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Umweltbehörde lehnt Pfandringe ab Kisten für Flaschensammler

Bremen. Wenn Flaschensammler in Mülleimer greifen, kommt das anderen oft würdelos vor. Abhilfe könnten sogenannte Pfandringe schaffen, in die man leere Flaschen hineinstellt. Doch die Umweltbehörde lehnt sie ab.
24.05.2014, 00:00 Uhr
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Kisten für Flaschensammler
Von Jörn Seidel

Wenn Flaschensammler in Mülleimer greifen, kommt das anderen oft würdelos vor. Abhilfe könnten sogenannte Pfandringe schaffen, in die man leere Flaschen hineinstellt. Doch die Umweltbehörde lehnt sie ab.

Eine Alternative: Pfandkisten. Kürzlich veröffentlichte diese Zeitung auf Facebook das Bild einer solchen Kiste am Bahnhof. Mehr als 7000 Nutzer klickten „gefällt mir“. Aber gefällt es auch den Sammlern?

Peter Busse schlurft durch sein Revier. Zwischen Bahnhof und Weserdeich sucht der 65-Jährige nach Pfandflaschen. „Täglich, außer sonntags“, sagt der Mann aus Huchting. Eigentlich ist er Kunstmaler, doch seit einem schweren Autounfall vertragen seine Beine das lange Sitzen nicht mehr. Busse bekommt Grundsicherung, weil seine Rente zum Leben nicht reicht. Das Flaschensammeln ist ein kleines Zubrot – und der Griff in die Mülltonne ein notwendiges Übel.

Weil immer wieder Pfandflaschen weggeworfen werden, langen Sammler wie Peter Busse in die dunkle Tonne. „Man weiß nie, was für ein Matsch da drin ist“, sagt er. Essensreste und Glassplitter seien noch das Harmloseste. Nun tauchen seit einigen Wochen am Bahnhof und anderswo Pfandkisten auf. Sie hängen an Laternenmasten und laden dazu ein, leere Flaschen darin abzustellen, statt sie wegzuschmeißen.

Dahinter stecken die Hamburger Initiative „Pfand gehört daneben“ und der Getränkehersteller Lemonaid. „Wir möchten die Menschen dadurch vor allem für das Thema Armut im Alltag sensibilisieren“, sagt Lemonaid-Geschäftsführer Jakob Berndt. Die Getränkeboxen, aus denen man die „Pfandkiste“ selbst basteln kann, stelle er kostenlos zur Verfügung, so Berndt.

Grundsätzlich hat die Umweltbehörde dagegen keine Einwände. „Wir wollen das im Einzelfall erst mal beobachten“, sagt Silke Küker von der Leitstelle „Saubere Stadt“. Die Kisten dürften aber niemanden gefährden und weder Blinde noch den Publikumsverkehr an Haltestellen stören. Jakob Berndt sieht in diesen Auflagen kein Problem: Wenn sich die Kisten mancherorts als unpraktisch erweisen sollten, könnten sie einfach abgehängt werden, sagt er.

Vor Kurzem diskutierte die Umweltbehörde eine weniger störende Idee. Wie in Bamberg zurzeit getestet wird, könnten öffentliche Mülleimer mit Pfandringen versehen werden. Sie bieten direkt an der Tonne eine stabile Abstellmöglichkeit für Flaschen. „In Bamberg sind derzeit zwei Pfandringe im Einsatz“, sagt Küker. Erfahrungswerte, ob und von wem sie genutzt werden, gebe es jedoch noch nicht.

In der Weserstadt Hameln wurde die stadtweite Einführung von Pfandringen bereits im Umweltausschuss beschlossen. Die Parteien folgten dabei einem Antrag von Linken und Piraten, in dem es heißt, solche Ringe sollten Sammlern „das würdelose Durchsuchen von Mülleimern“ ersparen. Die Bremer Umweltbehörde hat sich indes dagegen entschieden. „In nächster Zeit werden wir definitiv keine Pfandringe einführen“, sagt Silke Küker. „Aus Kostengründen wollen wir das lieber erst einmal beobachten.“ Entscheidend sei, wer von der Idee profitiert. „Wenn sich jeder leicht bedienen kann, kommt womöglich nur noch ein Bruchteil bei den Bedürftigen an.“

So sieht es auch ein Flaschensammler aus Hemelingen, der nicht mit Namen genannt werden möchte. „Man soll sich ja ’n büschen Arbeit machen“, findet der 65-jährige ehemalige Vulkan-Mitarbeiter, der ebenfalls auf Grundsicherung angewiesen ist. „Sonst kommen am Ende noch manche im Auto vorgefahren, die mit den Pfandflaschen professionell Geschäfte machen.“

Der Griff in die Mülltonne gehöre für ihn dazu, sagt er. Allerdings nehme er nur die obersten Flaschen und verzichte auf das Wühlen. „Ich will mir ja nicht die Pfoten aufreißen.“

Peter Busse dagegen gefällt die Idee der Pfandkisten und -ringe: „Mir ist es lieb, wenn die Leute ihre Flaschen danebenstellen.“ Häufig werde das schon gemacht. Den Einwand, dass es dann mehr Sammler geben könnte, hält er für berechtigt. „Die Konkurrenz ist schon jetzt ziemlich groß.“ So oder so will Busse weiter in die Mülleimer schauen. Denn manchmal, sagt er, finde er auch Schmuck und Handys darin.

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