hier leben, geben wir weiter und vermitteln das Know-how dafür."
Das spüren auch die vier jungen Frauen. "Das Miteinander hier gibt mir was, sonst hätte ich das nicht gemacht", sagt Paula. Für sie und die anderen hat sich die Zeit in Seebergen schon jetzt als große Erfahrung herausgestellt und sie auf dem Weg in die berufliche Zukunft weitergebracht. So habe sich die "Faszination für den Misthaufen" für sie als Kind auf dem Hof nicht ergeben. Als junge Erwachsene jedoch habe sich nun der Blick für das ökologische Bewusstsein geschärft. "Es gibt hier einen für mich neuen Lebensrhythmus, der total bereichernd ist, und ich habe die körperliche Arbeit zu schätzen gelernt." Sie wisse nun, was sie im späteren Berufsleben unbedingt benötige: den Kontakt zu Natur und Tieren.