Zunehmend wird in der Landespolitik die Frage gestellt, ob ein eigener Sender fürs kleinste Bundesland noch zeitgemäß ist. Ein Zusammenschluss mit dem NDR steht zwar im Raum, erzeugt jedoch keine große Begeisterung.
Könnte Markus Söder entscheiden, wäre die Sache klar. München sei zweieinhalb mal so groß wie Bremen, räsonierte der CSU-Generalsekretär vor zwei Jahren auf einem Medienkongress. Doch komme niemand auf die Idee, für die Metropole eine eigene öffentlich-rechtliche Anstalt einzurichten. "Ist es zeitgemäß, so viele ARD-Anstalten aufrechtzuerhalten?"
Auch andere Landespolitiker haben in der Vergangenheit mehr oder weniger offen die Existenz von Radio Bremen infrage gestellt. Zuletzt ist es jedoch ruhig geworden: Der neue flächendeckende Rundfunkbeitrag sorgt für zusätzliche Gebühren-Milliarden, eine Aufstockung des ARD-Finanzausgleichs hat die größte Finanznot der kleinsten deutschen Rundfunkanstalt gelindert.
Spätestens ab Ende des Jahrzehnts, glauben Experten, könnte es für den Sender richtig eng werden. Eine neue Arbeitsgruppe der Länder soll in den kommenden Monaten Sparmöglichkeiten ausloten. Ihr Auftrag ist es, einen stärkeren Anstieg des Rundfunkbeitrags für die vier Jahre ab 2021 zu vermeiden. Das wird ohne Kürzungen im Programm dann nicht mehr möglich sein.
Nordwestradio unter Regie der Bremer
"Ich gehe davon aus, dass es zum Beispiel eine Debatte bezogen auf die Anzahl der Hörfunkprogramme geben wird", sagt Frank Werneke, Vizechef der Gewerkschaft Verdi. "Das ist ein Thema, das in den Ländern bewegt wird." Schnell könnte Radio Bremen ins Visier geraten: Für eine so kleine Anstalt ist man mit vier Wellen noch recht üppig ausgestattet.
Das öffentlich-rechtliche System ist unter neuen Rechtfertigungsdruck geraten. Fusionen wie zwischen dem SR und SWF haben gezeigt, wie sich historisch entstandene, wenig sinnvolle Senderstrukturen in Zeiten knapper Kassen umbauen lassen. Ein Modell auch für Radio Bremen? Bei einem Zusammenschluss mit dem NDR hätte Bremen nur noch ein Landesfunkhaus.
Es gäbe weniger Bremer Programm, mehr Kooperationen. Der frühere Radio-Bremen-Intendant Heinz Glässgen wollte diesen Weg gehen: eine engere Anbindung an den NDR. So schuf er das Nordwestradio, eine gemeinsame Welle mit den Hamburgern. Nachfolger Jan Metzger korrigierte den Kurs, er will die Unabhängigkeit unbedingt retten.
So funkt das Nordwestradio unter alleiniger Regie der Bremer. Zupass kommt ihm, dass auch der NDR die Fusion gar nicht will. "Man scheut die hohen Pensionslasten, die man übernehmen müsste", sagt ein Insider. Auch müsste der NDR-Staatsvertrag neu ausgehandelt werden, mit dann fünf Ländern – ein heikles Unterfangen.
Digital auf allen Kanälen
Die Zukunft von Radio Bremen, sie liegt in den Händen der Politik. Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) betrachtet den Sender als "Symbol der Selbstständigkeit" seines Landes. Jeder Bremer Politiker, der eine Fusion zuließe, schadete sich selbst: Er müsste auf Sendezeit verzichten. Die Zukunft des kleinsten Senders ist zugleich die Zukunft des kleinsten Bundeslandes.
Doch es bleibt das Problem, dass Radio Bremen alleine nicht lebensfähig ist. Lange vorbei sind die Zeiten, da der Sender drei Prozent zum ARD-Angebot beisteuerte und mit TV-Höhepunkten wie den Loriot-Sketchen bundesweit Furore machte. Nur noch 0,7 Prozent sind es heute.
Neuerdings versucht sich der Sender als digitale Avantgarde – mit Formaten wie "Was mit Fabian", die Teil des künftigen "jungen Angebots" von ARD und ZDF sein sollen. Zweimal pro Woche produziert der Youtuber Fabian Nolte mit dem Team der Wochenwebschau ziemlich harmlose Filmchen, die inhaltlich die Hürde nehmen müssen, "irgendwas Satirisches" darzustellen.
Man spielt via Facebook, Twitter, Instagram und Snapchat aus und wäre gerne "wie so eine große Social-Media-Marke". Wer im Youtube-Universum vorne mitspielt, hat in Deutschland eine Million Abonnenten oder mehr. Bei "Was mit Fabian" sind es 4777. Vielleicht ist das die Zukunft.