Eine Findorffer Grundschulaufführung als professionelle Großveranstaltung inszenieren: Diese überambitionierte Idee entstand vor genau einem Jahr bei einem Grillabend. In der vergangenen Woche konnten mehr als 2000 Zuschauer staunen, was daraus geworden ist. Die Veranstalter hatten nicht zu viel versprochen. Möglich war das nur, weil die Grundschule an der Augsburger Straße den ganzen Stadtteil engagiert hatte. Genau so war es auch geplant.
Wer in der vergangenen Woche der Grundschule an der Augsburger Straße einen Besuch abstattete, der konnte wirklich etwas erleben: Auf dem Schulhof eine zehn Meter hohe Bühnenkonstruktion, wie sie sonst nur bei großen Konzerten zum Einsatz kommt. Davor eine imposante Kulisse von Hunderten von gespannten Zuschauern. Drumherum Pavillons, in denen Getränke, Essen, Programmhefte und „Merchandising“ feilgeboten wurden. Das Wichtigste spielte sich natürlich auf den 220 Quadratmetern Bühnenfläche ab: Dort präsentierten die Kinder der Schule das Theaterstück „Wenn Kubaki kommt“ und wurden dabei verstärkt von 65 Musikerinnen und Musikern der Bremer Philharmoniker und des Jugendsinfonieorchesters unter der Leitung von Felix Bender.
Nicht zu viel versprochen
Pünktlich zur Premiere entschied sich die Junisonne, ihren Teil zu den „Special Effects“ beizutragen. Und wie bei Open-Air-Events üblich, sah man auch Nachbarn, die sich in ihren Vorgärten bei einem Gläschen Wein am Rande des Geschehens mitfreuten. Die Veranstalter hatten nicht zu viel versprochen: So etwas hatte es im Stadtteil vorher noch nicht gegeben. Auf das Publikum der komplett ausverkauften beiden Vorstellungen machte das Ereignis sichtlich Eindruck. So sah man während der Premiere am Mittwoch das eine oder andere Taschentuch verstohlen Tränchen der Rührung aus den Augenwinkeln tupfen, es gab immer wieder Szenenapplaus und zum Schluss, als alle Bühnenakteure, das gesamte Orchester und die ganze große Crew hinter den Kulissen auf der Bühne standen, gab es minutenlange „Standing Ovations“.
Dass das Theaterstück gut ankommt, war Regisseur Alexander Hauer schon vorher klar: Er hatte das hierzulande wenig bekannte Bilderbuch des Schweizer Autors H.U. Steger zigmal den eigenen beiden Kindern vorlesen müssen. Als Theatermacher hatte der Findorffer das Potenzial der fast 40 Jahre alten Vorlage erkannt. Die „fantastische Reise“ der beiden Kinder Nick und Anni mit dem Holzpferd Kubaki lieferte reichlich Stoff für ausdrucksvolle Szenerien: Die Parade der Tiere und die Zirkusnummer waren besonders schöne Beispiele.
„War das niedlich!“, schwärmte hinterher eine Zuschauerin. „Vor allem die kleinen Patzer!“ Mindestens 2000 Menschen aller Generationen waren für die drei Aufführungen auf den Schulhof gekommen, schätzte Corinna Bruggaier, die das Großprojekt gemeinsam mit Alexander Hauer ausgeheckt hatte.
Die beiden Findorffer haben selbst Kinder, die die Grundschule an der Augsburger Straße besuchen, und mit ihrem Kulturunternehmen „Opus Einhundert“ jahrelange Erfahrung mit künstlerischen Mammutveranstaltungen. Das war auch Gesprächsthema auf dem schulischen Grillabend im vergangenen Juni, an dem die Idee entstand, in Findorff ein Projekt zu entwickeln, das nicht nur alle Kinder und das Kollegium der Schule einband, sondern gleich auch den gesamten Stadtteil. Sofort mit dabei waren die Bremer Philharmoniker, die ihr Hauptquartier an der Plantage haben. Und auch sonst war das Projekt echte Beziehungsarbeit, berichten die Organisatoren. Mit ins Boot geholt wurde alles, was Findorff an Talenten zu bieten hat: Kostümbildnerinnen und Designerinnen, Grafiker und Mediengestalter. Nicht lange überzeugt werden musste der Geschäftsführer der Bühnentechnikfirma Avilux – es traf sich gut, dass er seine Karriere als Schulanfänger an der Augsburger Straße begonnen hatte. Ein Vater aus der Nachbarschaft ist am Theater Bremen beschäftigt und ließ die Kontakte spielen: Die Kollegen vom Ostertorsteinweg kamen mit Containerladungen voller Requisiten aus dem Fundus. Die Messe Bremen lieh kostenlos die Bauzäune, die Stühle stammten von den Waller Nachbarn aus dem BLG Forum, erzählt Corinna Bruggaier. „Nicht zu vergessen die vielen Mütter und Väter, die beim Auf- und Abbau und in den Gastro-Pavillons anpackten, und die Findorffer Geschäftsleute, die kräftig Werbung machten.“ Andere halfen finanziell: Der Beirat über Globalmittel, Findorffer Banken über Stiftungsgelder, eine Verdener Keks-Fabrikantin spendete eine fünfstellige Summe, und viele Mäzene aus dem Stadtteil ließen das Budget auf 60 000 Euro anwachsen. Die rund 300 Kinder der Grundschule dürfen stolz sein: Sie haben etwas richtig Großes geschafft.