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Freundeskreis der Hausmusik präsentiert Felix Mendelssohn Bartholdys „Die Heimkehr aus der Fremde“ Sommerliches Singspiel auf hohem Niveau

Ein Hauch von „Sommer in Lesmona“ wehte jüngst durch den Park beim Focke-Museum in Schwachhausen. Die dortige Musiktheater-Aufführung bildet jedes Jahr den Höhepunkt der Konzert-Reihe „Fockes Pavillon“. In diesem Jahr wurde das Singspiel „Die Heimkehr aus der Fremde“ von Felix Mendelssohn Bartholdy gegeben.
21.08.2014, 00:00 Uhr
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Von Sigrid Schuer

Ein Hauch von „Sommer in Lesmona“ wehte jüngst durch den Park beim Focke-Museum in Schwachhausen. Die dortige Musiktheater-Aufführung bildet jedes Jahr den Höhepunkt der Konzert-Reihe „Fockes Pavillon“. In diesem Jahr wurde das Singspiel „Die Heimkehr aus der Fremde“ von Felix Mendelssohn Bartholdy gegeben.

Welch’ ein entzückendes, amüsantes Werkchen! Der Freundeskreis der Hausmusik der Familien Bulling und Castringius gräbt seit zehn Jahren immer wieder selten gespielte Schätze der Opernliteratur aus. Jedes Jahr bildet die Präsentation dieser inzwischen schon „legendären Opern“, so Norbert Kölle, Kaufmännischer Geschäftsführer des Focke-Museums, in seiner Begrüßungsansprache, den Höhepunkt der sommerlichen Konzert-Reihe „Fockes Pavillon“. Durch den idyllischen Park, der das Focke-Museum umgibt und in dem der Pavillon steht, wehte bei schönstem Wetter ein Hauch von „Sommer in Lesmona“. Kein Wunder, dass das Publikum nur so strömte.

Dieses Mal erklang das Singspiel „Die Heimkehr aus der Fremde“, das der 20-jährige Felix Mendelssohn Bartholdy 1829 anlässlich der Silberhochzeitsfeier seiner Eltern komponierte. „Es wurde im Beisein von Goethe uraufgeführt“, erläuterte Arnold Castringius, seit zehn Jahren Impresario des Freundeskreises. Der Jurist und Cellist kündigte in den von ihm gedichteten, einleitenden Zeilen „schöne Töne und edles Timbre“ und Musikerinnen und Musiker, Akteurinnen und Akteure „voller Witz, Kraft und Talent“ an. „Bisher waren wir ja eher eine Rentnerband, jetzt sollen die jungen Musiker und Musikerinnen der Bläserfraktion für neuen Drive sorgen“.

Da hatte er nicht zu viel versprochen.Unter der souveränen Leitung des jungen Berliner Dirigenten Lars Straehler-Pohl entfaltete sich ein filigraner, transparenter Orchesterklang. In „Die Heimkehr aus der Fremde“ blitzt schon die spätere Genialität Felix Mendelssohn Bartholdys auf, die den Zuhörer bedauern lässt, dass er später nur wenige Opern komponierte, die heute so gut wie nie aufgeführt werden. Das Ensemble und das Orchester setzt sich aus sogenannten „dilettanti“, Amateuren, zusammen, die die Liebe zur klassischen Musik eint. Die Kategorisierung „dilettanti“ ist in diesem Fall Tiefstapelei, denn alle Beteiligten erfüllten bestens professionelle Ansprüche.

In dem Singspiel-Einakter wird, wie der Titel schon verrät, die „Heimkehr aus der Fremde“ des schmerzlich vermissten Hermann erzählt, des Sohnes von Bürgermeister Schulz. Gerade rechtzeitig kehrt er zum Fest anlässlich des 50. Dienstjubiläums des Bürgermeisters, das der Chor der Landbevölkerung freudig besingt, vom Militär zurück. General ist er aber nicht geworden, wovon Claus Bulling als sein Vater träumt.

