Radfahren im Alter ist gar nicht so schwierig. Jedenfalls nicht, wenn das passende Fahrzeug zur Verfügung steht. Bei einer Schnuppertour im Bürgerpark testeten Senioren neben einem Elektro-Dreirad auch Parallel- und Stufen-Tandems und waren überrascht von der Vielfalt der Angebote.
Bahnhofsvorstadt·Bürgerpark. Wer gerne Fahrrad fährt, muss im Alter nicht darauf verzichten. Das findet jedenfalls der Schwachhauser Christian Weiss, der in der DKV-Residenz am Wandrahm arbeitet und unter anderem dort das kulturelle Programm zusammenstellt. Gemeinsam mit dem Fotografen und erfahrenen Tourenradler Sebastian Burger und einem Neustädter Fachgeschäft organisierte er unter dem Motto "Gemeinsam mobil" einen Ausflug in den Bürgerpark, der Lust auf mehr machen sollte.
Etwa 25 Seniorinnen und Senioren sind zur Testfahrt gestartet. Gudrun Bakenhus schnappte sich ein Elektro-Dreirad aus dem ungewöhnlichen Fuhrpark und steuerte es nach einer kurzen Einweisung souverän durch den kleinen am Emmasee aufgebauten Parcours. Auf ihrem eigenen Fahrrad sei sie zuletzt im Herbst 2012 unterwegs gewesen, berichtete die sportlich wirkende 80-Jährige. Dass sie sich auf ihrem Rad nicht mehr so sicher fühle, liege nicht nur daran, dass sie mitunter Probleme mit dem Gleichgewicht habe: "Ich bin erst im vergangenen Jahr aus dem Umland nach Bremen gezogen. Und in der Stadt Fahrrad zu fahren, traue ich mich nicht so richtig."
Wer ungern solo unterwegs ist, hatte die Wahl zwischen ungewöhnlichen Tandem-Varianten. Wie ein Tretboot auf Rädern kommt das Paralleltandem "Fun to Go" daher, bei dem die beiden Passagiere nebeneinander sitzen. Martin Kiefert testete gemeinsam mit Sebastian Burger ein Stufen-Tandem, bei dem der Vordermann eine Position wie auf einem Liegefahrrad einnimmt. "Bestens, wie in einem Mercedes" habe er sich gefühlt, scherzte der 92-jährige Martin Kiefert, dessen Familienname Bratwurstfans bekannt sein dürfte. "Die Co-Piloten können mittreten, müssen es aber nicht", erklärte Christian Weiss das Prinzip der modernen therapeutischen Tandems. Er nahm einen weiteren Vorteil wahr: "Das Radeln zu zweit ist sehr kommunikativ, man kann sich dabei ganz entspannt unterhalten. Und auf der Strecke hatten wir viele interessierte Zuschauer, mit denen wir ins Gespräch kamen."
Nicht alle, die sich zur Schnuppertour angemeldet hatten, wohnen an der Contrescarpe. Aber besonders bei den Bewohnern kam die Aktion gut an. "Sie sind richtig aufgeblüht", schwärmte Christian Weiss nach der Rückkehr. Schon im August soll wieder eine Gruppe im Bürgerpark auf Testfahrt gehen. Auf längere Sicht kann sich Christian Weiss aber auch vorstellen, dass solche Touren ein regelmäßiger Termin werden könnten.
"Wir sind immer auf der Suche nach interessanten Angeboten für unsere Bewohner, und das hier ist eine tolle Geschichte, weil sie verloren geglaubte Mobilität zurückbringt", sagt der DKV-Mitarbeiter, der im Haus Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Theater-, Filmabende und einiges mehr organisiert – für die Bewohnerinnen und Bewohner und für die Öffentlichkeit. Martin Kiefert ist bei solchen Gelegenheiten gerne dabei. Auch als Testfahrer ist wohl wieder mit ihm zu rechnen. Nach seiner ersten Runde auf dem Rad hatte er nämlich noch lange nicht genug. Beifahrer Burger reagierte: "Los geht’s, noch mal!"
Mehr über therapeutische Räder auf www.theramobile.de, mehr über Veranstaltungen in der DKV-Residenz unter 32290.