Ein Auto nur für eine Sportart: das Rennteam Weserkraft widmet sich dem Dragracing - und zeigt seinen schnellsten Wagen.
Mit einer Hand am Dach zieht sich der hochgewachsene Mann hinter der langen Lenkstange hervor. Dann hat es Andreas Pleuß geschafft, und sich aus dem engen Nachbau eines 58er Chevrolets Impala befreit. Das Auto mit dem 1250 PS-Motor und zusätzlichen 800 PS durch eingespritztes Lachgas ist eben nicht für gemütliche Spazierfahrten gedacht. Der Chevrolet, den das Weserkraft Racing Team im Schuppen 1 der Überseestadt mehreren Dutzend neugierigen Motorsportfans präsentiert, ist ein Rennauto, der Dragster. Im Dragracing, einem in den USA der Nachkriegsjahre entstandenen Sport, geht es darum, kurze Distanzen wie eine Viertelmeile oder Achtelmeile auf gerader Strecke bei stehendem Start schnellstmöglich zurückzulegen.

Auch von hinten schön anzusehen: der neue Dragster des Weserkraft Racing Teams.
Durch Luftdruck am Boden
„Na, wenn das Ding abfliegt, dann gute Nacht“, bangt ein Mann, der den technischen Details lauscht. Doch Pleuß und Teamchef Udo Fink – „ohne ihn würde ich keinen Meter fahren“ – können den Besucher beruhigen. „Der steigt nur vorne hoch“, berichtet Udo Fink. Das sehe zwar spektakulär aus, da man aber nicht in die Luft wolle, sei an dieser Stelle vorgesorgt. Eine so genannte Wheelie-Bar, die etwa zwei Meter hinter dem Fahrzeug herausragt, verhindert den Hochstart, 17 Zoll breite Reifen mit geringem Luftdruck kleben den Boliden förmlich auf den Grund.
Schaltet die Startampel auf grün, geht es darum, dass ein reaktionsschneller Fahrer die Kraft des Fahrzeugs optimal dosiert, um möglichst schnell vorwärts zu kommen. Nur sieben Sekunden benötigt Pleuß‘ Dragster, um eine Geschwindigkeit von 295,3 Stundenkilometern zu erreichen. „Ein echter Profimotor“, schwärmt Andreas Pleuß.
Bremsschirme verringern die Fahrt

Der Motor des Wagens, der mit 1250 PS auf extrem hohe Geschwindigkeiten ausgelegt ist.
Vor jeder Strecke, egal ob sie nun 400 oder 200 Meter kurz ist, müsse der Motor erneut geprüft werden. „Hier wirken enorme Kräfte“, sagt Udo Fink. Da müsse, allein der Sicherheit zuliebe, alles stimmen. Zum anderen erhöht ein optimal eingestelltes Auto die Chancen auf den Sieg. „Auf so einer kurzen Strecke gibt es keine zweite Chance, man kann den Gegner nicht nach der nächsten Kurve überholen. Alles konzentriert sich auf diesen einen Lauf“, beschreibt Udo Fink die Situation. Kein Fahrer könne während des Rennens analysieren, was in wenigen Sekunden passiert ist. Das übernimmt ein Messsystem, das Temperaturen und Drehzahlen auf den Grund geht.
Rennstrecken auf Flugplätzen
Gefahren hat Andreas Pleuß seinen Rennwagen in Deutschland noch nicht. Nur in Malmö, dort gibt es nämlich die richtigen Rennstrecken. Die seien auf Flugplätzen gelegen und mit einem Kleber behandelt, der den Reifen optimalen Halt biete. „In der Regel haben Flugplätze normalen Asphalt“, zeigt Pleuß das in Deutschland herrschende Manko auf. Hier präpariere niemand ein Rollfeld. „Wenn man Pech hat, hat man dann 400 Meter schwarze Streifen.“ Die durchdrehenden Reifen zu vermeiden, das sei die Kunst.
Die Speeddays im thüringischen Alkersleben Anfang Juni sollen der Start in die Rennsaison sein. Andreas Pleuß’ eigentliches Ziel: Die European Drag Racing Series mit Großveranstaltungen wie einem Rennen auf dem Hockenheimring oder dem britischen Santa Pod Raceway.
Wie viel sein flotter Flitzer gekostet hat, das verrät Andreas Pleuß nicht. „Motorsport ist immer teuer“, sagt er grinsend und zuckt die Achseln. Den Sinn, nein, den könne er auch nicht erklären – für alle die, die über diese Sportart nur den Kopf schütteln. „Es ergibt keinen Sinn, und genau das ist der Reiz daran.“ Kurz überlegt der Rennfahrer noch – und sagt, wieder grinsend: „Leider geil.“