Ein Alle-Mann-Manöver soll das „Schulschiff Deutschland“ vor dem Untergang bewahren. 300.000 Euro muss der Schulschiff-Verein aufbringen, um Korrosionsschäden an der Bordwand renovieren lassen zu können. Dafür will er die Außenhaut des alten Rahseglers stückweise an die Nordbremer Bürger verkaufen – zumindest symbolisch. Am Freitag soll die Aktion offiziell bekannt gegeben werden.
Ein Antrag auf Beiratsmittel hat Vegesacks Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt kürzlich stutzen lassen. Der Schulschiff-Verein bittet darin um Unterstützung. Nicht weniger als 300.000 Euro braucht der Verein, um das „Schulschiff Deutschland“, schwimmendes Denkmal in der Lesummündung, renovieren zu lassen.
In Vegesack wird der Antrag auf Vergabe von Beiratsmitteln am 8. Mai im Beirat verhandelt. Dass das Gremium dem Antrag so stattgibt, schließt Dornstedt aus. „Das ist ein Betrag in astronomischer Höhe, jenseits jeder Realität“, meint Ortsamtschef Heiko Dornstedt. Der Beirat habe schließlich nur 60.000 Euro pro Jahr zu vergeben. Der Ortsamtsleiter empfiehlt dem Verein deshalb, noch andernorts Gelder einzusammeln. „Das Schulschiff ist ein Denkmal, es gibt Unterstützung aus Berlin und vom Senat und man muss weiter sehen, dass man einen Tausender zum nächsten packt.“
Genau das hat der Schulschiff-Verein vor. Der Vorsitzende Claus Jäger hat sich auch an die Beiräte Blumenthal und Burglesum gewandt. Der Verein ist seit Längerem dabei, verschiedene Geldhähne anzuzapfen. Seit Ende 2012 ist durch ein Gutachten belegt, dass das letzte deutsche Vollschiff spätestens 2015 während eines Werftaufenthalts überholt werden muss. Die Gesamtkosten für die Instandsetzung liegen weit über 300.000 Euro. Der Schulschiff-Verein bezifferte sie bisher mit 1,5 Millionen Euro, heute ist von einer Million die Rede. 300.000 Euro sind nach den Worten des Vereinsvorsitzenden Claus Jäger die Deckungslücke, die der Verein jetzt aufbringen muss, um die Außenhaut reparieren zu können. 400.000 Euro bekäme der Verein vom Bund, 200.000 Euro vom Bremer Senator für Wirtschaft und 100.000 Euro von der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz, rechnet der frühere Wirtschaftssenator vor. Hat der Verein einen Teil der Gesamtkosten zusammen, kann er zusätzlich europäische Fördermittel beantragen.
Reparaturbedürftig ist vor allem der Rumpf des alten Rahseglers, der 1927 in Geestemünde vom Stapel gelaufenen war. „Die Bordwand hat Korrosionsschäden“, sagt Jäger. Dieses Problem soll mit einer Manschette behoben werden. Die Stahl-Platten werden quasi aufgedoppelt. Die marode Außenhaut ist Jäger zufolge die dringendste Reparatur. Daneben müssten Masten und Rahen (Rundstangen, die quer zur Fahrtrichtung am Mast angebracht sind) erneuert werden. „Es wäre sinnvoll, das gleich mitzumachen, wenn das Schiff ins Dock geht“, so der Vereinschef.
Einen Werft-Termin hat der Schulschiff-Verein Jäger zufolge bereits für diesen Herbst mit der Bredo Werft in Bremerhaven ausgemacht. Ursprünglich hatte der Verein noch gehofft, die Schlepperkosten in die Seestadt in Höhe von 40.000 Euro sparen zu können. Doch ein zunächst angekündigtes Gegenangebot einer regionalen Werft blieb aus.
Nun hofft der Verein auf die Unterstützung der Nordbremer: „Wir versuchen, daraus eine Gemeinschaftsaktion zu machen“, sagt Claus Jäger auf Anfrage. Neben den Anträgen auf Beiratsmittel hat sich der Verein eine weitere Idee einfallen lassen, um an Geld zu kommen: Er will Stahlplaketten verkaufen – eine Aktion mit Symbolcharakter. „Wir lassen Plaketten fertigen, die die Bordwand symbolisieren“, bestätigt Claus Jäger. Diese Plaketten sollen während einer Pressekonferenz am Freitag vorgestellt und anschließend zu Stückpreisen von 50 und 100 Euro an den Mann und die Frau gebracht werden. Jäger: „Auch Normalbürger sollen sich die Plaketten leisten können. Wir machen das nach dem Konzept eines Alle-Mann-Manövers.“ Er hofft auf breite Resonanz.
Alle-Mann-Manöver sind am maritimen Standort Vegesack nicht unbekannt. Das Gustav-Heinemann-Bürgerhaus versucht derzeit, Nordbremer zu mobilisieren, um die Mittel für fehlende Stühle für den großen Saal des Hauses zusammen zu bekommen. Bisher sind binnen mehrerer Monate etwa die Hälfte der fehlenden Sitzgelegenheiten mithilfe von Spendenwilligen zusammengekommen.