Es dauert allerdings eine Weile bis Lisbeth, seine Braut in spe, ihn wiedererkennt. Regisseurin Gundel Gebauer illustriert schon die leichte Ouvertüre mit einer Pantomime, in der die Familiengeschichte erzählt wird. Nach und nach schauen das Ehepaar Schulz, ihre Pflegetochter Lisbeth und ihr Sohn Hermann in verschiedenen Gemütslagen durch einen Bilderrahmen. Inga Noltenius-Bulling gibt in der Rolle der Bürgermeister-Frau die besorgte Mutter, die ihrem Sohn das Haar glatt streicht und ihm einen Kuss auf die Wange drückt. Worauf Hermann im Matrosenanzug und mit Holzschwert eine Schnute zieht. Inga Noltenius-Bulling singt mit gut disponiertem Sopran gleich darauf voller Melancholie: „Wilde Jugend, wer schützt Dich?“. Gern würde sie „List und Zauberei“ anwenden, „damit er behütet sei“.

Viel Spielwitz

Die Regie von Gundel Gebauer bestach durch viel amüsanten Spielwitz. Wie stark und wild, dabei aber gleichzeitig auch zärtlich und lieb Hermann sein kann, wie seine Braut Lisbeth schwärmt, stellt Jan Hübner von der ersten Sekunde an mit großer Bühnenpräsenz, Phrasierungskunst und viel komödiantischem Talent unter Beweis. Der junge Tenor, der als Nachfolger von Wolfgang Helbich den Bremer RathsChor leitet, ist der einzige Profi im Ensemble. Seine hell und lyrisch timbrierte Stimme berechtigt zu den schönsten Hoffnungen, dass hier ein wunderbarer Mozart-Tenor heranwächst. Seine kultivierte Stimme kommt besonders gut in der Romanze „Wenn die Abendglocken läuten“ zur Geltung.

Johanna Boehme in der Rolle der Braut in spe Lisbeth erweist sich ihm als durchaus ebenbürtig. Mit dem kecken Charme des Blondchens aus Mozarts „Entführung aus dem Serail“ und der Ausdruckskraft ihres ansprechenden, filigranen Soprans gibt sie mal die fröhliche Naive, die munter drauflos plappert, sobald der reisende Krämer Kauz sie ausfragt. Kauz, der es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, würde sich nur zu gern ins gemachte Nest setzen und Lisbeth für sich gewinnen.

Johannes Volk stimmt mit rustikalem Bassbariton, dem es jedoch an Schmelz fehlt, eine Aufschneider-Arie an, die an den „Zigeunerbaron“ von Johann Strauß erinnert. Er brüstet sich bereits, „alles an der Schnur“ zu haben und lässt Lisbeth wie eine Marionette tanzen. Doch da hat er die Rechnung ohne Hermann gemacht, der sich mit Kauz ein Nachtwächter-Duell liefert. In dem Duett „Zur Ruh’, es ist tiefe Nacht“ tänzelt Jan Hübner mit enormer Beweglichkeit und kokettem Hüftschwung über die Bühne. Da bleibt Kauz nur noch, finstere Rache zu schwören, doch die glückliche Verbindung von Hermann und Lisbeth, die in einem beschwingten Finale endet, vermag er doch nicht zu verhindern. Das Publikum zeigte sich anschließend in Geberlaune und spendete fleißig für die Initiative des Vereins „Bremer Notenschlüssel“, zu dessen Vorstandsmitgliedern Arnold Castringius ebenfalls gehört. Der Verein ermöglicht es Schülerinnen und Schülern der Grundschule Andernacher Straße in Osterholz-Tenever, Streichinstrumente zu erlernen. „Sie sind mit großer Begeisterung dabei“, sagte Castringius und hob dabei die positiven Auswirkungen auf das Sozialklima an der multikulturellen Schule hervor.

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