Sie kamen zusammen, um für „ihr Wohnzimmer“ zu kämpfen. Mit Absperrband formierten sich am Sonnabend zahlreiche Menschen vor der Dete zu einem sternförmigen Kunstwerk, um den Zusammenhalt zu verdeutlichen, den das Kultureinrichtgungshaus in die Neustadt gebracht hat. Die Aktion „Knotenpunkt“ ist nicht nur ein Loyalitätsbeweis, sondern auch ein Versuch, das nahende Aus abzuwenden. Wenn am 31. Juli der Mietvertrag ausläuft, schließen sich die Türen der Dete in der Lahnstraße. Verhindern will das die Bürgerinitiative „Pro Dete“ und stellt klare Forderungen.
Die Fensterscheiben der Dete sind mit zahlreichen Botschaften beklebt. Botschaften der ein- und ausgehenden Gäste, die über Wochen in einem kleinen Karton gesammelt und aufbewahrt wurden. Es sind Liebeserklärungen, berührende Statements und Wortmeldungen, die nur so vor Fassungs- und Verständnislosigkeit wimmeln. Die Dete ist für mich... „genau das, was die Neustadt braucht“, „ein Ort zum Verlieben“ oder gar „ein Lebenselixier“, heißt es beispielsweise. Weitere Gründe, weshalb die Dete bleiben müsse, stehen auf buntem Papier und zieren einen von Baum zu Baum gespannten Gurt. „Die Dete muss bleiben, weil sie den Standort links der Weser aufwertet“ oder „...weil sie Kulturen verbindet“.
Die eigentliche Attraktion an diesem Nachmittag, zu dem die Bürgerinitiative „Pro Dete“ mit ihrer Aktion „Knotenpunkt“ eingeladen hat, sind jedoch die Menschen. Schon vorweg: Der Versuch, sie als eine homogene Gruppe zu beschreiben, scheitert, denn es sind ganz viele verschiedene Menschen: Junge, Alte, Große, Kleine, Familien, Künstler, Musiker, Senioren, Studenten und Nachbarn. Gut 80 stehen auf der Straße und haben sich mithilfe von Absperrband zu einem riesigen Netz geknotet. Margit Reuter, Kopf der Bürgerinitiative „Pro Dete“, wandert mit ihrem Mikrofon durch die Menge und fasst mit überschwänglichen Gesten das zusammen, was die eingewickelten Bürger mit ihrer Zusammenkunft zu verdeutlichen versuchen. „Wir brauchen die Dete, weil sie die Neustadt verbindet, und das zeigen wir heute.“
Und so wird spontan jeder in die Aktion „Knotenpunkt“ mit eingespannt, der die Lahnstraße durchqueren will. Stolz verkündet Reuter, eine der rund 20 Pro Dete-Aktivisten, dass fast 2000 Unterschriften zusammengekommen sind. Nur ändern werden diese höchstwahrscheinlich nichts an der Tatsache, das die Einrichtung zum 31. Juli schließen und dem Bau eines Mehrfamilienhauses weichen muss. Gespräche mit dem Eigentümer Bremermann über eine Verlängerung des Kurzzeitmietvertrages verliefen bislang im Sand.
Mittlerweile geht es jedoch nicht mehr nur um die Frage, ob die Dete bestehen bleibt, sondern vor allem, wo. Die klare Forderung der Bürgerinitiative: „Wir wollen und wir brauchen Unterstützung durch die Politik und den Beirat. Es muss doch möglich sein, der Dete den Umzug in eines der öffentlichen Gebäude zu ermöglichen.“ Denkbar sei zum Beispiel ein leer stehendes Gebäude an der Recyclingstation am Hohentorsplatz, das abgerissen werden soll, oder ein Standort in der Langemarckstraße. Man sei in jedem Fall offen für alternative Objekte, dankbar für jeden Tipp. Nur in der Neustadt solle sie bleiben, „ihre“ Dete.
Wichtiges Projekt
Unterstützung erhielt die Aktion zudem von Susanne Wendland, sozialpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. „Es ist ein wahnsinnig wichtiges Projekt für die Neustadt, und es ist ärgerlich, dass Bauhaie solch kreative und einzigartige Konzepte gezielt aus dem Stadtteil drängen“, so Wendland. Dabei ließen sich mit dem Fortbestehen der Dete sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. „Die Nachfrage nach einem eigenen Bürgerhaus in der Neustadt ist seit Jahren konstant groß. Die Dete könnte diesen Anspruch in einer neuartigen Form erfüllen“, so Wendland. Auch die Enttäuschung der Anwohner über das nahende Aus ist groß.
„Schade, dass der Hauseigentümer in seiner Meinung so gefestigt ist“, sagt Thomas Knogge. Für den Anwohner der Wiesbadener Straße sei die Dete nicht nur „irgendein Café“, sondern ein „Austauschpunkt, der seinen Gästen immer wieder neue Impulse gebe.“ Ob als Atelier, Konzertsaal, als Verkaufsraum für Handwerkskunst oder als zwangloses Ambiente mit Wohnzimmercharakter: Die Dete hat sich dank ihrer Vielseitigkeit innerhalb weniger Monate zu einer zweiten Heimat entwickelt, nicht nur für die Neustädter. Auch Martina Wübbelmann kommt regelmäßig und gerne hierher. „Warum die Dete bleiben muss? Dafür gibt es so viele Gründe“, so die Nachbarin aus der Bachstraße. Zwei leere Rollen Absperrband und Menschen, die den Sonnabendnachmittag darin eingewickelt verbringen, ja gar fröhlich eine Dreiviertelstunde darin ausharren, während am Himmel monströse Regenwolken aufziehen, könnte einer sein.
Grüne erkundigen sich nach Dete-Schließung
Seit das Kultureinrichtungshaus Dete in der Lahnstraße im Oktober 2013 eröffnet hat, ist es zu einem beliebten Treffpunkt nicht nur für Neustädter geworden. Nun soll die Zwischennutzung eines früheren Möbelhauses zum 31. Juli beendet werden. Wie berichtet, hat sich inzwischen die Bürgerinitiative „Pro Dete“ gegründet, die dafür kämpfen will, dass es weitergeht. Die Bürgerschaftsfraktion der Grünen hat nun für die nächste Sitzung der Stadtbürgerschaft am 15. Juli Fragen zu den Hintergründen der Dete-Schließung eingereicht. So möchte sie vom Senat wissen, ob für das entsprechende Grundstück Bauanträge oder ein Abrissantrag vorliegen. Außerdem fragen die Grünen an, ob dem Senat die genauen Gründe für die Beendigung der Zwischennutzung des Gebäudes für junge Kreative bekannt sind. Und sie erkundigen sich, wie lange aus Sicht des Senats eine Zwischennutzung des Gebäudes für junge Kreative geduldet werden könnte.