Das TV-Experiment „Diktator“ von ZDFneo kaserniert acht Teilnehmer an einem unbekannten Ort - darunter der Bremer Mirco Graubner.
Knallharte Befehle, Herrschsucht, Unterwerfung – was passiert mit Menschen, wenn sie in ein Leben ohne Demokratie eintreten? In eine fiktive Diktatur. Der Bremer Mirco Graubner hat es getan. Graubner ist 29 Jahre alt, seit 13 Jahren in der Gastronomie tätig, Vater einer zweijährigen Tochter und arbeitet derzeit als selbstständiger Mietkoch. Normalerweise lässt er sich von Kunden buchen, um in deren Häusern zu kochen.
Nun ist er aber auch einer der Protagonisten in der vierteiligen Serie „Diktator“, die acht junge Menschen bei einem Versuch begleitet, sich in diktatorische Verhältnisse einzuleben. Dabei musste er alle seine Sachen vorzeigen und sich rigoros kontrollieren lassen. Seine persönliche Kleidung musste er ablegen, stattdessen gab es eine Uniform: Hose, Hemd, Schuhe – alles einheitlich in Schwarz.
In dem TV-Experiment von ZDFneo wurden Teilnehmer an einem unbekannten Ort einkaserniert. Der Fachbegriff dafür lautet „Social Factual“ und erinnert irgendwie an „Big Brother“ – komplette Überwachung, allerdings im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Handy, Radio, aktuelle Nachrichten oder Kontakt zur Außenwelt gab es bei dem Experiment nicht. Die acht Deutschen im Alter von 19 bis 31 Jahren sollten sieben Tage lang nach strengen Regeln leben. Auf die Privilegien einer Demokratie mussten sie verzichten. Das bedeutete Isolation und so gar keine freiheitlichen Rechte.
Mit Augenklappen zum Dreh
Ende August hat Graubner die Anfrage erhalten. Er hatte an keinem Casting oder Bewerbungsverfahren teilgenommen, sondern die Produktionsfirma Bavaria Entertainment aus Köln/Hürth war über seine Internetseite auf ihn aufmerksam geworden. Graubner ist in Bremen geboren, hat dort seine Ausbildung als Koch und anschließend als Servicekraft absolviert. Danach arbeitete er lange als Restaurantleiter im Ristorante Rossini Patera.
27 Jahre wohnte er in der Hansestadt, dann zog er für seine Tochter ins niedersächsische Steyerberg. Als Mietkoch arbeitet er immer wieder in seiner Heimatstadt. Erst nach zwei Tagen antwortete er auf die Mail, weil er dachte, es sei eine Spam-Nachricht. Es folgte ein Austausch mit der Filmfirma und nach einem Gespräch kam die Zusage. „Ich wusste allerdings so gut wie nichts über das Experiment“, sagt Graubner, der aber etwas Neues ausprobieren wollte. Er habe viel darüber nachgedacht und Vermutungen angestellt. „Doch nichts davon ist eingetreten.“
Mitte Oktober war es soweit. Er fuhr nach Köln. „Am ersten Abend wurden die acht Teilnehmer alle in unterschiedlichen Hotels untergebracht, damit wir uns vorher nicht kennenlernen“, erinnert sich Graubner. Mit Kopfhörern und Augenklappen saß er am nächsten Tag in einem Auto und wurde zu einem unbekannten Ort gebracht. Dort sahen sich die Teilnehmer das erste Mal bevor es weiter ging, erneut mit verbundenen Augen. Nachdem die Protagonisten das für sie unbekannte Industriegebäude betreten hatten, begann die Uniformierung. Die vier Männer wurden komplett in schwarz gekleidet, die vier Frauen erhielten schwarze Röcke und Schuhe, weiße Socken und Blusen.
Preisgeld sollte Teilnehmer locken
Feste Arbeitsschichten, eine Ausgangssperre, klare Vorschriften und ständige Ansagen des unbekannten Diktators bestimmten den Alltag. Die Männer mussten Kekse backen, die Frauen bügeln. Jeder hatte sein eigenes kleines Zimmer mit einem Feldbett und einer Kiste. Stahltüren, zugeklebte Fenster und dicke Wände bestimmten das Bild. Jeden Tag gab es das gleiche Essen. „Die Ansagen des Diktators kamen entweder über Lautsprecher, einen Fernseher oder per Telefon“, sagt Graubner.
Er habe unter ständiger Beobachtung gestanden und anfangs fast alle Befehle befolgt. „Ich kannte den Trott noch von der Bundeswehr“, so Graubner. Er habe sich erst gar nicht widersetzt und der Autorität komplett unterstellt. Doch irgendwann habe es auch bei ihm Klick gemacht. Dadurch habe er definitiv eine starke Veränderung durchlebt, sagt er jetzt. Für das Experiment erhielten die Teilnehmer auch Geld, ein Preisgeld sollte zudem locken. Wer es bekommen hat, wird noch nicht verraten.
Die Idee des TV-Formates erinnert an den deutschen Psychothriller „Das Experiment“ mit Schauspieler Moritz Bleibtreu oder das im Roman „Die Welle“ dargestellte Sozialexperiment. Die beiden Sozialpsychologen Christine Flaßbeck und Jonas Rees analysierten während der gesamten Zeit das Experiment, teilt das ZDF mit.